Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  KYRILL

(getauft am 17.01.2007)

 

 

Der 18. Januar 2007 wird wohl vielen Menschen der Bundesrepublik Deutschland und Europas in Erinnerung bleiben. Es war der Tag, an dem ein Orkanwirbel mit dem Namen KYRILL Mitteleuropa überquerte und zahlreiche Schäden an Mensch, Infrastruktur und Natur hinterließ. Doch wie kam es zu diesem Ereignis, welche Geschichte steckt hinter dem Tief KYRILL?

In der Nacht vom 16. zum 17. Januar 2007 bildete sich vor der Ostküste Neufundlands ein Tiefdruckgebiet, welches auf den Namen KYRILL getauft wurde. Der Nordatlantik hatte zu diesem Zeitpunkt eine um etwa 1,8°C wärmere Oberflächentemperatur als im Durchschnitt. Dieser Umstand begünstigt in den meisten Fällen eine rasche, teils explosionsartige Entwicklung von Tiefdruckgebieten. Ursache hierfür ist ein höherer Wasserdampf- und somit Energiegehalt, welcher der Atmosphäre zur Verfügung gestellt wird. Energie und Bewegung sind durch physikalische Prozesse miteinander verknüpft. Mehr Energie bedeutet in diesem Fall mehr Windgeschwindigkeit. Weitere begünstigende Faktoren waren große horizontale Temperaturgegensätze auf kleinstem Raum (200-300km) und eine starke ungestörte Strömung im Druckniveau von 500 – 200 Hektopascal, was etwa einer Höhe von 5 – 13km entspricht. Dieses starke Höhenwindband wird in der Meteorologie Strahlstrom oder auch Jetstream genannt. Liegt der Kern eines Tiefdruckwirbels direkt unter dem Jetstream, so hat dies einen verstärkenden Effekt auf die Dynamik des Tiefs. Diese bisher angesprochenen Relationen spielten eine enorme Rolle bei der Entwicklung des Orkantiefs KYRILL.

Am 18.01.07 war Kyrill über Westeuropa angekommen. Das Orkantief hatte also innerhalb von nur 24 Stunden den Nordatlantik von West nach Ost überquert. Ebenso hatte sich der Kerndruck des Wirbels drastisch reduziert. Der Warmsektor des Tiefs lag bereits über Deutschland (Leipzig meldete um 12Uhr eine Lufttemperatur von 13°C) und der Wind frischte in diesem Bereich erheblich auf. So meldeten die Wetterstationen in den Mittelgebirgen bereits gegen Mittag schwere Orkanböen. Der Brocken registrierte um 13Uhr eine „mittlere“ Windgeschwindigkeit von 65 Knoten und Spitzenböen von 91kn (168km/h). Doch auch im Flachland kam es verbreitet zu Windstärke 9-10, örtlich auch 11. In dem angesprochenen Warmsektor stieg die Temperatur im Tagesverlauf auf 13-16°C an und somit fast auf Rekordniveau. Die Warmluft wurde aus tropischen Breiten nach Deutschland gelenkt und hatte einen sehr hohen Feuchtegehalt.

Am Nachmittag gelangte dann jedoch eine Kaltfront über die Nordsee hinweg nach Deutschland. Dadurch prägte sich eine markante Luftmassengrenze aus, an welcher starke Gewitterlinien entstanden. Die Gewitter an der Kaltfront hatten zum Teil sommerliche Auswüchse. So meldeten mehrere Wetterstationen Schwergewitter, also Gewitter mit starken Orkanböen, Hagel und hoher Blitzaktivität. Am Abend erreichte die Kaltfront die Hauptstadt Berlin. Am Flughafen Tegel konnten Spitzenböen der Stärke 12 gemessen werden. Ebenso dramatisch fielen die Niederschlagssummen aus. Innerhalb von nur 30 Minuten wurden in Berlin teilweise bis zu 25 Liter pro Quadratmeter registriert. Die Station Berlin-Dahlem meldete eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 40,6 Liter pro Quadratmeter. Dies ist absoluter Rekord, nicht nur für den Monat Januar sondern aller drei Wintermonate.

Am Freitag, den 19.01.07 lag der Kern des Tiefs bereits über Nordpolen. Deutschland befand sich also auf der Rückseite des Tiefs, hatte aber noch immer mit starken Sturmböen zu kämpfen. In den folgenden Tagen zog KYRILL über Russland nach Norden in Richtung Nordmeer. Am 24.01.2007 verschwand KYRILL schließlich aus dem Einzugsgebiet der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 26.03.2007 von Ronny Büttner

Wetterkarte: 19.01.2007   

Pate: Kyrill Genow