Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  LISA

(getauft am 21.05.2004)

 

 

Am 20.05.2004 entstand über der See zwischen Island und Grönland in einer südwestlichen Höhenströmung ein Tiefdruckgebiet, welches am 21.05. auf den Namen LISA getauft wurde.

Zu diesem Zeitpunkt bewegte sich das Tief über Island in östliche Richtung. Es folgte dem Tief JENNY nach Skandinavien, denn selbst wurde es im Westen von dem schon weiterentwickelten Wettersystem MARIANNE verdrängt. Die relativ nördliche Zugbahn von LISA am 21.05. wurde ebenfalls durch das über den Britischen Inseln befindliche Hoch TERTULIN bestimmt, dass LISA den direkten Weg nach Mitteleuropa versperrte. So konnte LISA erst am 22.05. in der starken südöstlichen Höhenströmung auf der Nordostflanke von TERTULIN das Skandinavische Festland erreichen, wobei ihr okkludiertes Frontensystem den Nordseeküstenbereich erfasste. LISA blieb jedoch mit einer Ausdehnung von ca. 600 km ein kleinräumiges Tiefdruckgebiet. Sie zog während der Nacht des 22.05. mit kräftigen Schauern und örtlichen Gewittern über Norddeutschland hinweg bis nach Polen und lenkte somit für die Jahreszeit sehr kalte Luft nach Mitteleuropa. Der Radiosondenaufstieg der südöstlich von Berlin liegenden Station Lindenberg ergab am Morgen des 23.05. um 06 UTC für die 850hPa-Fläche eine Temperatur von -6°C, für die 500hPa-Fläche von -36°C.

Während in der vergangenen Nacht im Norden Deutschlands Wolken eine stärkere Ausstrahlung und somit Frost verhinderten, gab es im Süden bei zum Teil klarem Himmeln verbreitet Bodenfrost, z.B. in Saarbrücken und Weiden/Oberpfalz -2°C, in Ulm sogar -3°C. Das Bodentief LISA schwenkte etwas weiter nach Osten und lag am Mittag an der Mündung der Weichsel. In den Satellitenbild-Folgen war dieser hoch reichende Wirbel sehr gut ausgeprägt, wobei die stärksten Schauer von der Ostsee über das westliche Brandenburg hinweg zu den Mittelgebirgen zogen und gegenläufig an seiner Ostflanke von Südpolen in Richtung Ostpreußen.

In beiden Niederschlagsstreifen gab es auch Gewitter. In den deutschen Mittelgebirgen ging der Niederschlag oberhalb von etwa 800 m Höhe in Schnee über. So meldeten die Stationen Brocken und Fichtelberg im Erzgebirge je vier Zentimeter Schnee. Auf der Rückseite des Tiefs klarte es in der Nacht zum 24.05. vor allem im Westen und in der Mitte Deutschlands gebietsweise auf. Dabei gab es nicht nur Bodenfrost (in Hamburg und Bremen -1°C, am Flughafen Frankfurt wurde sogar -3°C gemessen), sondern auch Hüttenfrost in 2 m Höhe: In Bad Lippspringe sank die Temperatur bis  -0,6°C, in Meiningen bis -0,8°C, am Boden wurde an beiden Stationen -4°C registriert! Auf dem Fichtelberg/ Erzgebirge schneite es noch weiter, so dass dort am Morgen des 24.Mai der Schnee 16 cm hoch lag. Das nun vollständig okkludierte Tiefdrucksystem befand sich mit seinem Zentrum an 24.05. über Westrussland und sorgte für starke Temperaturgegensätze, wobei auf der Vorderseite des Tiefs, also im Nordosten 14 °C und im Zentrum des Tiefs über Moskau 4 °C gemessen wurden.

Am folgenden Tag löste sich LISA fast vollständig auf, die Reste vereinigten sich mit dem von Norden kommenden Tief KARIN und damit verschwand LISA von der Berliner Wetterkarte und dem Wettergeschehen in Europa.

 


Geschrieben am 16.06.2004 von Robert Scholz

Wetterkarte: 22. oder 23.05.2004

Pate: Uwe Fiebrich