Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KARL
(getauft
am 05.11.2017)
Bereits am 01.11. kam es durch die
Abschnürung eines Höhentroges zur Ausbildung eines eigenständigen Bodentiefs,
welches sich zunächst über dem Ostatlantik vor der Küste Westeuropas etablierte.
Entlang der Luftmassengrenze, die vom
Islandtief INGOLF südwärts gehend die subtropische Meeresluft in Küstennähe von
kühlerer Meeresluft über dem offenen Ostatlantik trennte, verlagerte sich das
Tief zum 02.11. leicht südwärts, wobei es zu einer beginnenden Vertiefung des
Kerndrucks auf vorerst 1010 hPa kam.
Am 03.11. befand sich der Kern mit
1009 hPa vor Portugal, wobei die zugehörige Kaltfront die Iberische Halbinsel
erreichte und dort für teils starke Regenfälle sorgte. Bis zum Morgen des 04.11.
fielen dabei innerhalb von 24 Stunden in Moron de la Frontera 56,5 mm und in
Cadiz sogar 69,2 mm, Sevilla meldete noch 22,2 mm. Auch in Portugal gab es
größere Regenmengen von fast 20 mm. Hierhin hatte sich inzwischen auch der Kern
des Tiefs verlagert und die Kaltfront erreichte die Pyrenäen, Ostspanien und
das Atlasgebirge Marokkos.
Aufgrund seiner ausgeprägten
Wetterwirksamkeit, wurde das bisher namenlose Tief nun auf den Namen KARL
getauft. Das zugehörige Höhentief, welches in der Höhenwetterkarte für 500 hPa
bisher gut zu erkennen war, vereinte sich am 05.11. wieder mit dem Höhentrog.
Mit seiner folgenden Ostverlagerung driftete das korrespondierende Bodentief
KARL weiter zur französischen Mittelmeerküste. Vom Kern aus erstreckte sich
eine Okklusion in einem Bogen entlang der Westküste Sardiniens bis nach
Zentralalgerien. Eine Okklusion bezeichnet eine Mischfront, bei welcher die
schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront eingeholt und vom Boden
angehoben hat. Dadurch vereint die Okklusion Eigenschaften beider Frontentypen.
Der Durchzug der Okklusion brachte am 05.11. einige Gewitter auf Sardinien mit
sich, so beispielsweise in Alghero oder auch in Decimomannu.
Bis zum Folgetag verlagerte sich das
Tief KARL bis über die Po-Ebene Norditaliens. An diesem Tag hatte KARL mit
einem Druckminimum von 1005 hPa auch seine stärkste Ausprägung erreicht. Die
Okklusion erstreckte sich vom Kern in Richtung Nordwesten über die Alpen und
ging bei Wien in die Kaltfront des Tief JÜRGEN über. Zudem hatte sich eine Kaltfront
ausgebildet, welche in bogenförmig über Rom und Marsala auf Korsika bis nach
Tunis verlief. Durch die Lage des Tief KARL kam es im Stau der Südalpen zu
Niederschlagsmengen von verbreitet über 50 mm, in Stabio im schweizerischen
Tessin fielen sogar 92 mm. Zudem wurde auf der Rückseite des Tiefs die von
Norden nachströmende Kaltluft im französischen Rhonetal kanalisiert, was an der
Mittelmeerküste Frankreichs zum Windphänomen „Mistral“ führte, welcher hier am
Nachmittag für Windböen bis 100 km/h, das entspricht Stärke 10 auf der
Beaufort-Skala, sorgte. Am Leuchtturm Cap Béar wurden am Vormittag des 7.11. sogar
Orkanböen von 159 km/h gemessen, in der Folgenacht nochmals 144 km/h, jeweils
Stärke 12. Hohe Niederschläge und stürmischen Wind gab es im Zusammenspiel mit
starken Gewittern am 06.11. auch über Korsika und Sardinien.
Das Tief KARL blieb eine Weile über
Italien hängen, verwirbelte sich dort und splittete sich am 07.11.
vorübergehend in zwei Kerne auf, wobei der eine sich über Korsika befand, der
andere über der Adria. Die Okklusion zog sich dabei um den nahe Korsika
befindlichen Kern herum bis zum zweiten Kern, wo sie sich in eine Kalt- und
Warmfront aufspaltete. Erstere erstreckte sich entlang der italienischen
Adriaküste über Kalabrien, der Südspitze Siziliens über Malta bis vor die
tunesische Küste. Die Warmfront verlief Richtung Osten über die Adria bis nach
Belgrad. Nun kam es auch in Kroatien und Slowenien zu Sturmböen und kräftigen
Niederschlägen. Innerhalb 24 Stunden fielen häufig über 50 mm, in Sibenik kamen
76 mm und in Split ganze 83 mm zusammen.
In den Folgetagen schwächte sich das
Tief KARL allmählich ab, wobei es am 08.11. am Boden über der Adria nur noch
einen Kerndruck von 1012 hPa aufwies, in der Höhe aber immer noch intensiv ausgeprägt
war, so dass es vor allem im Stau des Dinarischen Gebirges weiterhin zu hohen
Niederschlagsmengen und teils heftigen Gewittern kam. An der Station Mostar
fielen innerhalb 24 Stunden 77 mm, in Ivan Sedlo immerhin noch 55 mm. Die
höchste Niederschlagsmenge wurde allerdings auf Korfu gemessen, hier kamen im
gleichen Zeitraum 196 mm zusammen.
Zum 09.11. teilte sich das weiter
abschwächende Bodentief in zwei Zentren auf, wovon das eine weiterhin über
Italien verweilte und das andere mit dem Namen KARL zur Ägäis zog. Einen Tag
später gliederte es sich schließlich einem schwachen Tief über dem östlichen
Mittelmeer an und verlor seine Eigenständigkeit. Das abgespaltene westliche
Teiltief überdauerte im Bereich des italienischen Mittelmeeres noch bis zum 11.11.
Geschrieben
von Richard Löwenherz
Wetterkarte:
06.11.2017
Pate:
Patricia Hinsen-Rind