Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KLAUS

(getauft am 10.06.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für Druckgebilde durchgeführt, welche einen Einfluss auf die Großwetterlage in Europa haben. Am 10.06.2019 bildete sich ein ausgeprägter Trog über Großbritannien, welcher oftmals für die Bildung und Verstärkung von Tiefdruckgebieten sorgt. Zusätzlich befand sich das ausgedehnte Frontensystem der Zyklone IVAN über Mitteleuropa. Über den Niederlanden entwickelte sich in dem Frontensystem ein Okklusionspunkt mit einer Okklusionsfront, welche sich nach Westen erstreckte. Am Ende der Okklusionsfront, auf der Vorderseite des Trogs, lag eine weitere Tiefdruckzone, welche sich im Laufe des 10.06. weiter intensivierte. Die Berliner Wetterkarte ging davon aus, dass dieser Wirbel erheblichen Einfluss auf das Wetter in Westeuropa haben sollte. Deshalb wurde dieses Tief auf der Vorhersagekarte vom 10.06.2019 auf den Namen KLAUS getauft.

Am 11.06. um 00 Uhr UTC befand sich das Tief KLAUS über Nordwestfrankreich mit einem Kerndruck von unter 1015 hPa. Unter anderem ereignete sich zu diesem Zeitpunkt parallel der Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets KLAUS, der in der Meteorologie unter den Begriff der Okklusion fällt. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem eine Mischfront entsteht, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Es war eine Okklusionsfront nach Nordosten bis zur Nordsee ausgebildet. Dort war der Okklusionspunkt verortet, in welchem sich die Front in eine Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief östlich bis nach Westrussland. Die Kaltfront hingegen machte einen konvexen Bogen und ging über Südfrankreich in eine Warmfront über. Im Tagesverlauf stagnierte die Front über Westeuropa. Dies führte zu erheblichen Niederschlagssummen in Großbritannien. Beispielsweise in Hawarden, in der Nähe von Liverpool, fielen innerhalb von 24-Stunden bis 06 Uhr UTC des 12.06. insgesamt 52,4 l/m². Des Weiteren wurden an vielen weiteren Stationen Englands zwischen 30 und 40 l/m² registriert. Zusätzlich erreichte der Wind in Böen vereinzelt Orkanstärke. Auf dem offenen Meer, südlich von Plymouth, wurden um 10 Uhr MESZ, was 08 Uhr UTC entspricht, 119 km/h an einer Boje gemessen.

 

 

Am Mittwoch, dem 12.06., hatte sich Wirbel KLAUS auf Grund der abgeschwächten Westwinddrift in 500 hPa Höhe, was einer Höhe von ca. 5,5 km über dem Erdboden entspricht, kaum fortbewegt und befand sich über der Westküste Frankreichs mit einem Kerndruck von unter 1010 hPa. Die Okklusionsfront blieb weiterhin über der Westküste Mitteleuropas, wo an den Stationen zahlreiche Wetterzustände gemeldet wurden. Neben weiteren starken Niederschlägen über Großbritannien fielen in Gilze Rijen, einem Militärflughafen im Süden der Niederlande, 24 l/m². Im Hafen Rotterdam kamen sogar 29 l/m² herunter. Zudem setzte wiederholter Regen in Westdeutschland ein, wodurch bis zu 25 l/m², wie beispielsweise in Coesfeld, registriert wurden. Außerdem wehte auf der Erhebung Great Dun Fell, dem zweithöchsten Berg der Pennines, mit 848 Metern Höhe, der Wind mit bis zu 128 km/h.

In den nächsten Tagen verlagerte sich der Wirbel KLAUS langsam bis nordwestlich von Großbritannien. Gleichzeitig gab es in Westeuropa und Großbritannien weiterhin regelmäßige Niederschläge. Am 15.06. ging die Okklusionsfront über Südskandinavien in eine neu gebildete Warm- und Kaltfront über. Diese überquerten zusammen mit dem Frontensystem von Tief LUDGER, mit Kern über Süddeutschland, den Alpenraum und das Alpenvorland. Dort sorgte dieses für starke Niederschläge, welche durch die Kaltfront von Tief KLAUS schauerartig verstärkt wurden. Dadurch fielen beispielsweise in Oberried 62 l/m², in Simonswald 51 l/m² und in Owingen 52 l/m² an Niederschlägen. Diese Ortschaften sind im Süden Baden-Württembergs verortet. Durch die regional anhalten Niederschläge entspannte sich zum Teil die anhaltende Trockenperiode in Westdeutschland nach der vorherigen Hitzewelle. Zudem frischte der Wind vor allem in der Westschweiz auf und erreichte bis zu 122 km/h auf dem Berggipfel Le Moléson, was Stärke 12 Bft. entspricht. Zudem sorgte das Frontensystem für starke Temperaturunterschiede zwischen der Westhälfte und dem Nordosten Deutschlands. In Freudenstadt betrug die Maximaltemperatur lediglich 19°C, in der Uckermark hingegen stieg sie auf über 30°C.

Aufgrund des sich in den folgenden Tagen bildenden blockierenden Hochdruckgebiets TALE in Mitteleuropa konnte sich das Tief KLAUS nicht weiter nach Osten verlagern. Deshalb bewegte sich das Tief KLAUS auf Grund des steigenden Ostwindes weiter nach Nordwesten. Dort schwächte sich das Frontensystem immer weiter ab, sodass nur noch wenig signifikantes Wetter auftrat. Am 21.06. erreichte eine kleine Okklusionsfront der Zyklone KLAUS die Westküste Norwegens und verursachte dort bis zu 29 l/m² in Kvamskogen-Jonshøgdi. Der Nordwestwind wehte in Böen mit bis zu 111 km/h in Sømna. Am 23.06.2019 wurde der Wirbel KLAUS letztmalig namentlich auf der Berliner Wetterkarte erwähnt, weil sich die mittlerweile vor Nordnorwegen liegende Tiefdruckzone immer stärker abschwächte und keinen wesentlichen Einfluss mehr auf das Wetter in Mitteleuropa hatte.