Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KERRIN
(getauft
am 01.12.2018)
Ende November 2018 wurde das
Wettergeschehen in Europa von Atlantiktiefs dominiert. Dabei bildete sich ein
ausgedehnter Trog, der vom Baltikum im Osten und Grönland im Nordwesten bis
nach Nordspanien im Süden reichte. Das Wort Trog bezeichnet ein ausgedehntes
Gebiet tiefen Luftdrucks in der Höhe. Über Westrussland befand sich dagegen das
Hochdruckgebiet DOMINIK mit einem Maximaldruck von etwa 1045 hPa, dessen nördliche
Ausdehnung sich bis ans Weiße Meer erstreckte. An dieser typischen Struktur
kann man die Mäander der sogenannten Rossby-Wellen
erkennen, welche durch die starken Temperaturgegensätze zwischen den polaren
und subtropischen Luftmassen und deren unterschiedliche Rotation entstehen.
Das Tief KERRIN wurde am 01.12. in
der Analysekarte von 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, getauft und war
somit an diesem Tag erstmalig auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet. Es
befand sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Minimaldruck von etwa 990 hPa über
dem Nordatlantik und entstand im Kaltluftsektor des vorangegangen Tiefs
JADWIGA, welches sich nur wenige Kilometer westlich der irischen Küste befand.
Dieses Tief JADWIGA befand sich bereits im fortgeschrittenen Stadium, was an
der ausgedehnten nahezu zonal verlaufenden Okklusionsfront zu erkennen ist.
Eine Okklusion ist eine Front, die durch das Einholen der Warmfront von der
Kaltfront aufgrund der höheren Bewegungsenergie in geringerer Höhe entsteht und
so Merkmale beider Fronten aufweist.
Zum 02.12. verlagerte sich der
Tiefdruckwirbel KERRIN ostwärts und lag um 00 Uhr UTC vor der Westküste Irlands.
Dabei meldeten Dublin und Cork als Höchsttemperaturen 13°C, Waterford
nur 12°C. Im Durchschnitt liegt dieser Wert in Cork im Dezember bei etwa 9°C.
Diese milden Temperaturen waren bedingt durch die Advektion maritimer Luftmassen,
denn feuchte Luft kann mehr Energie in Form von Wärme speichern, da die
Wärmekapazität, ein Maß für die Fähigkeit zur Speicherung von Wärmeenergie, von
Wasser höher ist als die von trockener Luft. In Belmullet
wurde dazu um 18 Uhr UTC Nebel mit einer Sichtweite von unter 5 km bei nahezu
100% Luftfeuchte zeitgleich mit Regenschauern beobachtet.
Am 03.12. lag der Kern der Zyklone
KERRIN östlich von Schottland über der Nordsee. Der minimale Druck betrug
ungefähr 985 hPa. Auf der Wetterkarte wurden zwei Fronten verzeichnet: Eine
Okklusionsfront, die vom Kern des Tiefs KERRIN entlang der französischen
Ärmelkanalküste verlief und aus dem ehemaligen Frontensystem von Tief JADWIGA
entstanden war. Die andere Okklusionsfront verlief ausgehend vom Kern nach
Westen und führte dabei im Norden Englands und in Irland zu Regenschauern und
einer 12-stündigen Niederschlagsmenge bis 06 Uhr UTC von meist um die 5 mm. Im
nordenglischen Shap kamen infolge des Kerndurchgangs
24-stündig bis 06 Uhr UTC fast 20 mm an Regen zusammen, in Lerwick
auf den Shetland-Inseln sogar 29,4 mm.
Zum 04.12. verlagerte sich das
Tiefdruckgebiet KERRIN rasch ostwärts und lag um 00 UTC zwischen Oslo und
Stockholm. Dabei bildete es mit dem nordöstlich von Island gelegenen Tief IRENE
einen schwachen Trog, der bis nach Süddeutschland reichte, während westlich
davon ein schmaler Keil entstand, der aus einem ausgeprägten Hoch über Spanien
und dem Hoch ECKHARD, welches sich westlich von Schottland befand, bestand. Die
beiden vom Tief KERRIN ausgehenden Okklusionsfronten verliefen einerseits über
das Baltikum, Ungarn, Norditalien und die Pyrenäen, wo sie in die Warmfront des
neuen Tiefs LUANA überging, und andererseits über Südschweden, Norddeutschland
und Nordfrankreich. Im Tagesverlauf verlagerte sich der Tiefdruckkern über
Schweden weiter nach Nordosten. Die Folgen waren verbreitete Schneefälle, die in
Luleå zu einer Neuschneehöhe von 15 cm führten.
Am 05.12. um 00 Uhr UTC lag das Tief
KERRIN mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa über Südfinnland. Die kurze
Okklusionsfront reichte bis an die finnisch-russische Grenze. Ausgehend von dem
Okklusionspunkt, also dem Ort, wo Warm-, Kalt, und Okklusionsfront aufeinandertreffen,
verlief die Warmfront bis an die Kola-Halbinsel und von dort südlich bis nach
Moskau. Im Warmsektor wurden in Twer und Tscherepowez um 18 Uhr UTC 0 bzw. 1°C
gemessen, während es am Vortag nur -2 bzw. -3°C waren. Die Kaltfront verlief
nahezu meridional über Osteuropa bis nach Kroatien. Dadurch kam es vor allem in
Rumänien zu schauerartig verstärkten Regen-, Schnee und Schneeregenfällen mit
einer maximalen 12-stündigen Niederschlagsmenge von 8 mm bis 18 Uhr UTC auf dem
Berggipfel Penteleu.
Am 06.12. erreichte das Tief KERRIN
pünktlich zum Nikolaustag das Nordpolarmeer. Die Okklusionsfront war nun kaum
noch ausgebildet, die Warmfront verlief über das weiße Meer zonal bis nach
Westrussland, die Kaltfront über Murmansk meridional, östlich der
weißrussisch-russischen Grenze, wo sie in eine Warmfront überging. In
Nordfinnland wurden minimal -5 bis -7°C gemessen, Murmansk meldete in der Nacht
-1°C. Die durchschnittliche Minimaltemperatur im Dezember liegt in Murmansk bei
-11°C. In Nordfinnland gab es dabei starken Schneefall, der zu einer Schneehöhe
von bis zu 27 cm sorgte. Murmansk meldete Schneeschauer und eine Schneehöhe von
bis zu 9 cm.
Zum 07.12 verlagerte sich der Kern
des Tiefs KERRIN weiter nordwärts. Der Kerndruck betrug um 00 Uhr UTC ungefähr
995 hPa. Der Verlauf der Fronten war ähnlich zum Vortag, wobei sich nun wieder
eine ausgedehnte Okklusionsfront zeigte, die allerdings für das Wettergeschehen
in Nordeuropa aufgrund der Lage nicht wirksam war. Zum 08.12. änderte sich die
Lage von Tief KERRIN kaum; auch der Druck blieb mit ca. 985 hPa etwa konstant.
Das aus drei Kernen bestehende Tief MARIELOU, welches sich über Südskandinavien
und Großbritannien erstreckte, drängte das Tief KERRIN weiter nordwärts, sodass
es am 09.12. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet wurde.