Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet LEIV

(getauft am 02.02.2017)

 

Am Abend des 02.02.2017 entwickelte sich südöstlich von Neufundland eine Tiefdruckwelle, welche sich mit der über dem warmen Atlantik vorherrschenden, starken Westströmung zügig in Richtung Osten verlagerte und dabei zu einem Tiefdruckgebiet intensivierte. Aufgrund des vorhergesagten Einflusses auf das Wetter Mitteleuropas wurde die Zyklone bereits zuvor in der Prognose für den Folgetag auf den Namen LEIV getauft.

Um 01 Uhr MEZ des 03.02. befand sich das Tiefdruckgebiet LEIV über dem zentralen Nordatlantik nordwestlich der Azoren. Bis zu den westlichen Inseln der Azoren reichte die vom Zentrum ausgehende und für erste Regenfälle sorgende Warmfront. Eine kurze Kaltfront verlief vom Zentrum nach Südwesten. Das Tief LEIV zog in den darauffolgenden Stunden in Richtung europäisches Festland weiter, wobei die Warmfront am frühen Nachmittag auf den Westen der Iberischen Halbinsel übergriff. Das Tief LEIV verstärkte sich rasch weiter und begann am Nachmittag des 03.02. eine Okklusionsfront im Bereich des Tiefzentrums auszubilden. In der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion oder Okklusionsfront eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt.

Das Tief LEIV hatte sich nun soweit verstärkt, dass sich auf seiner Südseite ein Starkwindfeld mit Orkanböen ausbildete. Dieses traf zum Abend, begleitet von kräftigen Regenfällen und Gewittern, auf den Nordwesten Spaniens, wo in der Zeit vom frühen Abend bis zum folgenden Morgen flächendeckend schwere Sturmböen auftraten. An den Küsten kam es sogar zu schweren Orkanböen, wie an der Wetterstation in Fisterra mit 152 km/h oder auf der Punta Esteca de Bares mit 154 km/h. Doch auch in den Großstädten Vigo und La Coruña wurden mit 111 bzw. 108 km/h orkanartige Spitzenböen registriert.

Zu Tagesbeginn des 04.02. war das Zentrum des nun ausgeprägten Orkans LEIV über die Biskaya weitergezogen, wobei der Luftdruck im Kern auf unter 990 hPa gefallen war. Die Warmfront auf der Vorderseite des Tiefs war über Spanien hinweggezogen, die Kaltfront erstreckte sich über den Nordwesten Spaniens bis zum Atlantik. Zum frühen Morgen verlagerte sich das Hauptsturmfeld über das spanisch-französische Grenzgebiet in den Westen Frankreichs. Das Orkantief LEIV hatte nun seine maximale Intensität erreicht, denn das Zentrum war mit einem auf unter 985 hPa gesunkenen Luftdruck auf das französische Festland getroffen. Am Cap Ferret im Südwesten Frankreichs wurden ebenfalls schwere Orkanböen bis 148 km/h gemessen, ebenso Orkanböen von 119 km/h in Bordeaux. Doch auch am Cap Bear an der Mittelmeerküste wurden Spitzenböen von mehr als 130 km/h registriert. Der Orkan LEIV hatte bis zum Morgen neben den extremen Windböen auch für starke Regenfälle in der gesamten Nordhälfte Spaniens und Portugals sowie im Südwesten Frankreichs gesorgt. Hier wurden bis 07 Uhr MEZ des 04.02. beispielsweise im portugiesischen Braganca innerhalb von nur 12 Stunden   44,0 mm Niederschlag registriert, im spanischen Santiago/Labacolla 35,0 mm und im französischen Biscarosse 25,0 mm. Der Tiefdruckwirbel LEIV zog am Vormittag des 04.02. über die Mitte Frankreichs hinweg, schwächte sich aber nun wieder zusehends ab und okkludierte auch stärker. Trotzdem sorgte es noch für schwere Sturm- und vereinzelte Orkanböen im französischen Binnenland. So wurden in Limoges Böen bis 105 km/h gemessen, in Chateauroux sogar bis 119 km/h. In diesen Regionen wurde auch nach Durchzug des Tiefzentrums ein extrem starker Luftdruckanstieg von mehr als 10 hPa innerhalb einer Stunde gemessen. Am Nachmittag erreichten die Niederschläge der nun deutlich stärker ausgeprägten Okklusionsfront des Tiefs LEIV auch den Südwesten Deutschlands. Der Sturm machte sich jedoch zu diesem Zeitpunkt zumeist nur noch in den höheren Lagen der Westalpen bemerkbar, dort schneite es bei Temperaturen unter 0°C auch teils kräftig. Auf dem 1606 m hohen Chasseral im Berner Jura wurden bei starkem Schneefall Spitzenböen bis 109 km/h gemessen. Auf dem Feldberg im Schwarzwald kam es zu Böen bis 108 km/h, entlang des Oberrheins erreichte der Wind in Spitzen zwischen 70 und 80 km/h. Die starken Niederschläge breiteten sich im Laufe des Abends immer weiter nordostwärts aus, sodass es in einem Streifen von den Beneluxstaaten über Deutschland und den Alpenraum bis nach Italien und den Westbalkan regnete.

Um 01 Uhr des 05.02. befand sich der Kern des nun deutlich abgeschwächten Tiefs LEIV mit einem zentrumsnahen Luftdruck von ca. 1000 hPa über den Niederlanden östlich von Amsterdam. Nahezu das gesamte Frontensystem des Tiefs war nun okkludiert, sodass sich die Okklusion vom Zentrum aus südostwärts über Deutschland, Tschechien und Südosteuropa bis über Südkroatien erstreckte und sich dort in eine kurze, über das Mittelmeer reichende Warmfront und eine bis über den Süden Italiens führende Kaltfront aufteilte. An dieser ließen die Niederschläge jedoch immer mehr nach. Bis zum Morgen war zwar im Umfeld des Tiefs LEIV erneut nennenswerter Niederschlag gefallen, die Mengen ließen sich jedoch keinesfalls mit denen des Vortages vergleichen. Die größten Summen wurden auf dem Westbalkan gemessen. Hier fielen lokal 20 bis 30 mm Niederschlag bis 07 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden. Auf dem Feldberg wurden zu diesem Zeitpunkt binnen 24 Stunden 24,1 mm registriert, im rheinland-pfälzischen Deuselbach 14,7 mm und in Saarbrücken 11,6 mm. Im Stau der Westalpen fielen regional zwischen 10 und 20 mm Niederschlag. Die Fronten des Tiefs LEIV zogen in den Vormittagsstunden des 05.02. langsam weiter nach Nordosten und schwächten sich dabei, wie auch der gesamte Tiefdruckkomplex, immer stärker ab. Lediglich von Ungarn über die Slowakei bis ins südliche Polen und in den nördlichen Niederlanden regnete es noch kräftiger, dabei wurden nochmals    6-stündige Niederschlagssummen von 3 bis 5 mm gemessen. Stärkere Windböen wurden aber im Umfeld des Tiefs LEIV nicht mehr beobachtet. Ab dem Mittag begannen die Fronten sich von Süden her aufzulösen, nachfolgend auch der gesamte Tiefdruckkomplex, sodass die Zyklone LEIV zum Abend nicht mehr auf den Wetterkarten verzeichnet werden konnte.

Das Tief LEIV hatte insgesamt über 3 Tage das Wettergeschehen in Weiten Teilen Europas mitbestimmt, verstärkte sich dabei schnell zu einem schweren Orkantief und sorgte vor allem im Norden Spaniens und in Frankreich für äußerst kräftige Windböen und sehr hohe Niederschlagssummen. Mit Ankunft des Tiefzentrums auf dem Festland hatte es sich anschließend jedoch schnell abgeschwächt.

 


Geschrieben am 27.03.2017 von Maximilian Steinbach

Berliner Wetterkarte: 04.02.2017

Pate: Leiv Tholander