Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KAY
(getauft
am 08.11.2013)
Am 08.11.2013 entstand im Tagesverlauf an der
von Südspanien bis nach Weißrussland reichenden Luftmassengrenze eines Tiefdrucksystems über Mitteleuropa ein Wellentief über
Nordfrankreich, das in der Prognose für den Folgetag auf den Namen KAY getauft
wurde.
Durch die Drehung der Strömung von West auf
Südwest bis Süd, besonders in höheren Luftschichten, kam es an den Alpen zu Föhn.
Dieser brachte auf der Zugspitze orkanartige Spitzenböen von 113 km/h, d.h. 11
Beaufort, auf dem Innsbrucker Hausberg, dem Patscherkofel,
wurde mit 119 km/h sogar die volle Orkanstärke, also 12 Beaufort erreicht. Im nördlichen
Alpenvorland machte sich der Föhn durch gebietsweise sehr mildes Wetter
bemerkbar. Die Höchsttemperatur lag in Chieming am Chiemsee bei 19,5°C, in München/Stadt
bei 19,3°C und in Konstanz bei 18,7°C. Dazu schien die Sonne zwischen Bodensee
und Niederbayern verbreitet zwischen 5 und 7 Stunden. Weiter nördlich schloss
sich im Frontenbereich der Okklusion, eine Mischfront mit Eigenschaften von
Warm- und Kaltfront, des Wirbels KAY eine überwiegend dicht bewölkte Zone an,
in der es zeitweise regnete. Die teils schauerartig verstärkten Niederschläge
waren im Westen und Nordwesten Deutschlands vereinzelt von kurzen Gewittern
begleitet.
Bis zum 09.11.2013 um 00 UTC, das
entspricht 01 Uhr MEZ, zog die Zyklone KAY, der Höhenströmung in ca. 5,5 km folgend,
mit ihrem Zentrum schnell nach Nordosten bis zu den Niederlanden. Am
sogenannten Okklusionspunkt über Schleswig-Holstein teilte sich die Okklusion
wieder in Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront verlief von dort nach Osten
bis Weißrussland. Die Kaltfront erstreckte sich dagegen in einem Bogen südwestwärts
über die Alpen und Südspanien bis auf den Nordostatlantik hinaus. Auf der
Alpensüdseite gab es strömungsbedingt durch Stauniederschläge teils ergiebige
Niederschlagsmengen. Verona meldete bis 6 UTC 24-stündig 21 mm und Kredarica in den Julischen Alpen
(Slowenien) 50 mm.
Bis zum Mittagstermin um 12 UTC fielen
beispielsweise im saarländischen Tholey 22 mm in 24
Stunden. Das Tiefdruckgebiet KAY lag mittags mit seinem Zentrum über dem
Kattegat zwischen Norddänemark und Südschweden. Im Küstenbereich traten hinter
der Kaltfront des Tiefs KAY gebietsweise Sturmböen auf. Die höchsten
Windspitzen wurden auf dem Leuchtturm Kiel mit 101 km/h, das entspricht schweren
Sturmböen der Stärke 10 gemessen und auf dem Brocken waren es mit 112 km/h,
also 11 Beaufort sogar orkanartige Böen. Doch auch in tiefen Lagen des Binnenlandes
traten gelegentlich stürmische Böen auf, wie in Potsdam mit 65 km/h bzw. 8
Beaufort. Während die Mittagswerte der Temperatur im Norden Deutschlands nur
wenig unter dem Niveau des Vortages lagen, wie z.B. Berlin-Dahlem 11,0°C im
Vergleich zu 10,4°C, verzeichneten die am Vortag noch im Einflussbereich des Föhns
liegenden Regionen Süddeutschlands am 09.11.2103 deutlich niedrigere Werte. Beispielsweise
meldete Chieming am 09.11.2013 um 12 UTC 8,6°C. Beim Vordringen der Meeresluft
subpolaren Ursprungs von Westen her kam es besonders im Süden von Österreich
sowie in Slowenien und Kroatien zu starken Niederschlägen, die teilweise auch
von Gewittern begleitet waren. In Slowenien fielen bis zum Abend des 09.11.2013
örtlich mehr als 40 mm. Betroffen von den Starkniederschlägen war auch Kärnten,
wo in Feistritz eine 24-stündige Niederschlagshöhe
von 55 mm und in Klagenfurt sogar von 81 mm gemessen wurde. Zwischen dem Tief
KAY und einem mit seinem Schwerpunkt über dem Schwarzen Meer gelegenen
Hochdruckgebiet strömte sehr milde Luft subtropischen Ursprungs zum Balkan,
wodurch es in den Balkanländern noch einmal sommerlich warm wurde. Die
Temperatur stieg dort gebietweise über 20°C. Am wärmsten war es in Kroatien und
Serbien. In Makarska an der dalmatinischen Küste stieg
die Temperatur bis 23°C und in Pozega Uzicka bis 24,8°C. Im serbischen Loznica
wurde mit 25,4°C sogar noch ein Sommertag verbucht. Die sehr milde Luft
gelangte bis zur Ukraine, wo die Temperatur aber nur in den südlichen Teilen
noch über 15°C stieg.
Im weiteren Verlauf wurde die extrem milde
Luft über den Ural hinweg nach Osten abgedrängt. Das Tiefdruckgebiet KAY
entfernte sich im weiteren Verlauf nach Nordosten über die mittlere Ostsee
hinweg und lag in der Nacht zum 10.11.2013 über Stockholm. An diesem Tag zog
sich die Okklusionsfront vom Kern ostwärts über den Finnischen Meerbusen bis
nahe St. Petersburg, wo sie sich wieder in Warm- und Kaltfront teilte. Von dort
reichte die Warmfront südostwärts bis außerhalb des Darstellungsbereiches. Die
Kaltfront verlief dagegen teils verwellt in einem südlichen Bogen über Minsk,
Budapest, die Adria, Zentralitalien und Algier bis nahe der westalgerischen
Küste. Der Tiefdruckwirbel KAY wies zu diesem Zeitpunkt einen Kerndruck von
etwas unter 990 hPa auf, was der niedrigste während seiner Lebenszeit war. Innerhalb
der auf seiner Südseite nach Deutschland eingeflossenen frischen Meeresluft
subpolaren Ursprungs klarte es in der Nacht vor allem in der Osthälfte
Deutschlands vorübergehend auf, sodass die Temperatur verbreitet unter 5°C zurückging.
In der Lausitz und in Bayern gab es örtlich leichten Bodenfrost.
Bis zum 11.11.2013 verlagerte sich der
Wirbel KAY mit seinem Kern rasch bis nach Nordwestrussland. Zwar reichte sein
langgestrecktes Frontensystem noch bis nach Griechenland, jedoch folgten ihm
weitere kleine Tiefs, die das Wettergeschehen in Osteuropa beeinflussten.
Die Zyklone KAY verlagerte sich bis zum
Folgetag mit ihrem Schwerpunkt weiter nordostwärts zur russischen Insel Nowaja Semlja und verlor allmählich ihren Einfluss auf
Osteuropa, bevor sie am 13.11.2013 aus dem Analysebereich der Berliner
Wetterkarte verschwand.
Geschrieben am 02.12.2013 von Jasmin Holzapfel
Berliner Wetterkarte: 09.11.2013
Pate: Sonja Grünbeck