Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet LEO

(getauft am 12.04.2013)

 

Entlang einer Luftmassengrenze über dem Nordatlantik entstand ein Tiefdruckwirbel, der am 12.04.2013 in der Prognose für den Folgetag auf den Namen LEO getauft wurde und sich in der kräftigen wetterbestimmenden Höhenströmung in 500 hPa, das bedeutet in ca. 5,5 km Höhe, nach Nordosten verlagerte. Ein südwestlich von Neufundland gelegenes Wellentief entwickelte sich im weiteren Verlauf zu einem separaten kleinen Wirbel, der als LEO II bezeichnet wurde.

So war bereits am 13.04. die Doppelstruktur des Tiefs LEO erkennbar, die Zyklone hatte zwei Kerne ausgebildet. Beide Kerne umkreisten einander auf zyklonaler Bahn und im 500 hPa-Niveau war das Tiefdrucksystem als intensiver Trog, d.h. Kaltluftvorstoß nach Süden, erkennbar. Sind zwei oder auch mehrere Tiefkerne durch gemeinsame Isobaren verbunden, so rotieren beide um einen gemeinsamen Mittelpunkt. Das westlich von Tief LEO II gelegene Zentrum LEO I wies um 01 Uhr MEZ einen Kerndruck von 970 hPa auf. Vom Kern zog sich eine Okklusionsfront, eine Front mit Eigenschaften einer Kalt- und Warmfront, bogenförmig um den Kern des Wirbels LEO II und spaltete sich im Okklusionspunkt mehrere Hundert Kilometer vor der Küste Nordfrankreichs in eine Kalt- und Warmfront auf. Die Warmfront des Systems zog sich vom Okklusionspunkt über den Golf von Biscaya bis zum Iberischen Randgebirge über Spanien. Westlich der Warmfront verlief die Kaltfront, welche über dem östlichen Atlantik in die Warmfront des Kerns LEO II überging. Vom Zentrum des Tiefs LEO II verlief eine Okklusionsfront bis zur Breite des Okklusionspunktes vom westlich gelegenen Kern LEO I und teilte sich in eine Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront des Systems zog sich nach Süden, die Kaltfront wiederum verlief in einem weiten Bogen über den Atlantik.

Zum 14.04. verlagerten sich die Tiefs nur langsam ostwärts, da sich über Mitteleuropa das Hoch NOTBURGA verstärkte und eine Verlagerung des Tiefdrucksystems LEO blockierte. Eine Okklusionsfront verlief vom nun südlichen Zentrum LEO I, das einen Kerndruck von 960 hPa aufwies, nordöstlich zum Kern LEO II, der einige Hundert Kilometer nordwestlich der Küste Schottlands lag. Vom zweiten Kern ausgehend verlief eine Kaltfront in einem großen Bogen nach Südwesten über Irland bis weit hinaus über den Atlantik. Die nordöstlich der Kaltfront gelegene Warmfront zog sich über Schottland, die Nordsee und die Niederlande bis Belgien. Mit einer südwestlichen Strömung lenkte der nordatlantische Wirbel LEO von Süden warme Luftmassen nach Mitteleuropa. So ging die Temperatur nachts in Deutschland an der Grenze zu Holland nur auf Werte um 10 °C zurück, am Oberrhein stieg die Temperatur am Mittag bereits auf Werte um 20 bis 22°C, im Norden und Nordosten Deutschlands lag die Höchsttemperatur nur bei 15 bis 17°C. Im westlichen Deutschland sorgte die Warmfront des Systems für gelegentlichen Regen, die Niederschlagsmengen blieben allerdings meist unter 1 mm.

Die Zyklone LEO verlagerte sich in der Nacht zum 15.05. weiter Richtung Nordskandinavien, sodass der Kern LEO I um 01 Uhr MEZ einige Hundert Kilometer vor der Südspitze Grönlands und das Zentrum LEO II mit einem Kerndruck von 975 hPa westlich der Färöer Inseln lag. Die Okklusionsfront des Tiefs LEO I zog sich über den Atlantik südlich an der isländischen Küste vorbei bis zu den Britischen Inseln, die Okklusionsfront des zweiten Kernes verlief nach Nordosten bis zum Okklusionspunkt vor der norwegischen Küste. Davon ausgehend verlief dessen Warmfront südlich der Lofoten, über Norrland in Schweden bis zum Raum Stockholm. Die Kaltfront zog sich wiederum an der Küste Norwegens entlang, über die Nordsee, Frankreich und den Golf von Biscaya bis nach Portugal. Auf der Vorderseite des Tiefs LEO gelangten weiterhin von Süden warme Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Deutschland, sodass die Mittagstemperatur meist über der 20°C-Marke lag, verbreitet wurden vor allem im Süden und Südwesten bis zu 24°C gemessen. Somit konnte dort beinahe der erste Sommertag im Jahr 2013 registriert werden, denn meteorologisch-klimatologisch gesehen werden an einem Sommertag 25°C erreicht oder überschritten. Bereits im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich jedoch die Kaltfront des Systems über das nordwestliche Deutschland, begleitet mit einem ausgeprägten Niederschlagsband von Westen bzw. Nordwesten über die Britischen Inseln hinweg und sorgte für 2 bis 4 mm Niederschlag.  

Dieses Tiefdrucksystem lag am Folgetag über dem Europäischen Nordmeer, der Kern LEO I südlich von Jan Mayen mit einem Kerndruck von nur noch 985 hPa und der Wirbel LEO II über der Barentssee mit einem abschwächten Kerndruck von 1000 hPa. Die Okklusionsfront von Tief LEO I zog sich vom Zentrum über das nördliche Schweden bis zum Kern der Zyklone LEO II. Von dort verlief wiederum die Okklusionsfront in einem Bogen über Russland nach Südwesten über Skandinavien bis Deutschland und die Schweiz. Die Okklusion des Systems hatte eher die Eigenschaften einer Kaltfront und blieb zeitweise über dem östlichen Deutschland stationär, dadurch brachte sie dort einzelne zum Teil auch kräftigere Schauer. Ein kurzer Schauer über Berlin-Dahlem brachte am Morgen des 16.04. 2,6 mm Niederschlag innerhalb weniger Minuten. Ansonsten blieben die Niederschläge entlang dieser Front von schwächerer Intensität. In einem Niederschlagsstreifen, der sich von der Eifel zur Lübecker Bucht erstreckte, gab es Niederschlagshöhen zwischen 1 und 7 mm.

Das Tiefdrucksystem zog weiter nordostwärts und der Wirbel MICHAEL gliederte sich unter Abschwächung in dessen Zirkulation ein. Vom ersten Kern vor der Küste Nordnorwegens erstreckte sich eine Warmfront bis zur Halbinsel Kola. Das Teiltief LEO II verlagerte sich weiter Richtung Osten an den Rand des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte. Vom Zentrum über dem westsibirischen Tiefland verlief bei unverändertem Kerndruck die Okklusionsfront bis zum Putoranagebirge, wo sie sich in eine Warmfront, welche sich nach Süden erstreckte, sowie eine Kaltfront teilte. Diese verlief über den Raum Perm und von dort schließlich bis nach Finnland. Zum 18.04. zog das Tief LEO endgültig nach Nordosten ab und konnte daher nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden. 

 


Geschrieben am 20.05.2013 von Natja Ruth Bublitz

Berliner Wetterkarte: 14.04.2013

Pate: Leo Schumacher