Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KLAUS

(getauft am 21.09.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die Großwetterlage in Europa haben. Am 21.09.2019 befanden sich mehrere kleinräumige Zyklonen über dem östlichen Atlantischen Ozean, welche zum Teil bereits über eine gemeinsame Front miteinander verbunden waren. Des Weiteren erstreckte sich in der oberen Atmosphäre ein ausgeprägter Trog sich von Großbritannien bis über den zentralen Nordatlantik. Es wurde prognostiziert, dass sich die Wirbel weiter nach Osten verlagern würden und sich somit auf der Vorderseite des Trogs befinden würden. Die Vorderseite eines Trogs verstärkt die Rotation der Tiefdruckgebiete, wodurch sich diese ebenfalls oftmals intensivieren. Deshalb gingen die Meteorologen der Berliner Wetterkarte davon aus, dass sich die Zyklonen zu einer Tiefdrucklinie verbinden würden und das Wetter in Mitteleuropa maßgeblich beeinflussen würden und tauften eine Tiefdruckzone innerhalb der Tiefdrucklinie in Prognose für den Folgetag auf den Namen KLAUS.

Am folgenden Tag hatte sich, wie vorhergesagt, eine komplexe Tiefdrucklinie mit verschiedenen Frontcharakteren gebildet. Diese erstreckte sich südlich von Island über Irland bis in den Südwesten der iberischen Halbinsel. Im Laufe des Tages bildeten sich innerhalb des Frontensystems mehrere schwache Wellenstörungen aus, an denen weitere Tiefdruckkerne entstanden. Diese intensivierten sich aufgrund der Krümmung und der größeren Temperaturunterschiede zwischen einer kälteren Luftmasse in der Höhe über Westfrankreich und wärmeren Luftmassen über Mitteleuropa. Die Tiefdruckzonen überquerten Frankreich und erreichten am Nachmittag die Alpen. In Frankreich verursachte die Kaltfront meist konvektive Niederschläge von bis zu 40 l/m² in Montélimar und 38 l/m² in Aurillac. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenzen zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Zudem gab es zahlreiche Niederschläge im westlichen Teil der Westalpen. Dort werden durch den hohen Gebirgskamm orographisch bedingte Hebungsprozesse ausgelöst, welche die Bildung von hochreichenden Wolken verstärken. Dementsprechend fielen dort verbreitet 30 bis 45 l/m² wie in Les Avants bei Montreux auf 1000 Metern mit 37,8 l/m² oder La Brévine mit über 42 l/m². Außerdem frischte der Wind besonders in den Mittagsstunden in Großbritannien auf und erreichte auf dem exponiertem Berg Cairngorm bis zu 113 km/h um 13 Uhr MESZ. Der Windrekord für die Station liegt bei 278 km/h, sodass orkanartige Böen wie am 22.09. bei einem Frontdurchgang nicht außergewöhnlich sind. Zusätzlich gab es in Frankreich einen massiven Temperatursturz aufgrund der Kaltfront um bis zu 14 Kelvin im Vergleich zum Vortag. In Bourges, welches in Zentralfrankreich verortet ist, war die Höchsttemperatur von 30°C auf 19°C gefallen.

Am Montag, dem 23.09., wurden die zwei Kerne von der Zyklone KLAUS erstmals auf der Analysekarte von 02 Uhr MESZ namentlich erwähnt. Der erste Kern befand sich mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa über Wales. Der zweite Kern lag nordwestlich von Korsika mit einem Druck von unter 1015 hPa. Vom nördlicheren Kern erstreckte sich eine Kaltfront bis 300 km nördlich des anderen Kerns, wo die Kaltfront in dessen Warmfront mündete. An diesem Tag war es in den Ostalpen, in Ostitalien und insbesondere in Kroatien sehr regnerisch. In der Schweiz und Österreich fielen verbreitet zweistellige Niederschlagssummen. An der Villacher Alpe wurden beispielsweise 39,9 l/m² registriert. Die Schneefallgrenze lag am Tag bei ca. 2500 Metern und sank bis zum Abend auf bis zu 2000 Meter. Dementsprechend fiel der Niederschlag auf der 2160 Meter hohen Villacher Alpe als Regen, Schneeregen und in der Nacht als Schnee. Auf einigen Gletschern wie dem Rettenbachferner in Sölden oder dem Pitztaler Gletscher wurden bis zu 20 cm Neuschnee gemessen. Die höchsten Niederschlagssummen waren allerdings in Kroatien verortet. In der Hauptstadt Zagreb meldeten die Stationen bis zu 95,6 l/m² innerhalb eines Tages. Es hatte den gesamten Tag geregnet, wobei dieser zeitweise durch eingelagerte Gewitter schauerartig verstärkt wurde. Ähnliche Niederschlagswerte traten ebenfalls in Daruvar mit 87 l/m² und in Puntijarka mit 78 l/m² auf. Zudem gab es am Ioannina Airport in Griechenland in der Nacht zum 24.09. ein schweres Gewitter mit 61 l/m².

Am folgenden Tag hatte sich der südliche Kern KLAUS II des Tiefs bis über die südliche Adria mit einem Kerndruck von unter 1010 hPa verlagert, während das nördliche Pendant Tief KLAUS I südlich von Island verweilte. Somit erstreckte sich das komplexe Frontsystem von Nordwesteuropa bis nach Südosteuropa. Die starken Unwetter waren mittlerweile bis in den Süden Griechenlands und bis in die Türkei weitergezogen. Der höchste Niederschlagswert wurde in der türkischen Stadt Bodrum mit 95 l/m² gemessen. Aber auch weiter nördlich in Kuşadası wurden 65 l/m² gemessen. In Griechenland waren die Gewitter etwas schwächer als am Vortag mit Niederschlagssummen von bis zu 39 l/m² in Andravida.

Am nächsten Tag löste sich das Tief KLAUS I auf, sodass das südliche Tief in KLAUS umbenannt wurde. Dieses zog weiter als südöstliche Zyklone in die Nähe von Izmir mit einem Druck von unter 1010 hPa.  Die ausgedehnte Front hatte sich stark verkürzt, weshalb sich nur noch eine kleine Warmfront nach Südosten und eine Kaltfront bis in den südlichen Mittelmeerraum erstreckte. Trotzdem gab es am Nachmittag noch einige Schauer und Gewitter in der Türkei. In der touristischen Stadt Alanya wurden sogar knapp 67 l/m² gemessen. Zudem fielen in Antalya 30 l/m² durch einen Gewitterguss. Ansonsten waren die Niederschlagssummen allerdings nicht weiter auffällig. Im Laufe des Tages glich sich der Druck der Umgebung an, weshalb sich das Tiefdruckgebiet KLAUS auflöste und es auf der Berliner Wetterkarte nicht mehr benannt wurde.