Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KUNIBERT
(getauft
am 19.11.2015)
Am 19.11. war über dem Nordatlantik in einer
Druckfläche von 500 hPa, was etwa 5,5 km Höhe entspricht, eine starke Westwindströmung
vorzufinden. Aus einer kleinen Störung in dieser Höhe entstand in der Nacht zum
20.11. ein kleines Bodentief, das in der Prognose für den Folgetag auf den
Namen KUNIBERT getauft wurde. Dr Wirbel KUNIBERT befand
sich am 20.11. um 01 Uhr MEZ knapp südwestlich von Irland und wies einen
Kerndruck von etwa 1015 hPa auf. Die sich rasch entwickelnde Zyklone KUNIBERT besaß
eine nach Osten gerichtete Warmfront und eine nach Westen gerichtete Kaltfront.
Der Bereich dazwischen, der als Warmsektor bezeichnet wird, war wie am Anfang
der Entwicklung üblich, noch sehr breit. Die Warmfront des Tiefs KUNIBERT ging
weiter östlich nahe der Bretagne in die Kaltfront des zu diesem Zeitpunkt über
dem Baltikum liegenden Tiefs IWAN über. Dies bedeutete in einem Streifen vom
Norden Frankreichs bis in die Mitte und den Süden Deutschlands bis nach
Österreich teils länger anhaltenden Regen. Dort kam es innerhalb von nur 6
Stunden zu Regensummen von meist 5 bis 20 mm bis 07 Uhr MEZ. Besonders viel Niederschlag
fiel in der Bretagne mit 20 mm in Brest und im Schwarzwald auf dem
Feldberg 23 mm im gleichen Zeitraum. Die Ursache für die Niederschläge liegt in
den Unterschieden der aufeinandertreffenden Luftmassen. Nördlich der Fronten
befand sich kühle maritime Polarluft, während sich südlich subtropische
Warmluft hielt. Die Mischluft war mit Feuchtigkeit übersättigt und es begann zu
regnen. Der unterschiedliche Charakter der Luftmassen konnte anhand der
maximalen Tagestemperaturen erkannt werden. Im Norden Frankreichs blieb es mit
8°C zum Beispiel in Bray deutlich kühler als in Socoa im Süden Frankreichs mit 22°C. Bis 19 Uhr MEZ hatten
sich die stärksten Niederschläge ostwärts verlagert. In der Champagne
wurden in Troyes in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ 49 mm
Regen gemessen. Noch stärker fielen die Niederschläge im Süden Deutschlands
aus, insbesondere in Staulagen. Durch die starke Westströmung stellte der
Schwarzwald für die Wolken eine Barriere dar, weshalb sie aufsteigen mussten
und sich dabei abregneten. In Freiburg am Fuße des Schwarzwaldes wurden 43 mm
und auf dem höchsten Gipfel des Gebirgszugs 81 mm Niederschlag verzeichnet. Auf
der windabgewandten Seite, die als Lee bezeichnet
wird, brachte das Tiefdruckgebiet KUNIBERT in Konstanz im gleichen Zeitraum nur
16 mm. In weiten Teilen Baden-Württembergs und der Mitte und dem Süden Bayerns
fielen 20 bis 45 mm Regen. Am Abend um 19 Uhr MEZ konnten in der Nordschweiz noch
12 bis 14°C gemessen werden, während es im Norden Baden-Württembergs auf
etwa gleicher Höhenlage mit 4 bis 6°C deutlich kühler war.
Bis zum 21.11. um 01 Uhr MEZ hatte sich der
Tiefdruckwirbel KUNIBERT kräftig verstärkt. Der Wirbel KUNIBERT wies einen
minimalen Luftdruck von unter 995 hPa auf und befand sich über Ungarn. Die Warmfront
reichte über die Karpaten bis über die südliche Ukraine und die Kaltfront ging
in die Warmfront eines Teiltiefs über der Poebene über. Die Kaltfront von
diesem Tief erstreckte sich über Südfrankreich und dem Norden Spaniens. Bis 07
Uhr MEZ fiel in 12 Stunden im Bereich der Frontensysteme erneut viel
Niederschlag. In der Schweiz wurden auf dem Säntis beispielsweise 48 mm
Niederschlag und auf dem La Dole an der Grenze zu Frankreich im Jura-Gebirge
bis zu 50 mm registriert. Aber auch in Biarritz im
Südwesten Frankreichs sowie in Llanes an der
spanischen Nordküste summierten sich die Mengen auf 32 bzw. 33 mm. Insbesondere
dort war ein Temperatursturz durch das Tief KUNIBERT zu verzeichnen. Während im
spanischen Oviedo am Vortag noch 21°C erreicht werden
konnten, stieg die maximale Temperatur an diesem Tag nur noch auf 8°C an. Auf
der Rückseite des Tiefs floss in ganz Zentraleuropa von Norden kalte Polarluft
ein, der den ersten Wintereinbruch bescherte. Innerhalb eines Tages sank die
Temperatur in der Druckfläche von 850 hPa, was etwa 1,5 km Höhe entspricht, in
der Mitte Frankreich um 14 Grad. Dadurch konnten dort sowie in Deutschland und
Polen beispielsweise nur noch 4 bis 7°C als Maximum erreicht werden, während die
Temperatur in Italien in sehr schwüler Luft noch auf 22°C auf Sardinien oder
auf 20°C in Rom anstieg. Auf der Rückseite fielen einige Niederschläge insbesondere
in etwas erhöhten Lagen zunehmend als Schnee. Mit dem sich mittags über
Norditalien befindlichen Tief KUNIBERT gingen in der Region auch kräftige
Niederschläge innerhalb von bis 19 Uhr MEZ einher. In Bologna konnte 33 mm
Regen im gleichen Zeitraum gemessen werden. Noch deutlich stärker fielen die
Niederschläge auf der anderen Seite der Adria, in Kroatien, aus. Durch die
Überströmung des noch warmen Mittelmeerwassers reicherte sich die Luft stark
mit Wasser an und regnete sich beim Überqueren des Dinarischen Gebirges ab.
Besonders kräftig war der Niederschlag in Senj mit
110 mm in nur 12 Stunden. In nahezu ganz Kroatien und Slowenien kamen
Regenmengen von durchschnittlich 30 bis 45 mm in 12 Stunden zusammen. Die Warmfront
brachte in einem Streifen von Kroatien über Ungarn, Rumänien und die Ukraine
bis nach Russland Regensummen von meist 5 bis 15 mm. Am Abend zeigte sich in Bosnien-Herzegowina
ein starker Temperaturgradient. Im Norden wurde um 21 Uhr MEZ zum Beispiel am
Flughafen Banja Luka auf nur 100 m über dem Meeresspiegel mäßiger Schneefall bei
knapp über 0°C beobachtet, während es auf dem 2000 m hoch gelegenen Bjelasnica im Süden des
Landes bei 4°C stark regnete. Auf der Südseite dieses Berges konnten im ebenfalls
nur 100 m hoch gelegenen Mostar 15°C und in Neum
an der Adria sogar 20°C gemessen werden.
Am 22.11. war das Tiefdruckgebiet KUNIBERT
über Rumänien mit einem Kerndruck von ca. 989 hPa vorzufinden. Die Warmfront
erstreckte sich nach Nordosten bis in die Ukraine und die Kaltfront bis über
die Adria. Um 07 Uhr MEZ meldeten die Messstationen im Bereich der
Frontensysteme Regenmengen von meist 4 bis 20 mm in 12 Stunden. Einzelne Orte
wiesen staubedingt höhere Niederschlagssummen auf. Auf dem Berg Bjelasnica wurden 74 mm gemessen, in Podgorica,
der Hauptstadt Montenegros fielen 35 mm und in der albanischen Hauptstadt
Tirana 58 mm. Im Frontbereich fanden sich große Temperaturgegensätze von zum
Teil über 10 Grad. In der maritimen Polarluft hinter der Front konnten im
Nordwesten der Ukraine nur 3 bis 4°C als Höchstwert verzeichnet werden, während
auf der Krim in der Subtropikluft ein Maximum von 20°C erreichte wurde. Im
Südwesten von Russland konnte mit 25°C in Majkop
sogar noch ein Sommertag gemessen werden, wofür ein Maximum von mindestens 25°C
erforderlich ist. Dort lag um 13 Uhr MEZ bedingt durch einen Föhneffekt am
Kaukasus die relative Feuchtigkeit bei nur 11%. Dagegen blieb die Temperatur im
nördlichen europäischen Teil Russlands teils im Frostbereich, wie z.B. in Rostov mit einem Maximum von -2°C. Im Grenzbereich dieser
Luftmassen fielen bis um 19 Uhr MEZ in 12 Stunden in der Mitte Russlands etwa 5
bis 15 mm. Besonders kräftig regnete es an diesem Tag in Albanien, da hier die
kalten Luftmassen nicht so schnell voran kamen und es länger andauernd und
ergiebig regnete. So fielen dort beispielsweise 52 mm in Kukes
und 86 mm in Tirana.
Bis zum Folgetag hat sich die Zyklone
KUNIBERT etwa bis zur russischen Hauptstadt Moskau verlagert und wies einen
Kerndruck von ca. 1003 hPa auf. Die Warmfront verlief in östliche Richtung, die
Kaltfront nach Südwesten über die Ukraine sowie Rumänien und Bulgarien. Die
Tiefstwerte der Nacht fielen je nach Luftmasse sehr unterschiedlich aus. Auf
der Krim sanken die Temperaturwerte auf 18°C, aber auch fernab des wärmenden
Wassers des Schwarzen Meeres wurden im Süden Russlands in Kamensk-Sahtinskij
noch 15°C gemessen. Weiter nach Nordwesten trat in der Nacht in Polen mit bis
zu -7°C und im nördlichen Russland mit -8°C in Pskov
Frost auf. In der Hauptstadtregion Russlands fielen bis um 07 Uhr MEZ etwa 3
bis 7 mm Niederschlag und im Bereich der schneller nach Südosten vorankommenden
Kaltfront beispielsweise 12 mm in Sofia und 10 mm im ukrainischen Kirovohrad. Die Temperaturverteilung blieb auch tagsüber
erhalten, in Südrussland wurden erneut 20 bis 23°C gemessen, in Moskau konnte
mit maximal -1°C ein Eistag verzeichnet werden, wofür die Temperatur nicht über
0°C ansteigen darf. Bis 19 Uhr MEZ fielen in Ostbulgarien an der Kaltfront noch
etwa 8 bis 14 mm Regen, ansonsten schwächten sich die Niederschläge ab.
Bis zum 24.11. war das Tiefdruckgebiet
KUNIBERT weiter nach Osten gezogen, sodass der Wirbel den Darstellungsbereich
der Berliner Wetterkarte verließ und nicht weiter analysiert werden konnte.
Geschrieben
am 07.12.2015 von Dustin Böttcher
Berliner
Wetterkarte: 21.11.2015
Pate: Hans-Joachim Kuhn