Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KATJA
(getauft
am 21.10.2020)
Aus der Prognosekarte der
Berliner Wetterkarte vom 21.10.2020 für den 22.10.2020 12 UTC, also 13 Uhr MEZ,
ging hervor, dass das über Neufundland liegende Tiefdruckgebiet das
Wettergeschehen Europas in den kommenden Tagen durch dessen Verlagerung mit der
Westwinddrift beeinflussen würde. Aus diesem Grund entschieden sich die
Meteorologen der Berliner Wetterkarte dieses Tief noch am 21.10.2020 in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen KATJA zu taufen. Die Zyklone entstand
an der Vorderseite eines sich in der mittleren Troposphäre befindlichen
Höhentrogs, dies ist ein Kaltluftstoß nach Süden. Dies ist typisch für die
Bildung von Tiefdruckgebieten, da es entlang der Trogvorderseite
in der Höhe oft zur Divergenz, also dem Außereinanderströmen
von Luftmassen kommt, wodurch sich die Luftmassen in Bodennähe heben und somit
ein Tiefdruckgebiet entsteht.
Bis zum 22.10.2020
verlagerte sich der Tiefdruckwirbel nach Osten und positionierte sich um 01 Uhr
MEZ mit einem Kerndruck von circa 985 hPa über dem Atlantik südwestlich von
Island. Das Tief befand sich bereits im Okklusionsstadium, das heißt die
Warmfront des Tiefs wurde von der Kaltfront eingeholt, wodurch eine Mischfront
entstand. Diese sogenannte Okklusionsfront bringt als Folge der Hebung der
Warmluft oft Regenschauer und Gewitter mit sich. Die Okklusionsfront der
Zyklone KATJA verlief vom Kern aus südöstlich bis zum Okklusionspunkt, also dem
Punkt an dem Kalt- und Warmfront aufeinandertreffen. Von dort aus erstreckte
sich die Warmfront in südlicher Richtung über den Atlantik, die Kaltfront
verlief südwestlich und ging östlich von Neufundland in die Warmfront des über
Maine liegenden Tiefdruckgebiets LUCY über. Als Folge des hohen Luftdruckgradienten
in Nähe des Tiefdruckwirbels KATJA, war vor allem die Südseite Islands in den
Nachmittagsstunden von einer starken Südostströmung betroffen, dessen Böen
teils Stufe 12 auf der Beaufortskala, also Orkanstärke, erreichten. Höchstwerte
gab es in Hvammur, dort wurden um 23 Uhr MEZ
Geschwindigkeiten von bis zu 156 km/h gemessen. Des Weiteren waren die
südlichen Regionen teilweise von lang anhaltendem
Regen betroffen, die höchsten 12-stündigen Niederschlagsmengen wurden in Laufbali gemessen. An diesem Ort fielen bis 19 Uhr MEZ 27
mm.
Am nächsten Tag, dem
23.10.2020 um 01 Uhr MEZ, hatte das Tiefdruckgebilde KATJA einen weiteren Kern ausgebildet.
Östlich von Südgrönland befand sich der mit KATJA I bezeichnete erste Kern des
Tiefs und besaß einen Bodenluftdruck von rund 980 hPa. Von ihm aus verlief die
Okklusionsfront weiter nach Osten durch den zweiten, sich südwestlich von
Island befindlichen Kern KATJA II, welcher mit einem Kerndruck von knapp 975
hPa das Zentrum des Systems bildete. Die Okklusionsfront erstreckte sich weiter
nach Südosten bis zum Okklusionspunkt über Irland, von wo aus sowohl Warm- als
auch Kaltfront in südwestliche Richtungen in den Atlantischen Ozean mündeten.
Island war weiterhin von Dauerregen betroffen, in Lónakvísl
im Süden der Insel wurden bis 19 Uhr MEZ 12-stündig etwas über 43 mm gemessen,
im Osten Islands wurden an der Wetterstation Neskaupstaður im selben Zeitraum 35 mm aufgezeichnet. Der
Wind erreichte vor allem in Küstenregionen vermehrt Orkanstärke. Spitzengeschwindigkeiten
von 144 km/h wurden beispielsweise auf dem Vulkanberg Skálafell um 08 Uhr MEZ
erreicht. Auch auf den Britischen Inseln bekam man am Morgen den Einfluss der
Zyklone zu spüren, auf dem schottischen Berg Aonach
Mor gab es immerhin Sturmböen mit Geschwindigkeiten bis 94 km/h. Der
Frontendurchlauf sorgte außerdem für großflächigen Regen über Irland und weiten
Teilen Großbritanniens, in Belmullet fielen bis 07
Uhr MEZ 12-stündige Summen von 15 mm.
Das Tief LUCY, dass zu
Beginn des Tages bei einem Kerndruck von knapp 1000 hPa noch recht schwach
ausgeprägt war und sich südwestlich des Tiefdruckkomplexes KATJA befand, zog im
Tagesverlauf unter enormer Verstärkung in östliche Richtungen an KATJA vorbei
und besaß bis zum 24.10.2020 um 01 Uhr MEZ einen Bodendruck von unter 960 hPa.
Die Tiefdruckzentren des Druckgebildes KATJA wurden in die Zirkulation von Tief
LUCY eingeschlossen und bildeten nur noch lokale Luftdruckminima. Der Kern
KATJA I befand sich westlich der sich nordwestlich von Irland befindlichen
Zyklone LUCY und hatte einen Kerndruck von fast 975 hPa. Die Okklusionsfront
verlief von dort aus im Bogen zunächst nordwestlich, schließlich nordöstlich
über den Nordatlantik bis zum Tiefdruckzentrum KATJA II, welches sich mit einem
Luftdruck von rund 980 hPa westlich der isländischen Küste befand. Von dort aus
erstreckte sich die Front weiter nach Osten bis zum Okklusionspunkt westlich
der norwegischen Stadt Bergen. Hier verlief die Kaltfront in südlich bis
südwestliche Richtungen über Belgien und dem Nordwesten Frankreichs. Die
Warmfront erstreckte sich bis zur Ostsee und ging dort in die Kaltfront des
Tiefdruckkomplexes JADRANKA I und II über. In Island wurden weiterhin vermehrt
Windböen der Stärke 12 gemessen, in Steinar wurden um 09 Uhr MEZ Spitzenböen
mit Geschwindigkeiten bis zu 137 km/h gemeldet. Die Okklusionsfront brachte auf
weiten Teilen der Insel Regen mit sich. In Seyðisfjörður gab es bis 19 Uhr MEZ 12-stündige
Niederschlagsmengen von 56 mm. Außerhalb Islands hatte Tief KATJA allerdings kaum
noch Einfluss auf das Wettergeschehen Europas. In Deutschland sorgten lediglich
Frontenreste im Nordwesten für weniger Sonnenschein und geringe Niederschlagssummen.
Bis zum Folgetag um 01
Uhr MEZ wurden die beiden lokalen Tiefdruckminima von KATJA komplett von dem
Frontensystem des Tiefs LUCY aufgenommen, welches
nachfolgend als steuerndes Tiefdruckgebiet Einfluss auf Europa nahm.