Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KIRA

(getauft am 29.12.2020)

 

Im Bereich der Okklusion und Kaltfront des Wirbels HERMINE I bildete sich in den letzten Tagen des Jahres 2020 eine Welle aus, die im weiteren Verlauf zu einem benannten Tief auf der Berliner Wetterkarte wurde. Anhand der Prognosekarte für den 30.12.2020 um 13 Uhr MEZ wurde das Tiefdruckgebiet auf den Namen KIRA getauft.

Am Tag vor Silvester um 01 Uhr MEZ lag der Kern des Tiefs KIRA über Kroatiens Adriaküste. Ausgehend vom Zentrum, wo ein Druck von rund 1004 hPa herrschte, verlief die Warmfront quer über der Balkan-Halbinsel in einem Bogen bis zur Ukraine. Diese Front, an der Warmluft langsam über kühlere Luft aufstieg, ging nordöstlich von Kiew in die Okklusion des Tiefdruckgebietes HERMINE I über. Die Kaltfront erstreckte sich ausgehend vom Kern über dem Südosten Italiens bogenförmig bis in den Norden Algeriens. Im Bereich des Wirbels KIRA bildeten sich vor allem Schauer und Gewitter, die gebietsweise recht kräftig waren. In Podgorica wurden zum Beispiel 32 l/m² oder in Neapel 19 l/m² innerhalb von 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ gemessen. Vor der Warmfront und hinter der Kaltfront betrug die Höchsttemperatur 7,7°C in Budapest und 8,3°C in Florenz. Zwischen beiden Fronten im Warmsektor erreichten die Höchstwerte in einer maritimen subtropischen Luftmasse 19,9°C in Athen oder 18,5°C in Tirana.

Bis zum nächsten Tag verharrte der Kern der Zyklone KIRA praktisch an Ort und Stelle. Langsam holte die Kaltfront die Warmfront ein, wodurch sich eine Okklusion bildete, die sich bogenförmig nördlich des Zentrums zwischen den Abruzzen und Dubrovnik erstreckte. Im Kern wurde noch immer ein Druck von circa 1004 hPa registriert. Vom Okklusionspunkt bei den kroatischen Adriainseln verlief die Warmfront nach Nordosten bis zu den Karpaten, wo sich eine Kaltfront anschloss. Die Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt bogenförmig von der südlichen Adria bis nach Nordafrika. Während an der Misch- und Warmfront Regenmengen bis zu 10 l/m² im rumänischen Oradea oder 11 l/m² in Šibenik im genannten Zeitraum zusammenkamen, traten entlang der Kaltfront durch das plötzliche Einfließen von Kaltluft und der labilen Luftschichtung weiterhin Schauer und Gewitter auf. Wie am Vortag wurden beispielsweise 38 l/m² im albanischen Vlora und 49 l/m² im montenegrischen Nikšić gemessen. Vor der Kaltfront wurden bis zu 18,2°C in Athen oder 17,0°C in Kerkyra auf Korfu erreicht und mit dem Auftreten der Gewitter sank die Temperatur auf 13,2°C in Bari und 12,0°C in Neapel.

Am Neujahrstag 2021 um 01 Uhr MEZ lag der Kern des Wirbels KIRA über der westlichen Ukraine mit einem Druck von etwa 1007 hPa. Die Okklusion verlief vom westlichen Rumänien nach Nordosten bis zum Okklusionspunkt unweit des Zentrums. Die Warmfront erstreckte sich von dort bis nach Moskau, wo sie in eine Kaltfront überging. Die lange hakenförmige Kaltfront lag über der südwestlichen Ukraine, dem Bosporus sowie Zypern und reichte bis nach Nordafrika. Regen oder Schneeregen fiel dabei an der Warmfront mit beispielsweise 10 l/m² in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Minsk. Schauerartiger Regen trat an der Mischfront auf mit maximal 9 l/m² in Borod im Westen Rumäniens und entlang der Kaltfront an der türkischen Westküste zogen Schauer und Gewitter auf, die teilweise viel Regen brachten. So waren es in Datça 29 l/m² oder 24 l/m² in Mytilini in der erwähnten Zeitspanne. Hinter der Kaltfront floss maritim erwärmte Subpolarluft ein, weshalb die Höchsttemperaturen bei 13,2°C in Skopje und 12,3°C in Belgrad lagen. Vor der Kaltfront wurden bis zu 20,0°C in Heraklion erreicht. Mit der Passage der Warmfront erwärmte sich die Luft von beispielsweise 2,1°C in Minsk auf 8,5°C in Kiew.

 

Bis zum darauffolgenden Tag zog das Tiefdruckgebiet KIRA nach Norden bis zum östlichen Baltikum, wo sich der Kern mit einem Druck von rund 1006 hPa befand. Ausgehend vom Zentrum verlief die u-förmige Okklusion über dem Westen Russlands und der nördlichen Ukraine. Am östlichen Teil der Mischfront schloss sich eine Höhenkaltfront an, die wie der Name schon sagt, nicht bis zum Boden reichte, sondern nur in der Höhe existierte und über der nördlichen Türkei in eine Warmfront überging. In der Nähe des Zentrums schloss sich an der Okklusion die Warmfront an, die in nordöstlicher Richtung bis zur Nördlichen Dwina verlief. Dort ging sie in die Kaltfront eines Tiefs über Skandinavien über. Meist fiel Schnee im Bereich der verschiedenen Fronten. In der genannten Zeitspanne kamen so maximal 12 l/m² in Gdow ganz im Westen Russlands zustande; meist waren es jedoch 8 l/m² in Pskow und Charkiw. Hinter der Höhenkaltfront wurde am Boden eher noch wärmere Luft herangeführt mit maximal 6,0°C in Kiew oder 7,2°C in Odessa. Sonst waren es kältere 0,8°C in Moskau und 2,3°C in St. Petersburg.

 

Am 03.01.2021 um 01 Uhr MEZ lag das Zentrum des Tiefs KIRA über dem Süden Finnlands. Im Vergleich zum Vortag hatte sich der Kerndruck mit knapp 1015 hPa abgeschwächt. Vom Okklusionspunkt im Kern erstreckte sich die Mischfront vom Baltikum bis zur Danziger Bucht, wo sich eine weitere Okklusion anschloss. Die Warmfront verlief vom Zentrum zunächst nach Norden bis zur Halbinsel Kola und anschließend südostwärts bis zum Ural. Die Höhenkaltfront erstreckte sich bogenförmig vom Kern bis zum Kaukasusvorland. Der meiste Schnee fiel dabei im Kernbereich und an der Höhenkaltfront des Wirbels KIRA. So kamen in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Espoo 6 l/m² oder 7,9 l/m² in Tallinn zusammen. In der doppelt so langen Zeitspanne bis 07 Uhr MEZ waren es beispielsweise 4,3 l/m² in Samara. Dazu stieg die Temperatur im Einflussbereich des Tiefs KIRA auf -10,6°C in Perm, 1,2°C in Wolgograd und 2,3°C auf Ruhnu im Rigaischen Meerbusen.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich der Kern des Tiefdruckgebietes KIRA nach Osten und lag um 01 Uhr MEZ bei Archangelsk am Weißen Meer. Mit circa 1025 hPa hatte sich der Zentrumsdruck weiter erhöht, was im weiteren Verlauf zu einer Auflösung der Zyklone führen musste, da der Kerndruck bereits weit über dem Normaldruck von 1013,25 hPa lag und somit kein Gebiet tiefen Druckes mehr vorhanden war. Südöstlich des Kerns verlief zum einen die Okklusion in einem Bogen weiter nach Westen bis in den Südosten Finnlands, wo sich eine andere Mischfront anschloss, und zum anderen die Warmfrontokklusion in östlicher Richtung. Dort wurde die Warmluft komplett vom Boden gehoben. Da hinter der Front wärmere Luft einfloss, wurde diese Front Warmfrontokklusion genannt. Besonders an der Front kam noch Schneefall vor mit 24-stündigen Mengen bis 07 Uhr MEZ von 3,3 l/m² in Perm oder 3,6 l/m² in Kirow. Während vor der Warmfrontokklusion klirrende Kälte mit beispielsweise -15,0°C in Uchta herrschte, erwärmte sich die Luft in Kasan auf -1,8°C hinter der Front ähnlich wie im Bereich der Okklusion in Kolezhma auf -3,4°C.

 

Im weiteren Verlauf bildete sich eine Hochdruckbrücke vom Westen Europas bis nach Sibirien aus, welche mit dem Namen ALEXANDER I, II und III benannt wurde. Folglich verlor das Tiefdruckgebiet KIRA weiter an Kraft und löste sich somit vollständig auf.