Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KITTY

(getauft am 25.08.2016)

 

Nachdem sich am 25. August 2016 ein Tief 400 km nördlich der Azoren ausgedehnt hatte, entstand entlang einer Front über dem Nordatlantik ein Tiefdruckgebiet, das in der Prognose für den 26. August auf den Namen KITTY getauft wurde. Dieser Wirbel sollte bis zum Ende des Monats ostwärts ziehend das Wetter in Nordeuropa bestimmen und erschien am 27. August zum ersten Mal namentlich auf der Berliner Wetterkarte.

Das Tief KITTY hatte sich zum 27. August hin entlang der Höhenströmung in 5,5 km Höhe nach Nordosten verlagert und erstreckte sich um 00 UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, über den Atlantik, 150 km südwestlich von Irland und
490 km nordwestlich der Nordküste Spaniens. Der tiefste Kerndruck betrug zu dieser Zeit etwa 1002,2 hPa. Vom Kern ging eine Okklusions- oder auch Mischfront in Richtung Süden aus, die nach ca. 770 km in eine Kaltfront überging und sich zunächst südwestlich, dann nach Westen bis weit über den Nordatlantik erstreckte. Eine Okklusion entsteht, wenn eine Kaltfront eine in gleiche Richtung ziehende Warmfront einholt und sich die kalte Luft aufgrund ihrer größeren Dichte unter die wärmere Luftmassen schiebt. Weiter ostwärts ziehend nahm die Zyklone KITTY gegen 06 Uhr UTC ein kleineres, unbenanntes Tiefdruckgebiet über der Biskaya auf, welches von Portugal her über die Nordküste Spaniens nordwärts gezogen war.

Damit nahm das Einflussgebiet des Tiefdruckgebietes KITTY bis zum 28. August um 00 UTC im Vergleich zum Vortag um ca. die Hälfte zu und erstreckte sich nun über Irland, Großbritannien und Nordfrankreich bis hin zu den Benelux-Staaten und dem Westen Deutschlands. Der Kern lag zu diesem Zeitpunkt zunächst noch über der Südküste Irlands mit einem wieder etwas höheren Druck von ca. 1007,1 hPa und verlagerte sich im Laufe des Tages nach Osten über die Nordsee bis nach Dänemark. Die Okklusionsfront, die vom Kern ausging, verlief auf der westlichen Seite des Zentrums halbkreisförmig nach Norden. Auf der östlichen Seite des Kerns verlief sie zunächst im Bogen über Südengland, nahm ab dort Kaltfrontcharakter an und reichte nach Süden über die Westküste Frankreichs und von da an nach Südwesten bis 330 km südlich der Azoren. Wesentlicher für das Wettergeschehen in Europa waren allerdings noch zwei weitere Fronten, die die Zyklone KITTY östlich ihres Kerns aufgenommen hatte. Die voraus ziehende Warmfront reichte von London nach Westen und ging etwa über Litauens Hauptstadt Vilnius in eine Kaltfront des Tiefs JANETT über, dessen Kern östlich des Weißen Meeres lag. Eine Kaltfront verlief zudem vom Okklusionspunkt nach Süden bis zu den Pyrenäen und verschob sich im Tagesverlauf ostwärts bis nach Deutschland. Diese verursachte schon um Mitternacht Gewitter im Nordwesten Deutschlands und brachte bis 06 Uhr UTC im Bereich der Nordseeküste ergiebigen Regen von bis zu 40 mm für die vorangegangenen 12 Stunden, zum Beispiel an der Station Emden-Königspolder. Gegen 18 Uhr UTC wurden in Belgien für die vorherige Stunde 35 mm in Ernage bei Namur gemeldet und auch in Deutschland wurden zwischen 15 und 18 Uhr UTC Gewitter im Norden und Zentrum Deutschlands beobachtet. Dazu fielen in der Stadt Bad Fallingbostel in Niedersachsen 37,5 mm Regen innerhalb von 6 Stunden und in Büsum an der Nordsee herrschten Windgeschwindigkeiten mit Stärken bis zu 8 Beaufort, was etwa 70 km/h entspricht.

Das Tief KITTY hatte sich über Nacht weiter abgeschwächt und war weiter ostwärts gezogen. So lag der Kern des Wirbels KITTY am 29. August um 00 Uhr UTC über dem Kattegat und hatte einen Druck von knapp über 1005 hPa, der z.B. von der Station Aalborg in Schweden gemeldet wurde. Im Laufe des Tages zog dieser weiter nach Nordosten über die Ostsee und der Kerndruck sank sogar noch weiter auf bis unter 1003 hPa. Vom Okklusionspunkt, der etwa über dem schwedischen Småland lag, ging die Warmfront aus und verlief nach Südosten, bis sie etwa bei Kiew in eine Kaltfront des Tiefs JANETT überging. Die Kaltfront, die vom Kern der Zyklone KITTY ausging, erstreckte sich vom schwedischen Halland aus nach Süden über Polen und Tschechien, ehe sie nach Westen bog und über das gesamte europäische Festland bis kurz vor die Westküste Portugals reichte. Entlang dieser Kaltfront, die bis zum Abend bis über die baltischen Staaten zog, ereigneten sich örtlich immer wieder Gewitter mit starken Regenfällen, wie z.B. morgens um 06 Uhr UTC in Kempten, wo über die letzten 24 Stunden 47 mm Regen gemessen wurden. Auch in der österreichischen Stadt Graz wurden besonders starke Schauer mit einer 12-stündigen Regenmenge von 118 mm bis 18 Uhr UTC beobachtet. In Erfurt, Göttingen, Greifswald sowie an der nordfriesischen Küste kam es unterdessen zu schweren Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufortskala. Zusätzlich ging vom Kern über dem Kattegat noch eine Okklusionsfront aus, die über der Nordsee weiter als Kaltfront verlief und sich in südwestlicher Richtung bis über den Ärmelkanal erstreckte. Durch die Okklusion fielen auch über Skandinavien einige Liter Regen. So beispielsweise um 12 Uhr UTC im Stockholmer Vorort Tullinge mit 22 mm innerhalb der letzten 6 Stunden und in vielen weiteren Städten Skandinaviens mit über 10 mm Niederschlag innerhalb der vorangegangenen 24 Stunden. Durch den markanten Luftmassenwechsel strömte maritime Polarluft auf der Rückseite des Tiefs KITTY nach Mitteleuropa und verdrängte die vorherrschende Luft subtropischen Ursprungs. Dadurch sank die Temperatur im Vergleich zum Vortag deutlich um mehr als 10 Grad. So stieg die Temperatur in Strenzfeld in Sachsen-Anhalt am Vortag bis 14 Uhr UTC noch auf 35,7°C, was an diesem Tag die Höchsttemperatur Deutschlands war. Am 29. August wurden zur gleichen Zeit nur noch 22,7°C erreicht.

Unter Verstärkung verlagerte sich das Tiefdruckgebiet KITTY weiter nach Nordosten und befand sich am 30. August bereits über dem Finnischen Meerbusen mit einem minimalen Kerndruck von ca. 1001 hPa. Vom Okklusionspunkt über Sankt Petersburg führte um 00 Uhr UTC eine ca. 430 km lange Okklusion über den gesamten Finnischen Meerbusen und brachte etwa um die 10 mm Niederschlag mit sich. Die ebenfalls davon ausgehende Warmfront erstreckte sich bogenförmig nach Südosten bis zur russischen Oblast Lipezk. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt über Weißrussland und Ungarn bis über das italienische Festland. Während des Tages zog sie wiederum ostwärts und brachte erneut Schauer und Gewitter mit sich. Besonders intensive Gewitter wurden beispielsweise am Nachmittag und Abend in Pawlowski Possad nahe Moskau verzeichnet, wo bis 18 Uhr UTC 35 mm Regen fielen. Auch in Iwanowo gab es von 09 bis
15 Uhr UTC starke Gewitter und bis 15 Uhr UTC waren sogar 39 mm Niederschlag in den letzten 12 Stunden gefallen.

Auch am 31. August fand sich das Tief KITTY weiter östlich, etwa über dem Osten der russischen Oblast Wologda mit einem Kerndruck von ca. 1002,2 hPa. Von dort verlief die Okklusion in südwestlicher Richtung bis zur Oblast Twer und war für Niederschläge um die 5 mm pro drei Stunden verantwortlich. Die Warmfront der Zyklone KITTY zog sich vom Kern südöstlich bis zum Ural. Parallel zur Okklusion führte die Kaltfront in südwestlicher Richtung bis über die Nordostgrenze der Ukraine zu Russland, wo die Front in eine Warmfront eines weiteren, unbenannten Tiefs mit Kern über dem Asowschen Meer überging. Entlang der Kaltfront gab es wiederum starke Schauer und Gewitter, besonders im Zentrum Russlands in der Stadt Orel, wo es morgens gegen 03 Uhr UTC aufgrund der nächtlichen Gewitter 39 mm in den letzten 12 Stunden geregnet hatte, sowie im Süden Russlands, wie etwa in der Region Krasnodar nordöstlich des Schwarzen Meeres. Dort brachten die Gewitter, die von 06 bis 12 Uhr UTC anhielten, in der Stadt Tichorezk bis 15 Uhr UTC einen 12-stündigen Niederschlag von bis zu 41 mm.

Der 31. August war der letzte Tag, an dem das Tief KITTY namentlich auf der Berliner Wetterkarte erschienen war. In den folgenden Tagen zog es unter Abschwächung weiter nach Osten und wurde daher nicht weiter verzeichnet.

 


Geschrieben am 21.09.2016 von Verena Kruschwitz

Berliner Wetterkarte: 29.08.2016

Pate: Martina Wagner