Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KATRIN

(getauft am 05.10.2014)

 

Am 05.10. war in der mittleren Troposphäre, was einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht, ein kräftiges Höhentief über Island und ein ebenso kräftiges Höhenhoch über Nordfinnland bestimmend. Dem Höhentief war im Bodenniveau ein namenloses Tiefdruckgebiet zugeordnet, an dessen langgezogener Kaltfront sich im Laufe des Tages über dem Nordatlantik ein neues Tiefdruckgebiet bildete. Dieses Tief wurde in der Prognose für den Folgetag auf den Namen KATRIN getauft.

Tief KATRIN verlagerte sich mit dem Zentrum bis um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, des 06.10. zur Nordwestküste Schottlands, wobei der Kerndruck innerhalb von 24 Stunden um etwa 30 hPa gefallen war und so ein Wert von knapp unter 980 hPa analysiert werden konnte. Das Frontensystem von Tief KATRIN bestand zu diesem Zeitpunkt überwiegend aus einer Okklusionsfront, die sich vom Zentrum bis nach Irland erstreckte. Die sich dort anschließende kurze Warmfront verlief weiter nach Süden bis zur Nordwestküste Spaniens, die Kaltfront in einem langgezogenen Bogen von Südwesten bis nach Westen vor den nördlichen Bereich der Azoren. Im Bereich des Zentrums von Tief KATRIN bildete sich ein Starkregengebiet aus, durch welches bis zum morgendlichen 06-UTC-Beobachtungstermin in Irland und den westlichen Teilen von Wales, Schottland und England verbreitet 20 bis 40 l/m² gemessen wurden, z.B. am Cork Airport in Irland 31 l/m², Ballypatrick in Nordirland 38 l/m² und in Johnstown Castle 43 l/m². Gleichzeitig traten Sturmböen auf, die im Küstenbereich auch orkanartige Geschwindigkeiten bis 58 Knoten bzw. etwa 107 km/h erreichten. In exponierten Lagen in Schottland wurden bis zu 95 Knoten bzw. 175 km/h verzeichnet.

Im Laufe des 06.10. verlagerte sich das Frontensystem von Tief KATRIN nur noch langsam nach Osten. Dabei fielen aber erneut verbreitet mehr als 20 l/m² innerhalb von 12 Stunden, in Schottland nochmals bis zu 33 l/m². Die nach Südosten vorankommende Mischfront aus Okklusions- und Kaltfront brachte auch in Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel kräftige Niederschläge in Form von Schauern und Gewittern, beispielsweise in Hyeres an der französischen Mittelmeerküste mit 75 l/m² innerhalb von 12 Stunden.

Das langgestreckte Regengebiet von Tief KATRIN erreichte den Westen Deutschlands in der Nacht zum 07.10. Dabei wurden in einem Streifen von Köln bis zum Saarland vereinzelt 10 bis 12 l/m² gemessen. In den anderen Regionen von der deutschen Nordseeküste bis zum Schwarzwald waren es meist um 5 l/m² Regen innerhalb von 12 Stunden. Im Bodenniveau bildete sich im östlichen Bereich des Höhentiefs ein Teiltief von Tief KATRIN, sodass an diesem Tag Teiltief KATRIN I mit einem Druck im Zentrum von etwa 976 hPa ca. 800 km südlich von Island über dem Nordatlantik und Teiltief KATRIN II mit einem Kerndruck von etwa 997 hPa über Großbritannien analysiert wurde. Durch das Zentrum von Tief KATRIN II zog sich von Island über Schottland, Frankreich und Nordspanien eine Okklusionsfront. Diese kam aber nur im Bereich zwischen Schottland und Frankreich nach Osten voran und erreichte bis zum Abend den Bodensee, verlagerte sich aber in der Nacht nur noch langsam nach Osten. Innerhalb von 24 Stunden fielen in Celle 13 l/m² und in Eppenrod 28 l/m². Am Nachmittag wurden an der deutschen Nordseeküste auf Borkum mit 56 Knoten Windstärke 11 und auf Helgoland und Sylt mit je 53 Knoten Windstärke 10 gemessen. Im Bereich der Luftmassengrenze an den Alpen fielen in Genf 69 l/m² innerhalb von 24 Stunden. In Feldkirch in Österreich wurde eine Höchsttemperatur von 25°C registriert.

Am 08.10. war über Nordwesteuropa weiterhin das kräftige Höhentief mit einem östlichen Ableger bestimmend. Dem großräumigen Komplex waren im Bodenniveau Tief KATRIN I im Westen und Tief KATRIN II im Osten zugeordnet. Tief KATRIN I befand sich mit dem Zentrum und einem leicht abgeschwächten Kerndruck von etwa 977 hPa über der Westküste Irlands, Tief KATRIN II mit einem verstärkten Kerndruck von etwa 987 hPa über der Nordsee. Das Frontensystem, welches die beiden Tiefdruckzentren fast vollständig umgab, brachte aufgrund der weiterhin großen Gegensätze von polarer und subtropischer Luftmassen erneut ergiebige Regenmengen. So fielen z.B. in Viseu im Norden Portugals 58 l/m², in Leon im zentralen Frankreich waren es 26 l/m² und in Lüchow 22 l/m². In Garmisch-Partenkirchen wurde durch Föhneinfluss ein Tagesmaximum von 24,1°C gemessen. Die folgende Nacht war besonders in der Nordhälfte Deutschlands sehr mild. Verbreitet wurden 13 bis 14°C nicht unterschritten, in Halle lag der Tiefstwert bei 16,5°C.

Am folgenden Tag bildete sich in der südlichen Frontalzone des Höhentiefs im Bodenniveau ein neues Randtief, welches den Namen Tief KATRIN III erhielt und sich bis zur Nordsee verlagert hatte. Während Tief KATRIN I fast stationär über Irland blieb, schob sich Tief KATRIN II nach Nordosten bis über das zentrale Schweden. Der Tiefdruckkomplex KATRIN bestimmte dadurch das Wettergeschehen von Nordspanien bis zum zentralen Skandinavien und von Irland bis nach Nordwestrussland. Die meist aus Okklusionen bestehenden Fronten erstreckten sich einmal von Irland über Finnland bis nach Westrussland, sowie vom Baltikum über Dänemark und Belgien bis nach Nordspanien. Die Luftmassengrenze zwischen polarer Meeresluft und Subtropikluft verlief durch Deutschland von Südwest nach Nordost. Damit wurde weiterhin warme Luft aus dem Mittelmeerraum in den Süden und Südosten geführt. München und Stuttgart registrierten jeweils 27°C als Tagesmaximum, in Cottbus waren es 25°C und am Bodensee sogar 28°C. Die höchste Regenmengen innerhalb von 12 Stunden fielen im Saarland mit bis zu 22 l/m². Hier wurden auch nur Tageshöchsttemperaturen um 16°C verzeichnet.

Am 10.10. befanden sich die Teiltiefs KATRIN I, II und III fast in einer Linie von Irland bis nach Ostfinnland, wobei Tief KATRIN III über der nördlichen Nordsee die Rolle des steuernden Tiefs übernahm und sich unter dem Zentrum des weiterhin kräftigen Höhentiefs positionierte. Die Druckverhältnisse in den Kernen der Teiltiefs KATRIN I und III unterschieden sich mit jeweils knapp 990 hPa kaum voneinander. Dagegen hatte sich Tief KATRIN II auf knapp 1003 hPa abgeschwächt. Die Front kam langsam nach Osten voran und verdrängte über Deutschland die subtropische Warmluft. Dadurch wurden in Stuttgart nur noch 18°C und in München 21°C gemessen. Die höchsten Regenmengen wurden vom nördlichen Schwarzwald bis zum Thüringer Wald gemessen, wo 10 bis 14 l/m² innerhalb von 24 Stunden fielen. Nördlich einer Linie Köln-Greifswald blieb es trocken. Zwei Niederschlagsschwerpunkte in den anderen beeinflussten Ländern waren Lyon mit 57 l/m² und Locarno mit 45 l/m² innerhalb von 24 Stunden.

Die Analyse zweier neuer Tiefdruckzentren im Bereich des weiterhin großräumigen, sich aber abschwächenden Komplexes KATRIN führte dazu, dass in der Bodenkarte am 11.10. fünf Teiltiefs analysiert werden konnten. Die weiterhin fast in einer Linie von Irland bis nach Westrussland positionierten Tiefs KATRIN I, III und II veränderten erneut kaum ihre Lage zum Vortag. Hier bildete sich über Finnland zwischen KATRIN III und II das neue Teiltief KATRIN IV mit einem allerdings vergleichsweise schwachen Kerndruck von etwa 1008 hPa. Teiltief KATRIN V bildete sich in der Südwestströmung über Ostfrankreich, aber ebenfalls mit einem schwachen Kerndruck von etwa 1014 hPa. Die Warmluft wurde mit der langsamen Ostverlagerung der Frontalzone ebenfalls nach Osten verdrängt. Mit Tageshöchsttemperaturen von 25,2°C bzw. 25,8°C wurde in Klagenfurt und Graz jeweils ein Sommertag verzeichnet, wofür die Tageshöchsttemperatur mindestens 25°C betragen muss. In Locarno fielen weitere 39 l/m² innerhalb von 24 Stunden, im polnischen Leba waren es 20 l/m².

Während am 12.10. die leicht abgeschwächten Tiefs KATRIN I und III mit jeweils knapp 1006 hPa und KATRIN IV mit 1015 hPa analysiert wurden, hatte sich Teiltief KATRIN II aufgelöst. Nur Tief KATRIN V mit Zentrum über der polnischen Ostseeküste verstärkte sich langsam weiter auf etwa 1011 hPa. Dabei verlief die Warmfront vom Zentrum aus bis nach Weißrussland, die kurze Kaltfront bis nach Tschechien. Beim Durchzug von Tief KATRIN V über das Baltikum fielen bei einer Höchsttemperatur von 12°C bis zu 16 l/m² innerhalb von 24 Stunden. Am folgenden Tag kamen in der lettischen Hauptstadt auf der Rückseite von Teiltief KATRIN V durch Regenschauer weitere 27 l/m² zusammen. Tief KATRIN I hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls aufgelöst. Die Teiltiefs KATRIN III mit Zentrum vor der norwegischen Westküste und KATRIN IV über dem Ural zogen weiter voneinander weg.

Am 14.10. erschienen die verbliebenen Teiltiefs KATRIN III und V letztmalig auf der Berliner Wetterkarte, wobei sich Tief KATRIN III vor der norwegischen Westküste auflöste und Tief KATRIN V über den Ural nach Westsibirien verlagerte. Der gesamte Tiefdruckkomplex KATRIN erreichte eine Lebensdauer von 10 Tagen.

 


Geschrieben am 18.12.2014 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 08.10.2014

Pate: Katrin Neubert