Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KERSTIN
(getauft
am 28.03.2016)
Am 28. März 2016 etablierte
sich zwischen dem Azorenhoch und dem Tiefdruckgebiet JEANNE über Großbritannien
eine kräftige Westströmung. Entlang der Kaltfront von Tiefdruckgebiet JEANNE
über dem Nordatlantik entwickelte sich in dieser Strömung eine wellenförmige
Deformation, die einen Druckfall am Boden verursachte. In der Prognose für den
Folgetag wurde das neu entstandene Tief auf den Namen KERSTIN getauft.
Am 29. März wurde das
Tiefdruckgebiet KERSTIN mit einem Kerndruck von über 1015 hPa über den Azoren
analysiert. Nach Osten ging eine kurze Warmfront aus und nach Westen erstreckte
sich eine Kaltfront weit über den Nordatlantik. In der Nacht konzentrierten
sich die Niederschläge vor allem auf den westlichen Inseln der Azoren. Hier
wurden innerhalb von 12 Stunden bis 06 UTC, also 07 Uhr MEZ, auf der
Azoren-Insel Terceira in Lajes
25 mm Niederschlag registriert. Auf der östlicheren Insel São Miguel wurden in
Ponta Delgada im gleichen Zeitraum nur 0,9 mm
gemessen. Tagsüber verlagerten sich die Niederschlagsgebiete weiter ostwärts. In
Ponta Delgada konnten bis zum Abend um 18 Uhr UTC 17
mm Niederschlag verzeichnet werden und es traten Böen von 91 km/h auf.
In der 00-Uhr-UTC-Analyse
des 30. März befand sich das Tief KERSTIN an der Westküste der Iberischen
Halbinsel. Der Luftdruck im Zentrum lag weiterhin bei ca. 1015 hPa. Nach
Nordosten erstreckte sich eine Warmfront über den Golf von Biskaya. An dieser wurden
im Nordwesten Spaniens bis zum Morgen um 06 Uhr UTC innerhalb von 12 Stunden
durch kräftige Schauer verstärkt in Galicien in den Orten La Coruna 45 mm, in Cabo Vilan 44 mm
und in Estaca De Bares 31 mm gemessen. Des Weiteren
ging nach Südwesten eine Kaltfront über den Atlantik aus, die jedoch wenig
wetterwirksam war. Im Verlauf des Tages verlagerte sich das Tiefdruckgebiet
KERSTIN über den Norden von Spanien. Nördlich des Tiefs KERSTIN gelangten im
Zusammenspiel mit einem Hoch über den Azoren kalte Luftmassen polaren Ursprungs
über den Ostatlantik und den Golf von Biskaya weiter nach Süden. Aus diesem
Grund und der gleichzeitig östlich von Tief KERSTIN stattfindenden Heranführung
von feucht-warmen Luftmassen subtropischen Ursprungs, verstärkte sich der
Temperaturgradient über der Iberischen Halbinsel. Dies lieferte den Antrieb für
weitere Niederschläge über dem Norden Spaniens. In Estaca
De Bares fielen bis zum nächsten Morgen innerhalb von 24 Stunden abermals 43 mm
und in La Coruna 36,8 mm. Auch weiter östlich an der
Küste zum Golf von Biskaya konnte im gleichen Zeitraum zum Beispiel in Oviedo 43,2 mm oder in Santander 30,9 mm Niederschlag
gemessen werden.
Am Folgetag befand sich ein
Kern von Tief KERSTIN südlich von Paris, dessen Kaltfront in südliche Richtung
in die Warmfront des Kerns bei Madrid überging. Der Luftdruck in beiden Kernen wies ca. 1008 hPa
auf. Vom nördlichen Tiefdruckkern verlief eine Warmfront nach Osten nördlich
der Alpen bis nach Tschechien. An dieser fielen innerhalb von 12 Stunden bis 06
UTC in Paris 3 bis 4 mm und in Neckargemünd-Kleingemünd
südlich von Heidelberg 12,8 mm. Nach Süden erstreckte sich eine Kaltfront von
Madrid über die Meerenge Gibraltar bis zu den Kanarischen Inseln. Bis zum
Mittag um 12 Uhr UTC verlagerte sich Tiefdruckgebiet KERSTIN weiter nach Nordosten.
Der Kerndruck sank auf unter 1003 hPa. Die Niederschläge der Warmfront kamen
noch etwas nach Norden voran. In einem Streifen von Kassel bis nach Paris
wurden innerhalb von 12 Stunden bis zum Abend die höchsten Niederschlagsummen
registriert. In Rodder, in Rheinlandpfalz, wurden 16
mm, in Schauenburg-Elgershausen, südlich von Kassel,
10,8 mm und in Paris 27 mm gemeldet. Zwischen den beiden Tiefdruckkernen wurde
des Weiteren eine Kaltfront analysiert. Hier fielen durch Staueffekte
begünstigt an dem Westteil der Pyrenäen in Irurita
31,5 mm und in San Sebastian-Fuenterrabia 30 mm
Niederschlag.
Auf der Analysekarte des
01. April um 00 Uhr UTC wurde das Tiefdruckgebiet KERSTIN über Basel mit einem
Kerndruck von ca. 1007 hPa verzeichnet. Nach Osten erstreckte sich weiterhin
die Warmfront über den Süden Deutschlands und Tschechien, sowie entlang der
Karpaten bis nach Kiew. Die Kaltfront verlief westlich um die Alpen herum und
dann über das Mittelmeer bis nach Nordafrika. Auch in der Nacht bis zum Morgen
konzentrierten sich die Niederschläge nördlich der Warmfront auf ein Gebiet vom
Saarland nach Sachsen und weiter über Polen bis zu den Karpaten. Dabei fielen
innerhalb von 12 Stunden 15 mm bis 20 mm, lokal auch etwas darüber, wie zum
Beispiel in Osterfeld in Thüringen mit 24,5 mm oder im
hessischen Geisa 25,2 mm. In der Nacht gingen
die Niederschläge in Hessen, Thüringen und Sachsen auch in tiefen Lagen in
Schnee über. Um 06 Uhr UTC war die Schneedecke auf dem Berg Kleiner 19 cm
mächtig, aber auch in dem deutlich tiefer gelegenen Erfurt war eine Schneedecke
mit einer Mächtigkeit 13 cm vorhanden. Nach Osten hin nahmen die
Niederschlagsummen ab und so wurde in Warschau 6 mm Niederschlag im gleichen
Zeitraum registriert.
Tagsüber verlagerte sich die
Zyklone KERSTIN schneller nach Osten und brachte Polen, der Slowakei und dem
Westen der Ukraine meist zwischen 1 mm bis 3 mm Niederschlag. Durch die
Warmfront kam es vor allem im Süden Weißrusslands zu Niederschlägen. In Gomel
und Mozyr wurden 17 mm innerhalb von 12 Stunden bis
zum Abend registriert. Im ukrainischen Semenovka
wurden 16 mm gemessen.
Am darauffolgenden Tag befand
sich der Wirbel KERSTIN im Grenzgebiet zwischen Ukraine und Russland. Der
Kerndruck sank auf unter 1000 hPa. Die Warmfront verlief in Richtung Osten nach
Russland. Die Kaltfront wurde ausgehend vom Tiefdruckkern über die Krim und das
Schwarze Meer reichend bis nach Rumänien und Serbien analysiert. Ab den
Mittagsstunden begann sich eine Okklusion, ausgehend vom Tiefkern, zu bilden.
Das bedeutet, dass die schnellere hintere Kaltfront die langsamere Warmfront
eingeholt hat. Die neu entstandene Mischfront wird als Okklusion bezeichnet.
Der Kerndruck zu diesem Zeitpunkt lag bei 990 hPa. Innerhalb von 24 Stunden bis
zum Morgen des Folgetages fielen über Moskau 1 mm und in Jefremov,
südlich von Moskau, 5 mm.
Bis zum 03. April
verstärkte sich die Zyklone KERSTIN, die östlich von Moskau lag, weiter. Der
Kerndruck sank auf ca. 985 hPa. Vom Kern ging eine Okklusion nach Nordosten ab,
die sich südlich von Perm in eine Kaltfront und eine Warmfront aufteilte. Ausgehend
vom Okklusionspunkt verlief die Warmfront über das Uralgebirge über den asiatischen
Teil Russlands. Die Kaltfront hingegen verlief nach Süden bis zum Kaspischen
Meer.
Am darauffolgenden Tag blieb
das Tief KERSTIN stationär östlich von Moskau. Der Okklusionsprozess schritt
weiter voran und gleichzeitig stieg der Kerndruck auf ca. 995 hPa an. Die Okklusion
verlief vom Kern nach Norden in einem Bogen bis zum Okklusionspunkt über das
Uralgebirge, von dort spalteten sich eine Kalt- und eine Warmfront ab. Beide
Fronten erstreckten sich nach Südosten, wobei sich der Warmluftsektor, also der
Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, weiter verkleinerte.
Bis zum 05. April schwächte
sich das Tiefdruckgebiet KERSTIN weiter ab. Der Kerndruck lag bei ca. 1005 hPa
und wurde weiterhin östlich von Moskau analysiert. Ausgehend vom Tiefdruckkern
ging eine Okklusion nach Norden bis nach Workuta im Norden Russlands aus. Im
Verlaufe des Tages löste sich die Zyklone KERSTIN komplett auf und konnte daher
nicht weiter analysiert werden.
Geschrieben am 02.05.2016
von Morten Kretschmer
Berliner Wetterkarte:
31.03.2016
Pate: Kerstin Liebl