Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
LUCIA
(getauft am
12.04.2012)
Mitte April 2012 befand sich über Europa
ein stark ausgeprägter Trog, ein Vorstoß kalter Luftmassen in einer Höhe von
rund 5500 m, an dessen Vorderseite sich immer wieder neue Tiefdruckgebiete
bildeten. Am 12.04. erstreckte sich dieser Kaltluftvorstoß vom Polargebiet bis
weit nach Süden über die Sahara. Auf der Prognosekarte für den Mittag des
Folgetages wurde schließlich erkennbar, dass eine neue Zyklone entstehen
sollte, die noch am gleichen Tag auf den Namen LUCIA getauft wurde.
Bereits um 00 Uhr UTC, d.h. 02 Uhr MESZ
des 13.04.2012 war die Zyklone LUCIA auf der Berliner Wetterkarte analysierbar
und befand sich mit ihrem Kern zwischen Sardinien und Tunesien, der Druck im
Inneren betrug dabei etwas unter 995 hPa. Die Warmfront beschrieb einen
Bogen, der vom Kern aus nach Nordosten verlief und dann südlich an Sardinen und
westlich an Sizilien vorbei um dann zwischen Malta und der Insel Linosa über dem Mittelmeer zu enden. Die Kaltfront verlief
in südlicher Richtung über Algerien bis über die Kartengrenze hinaus. Dies brachte Algerien ausgeprägte Niederschläge,
so fielen in 12 Stunden von 18 Uhr des Vortages bis
06 Uhr UTC in Tiaret 25 und in Miliana 44 l/m². In 24 Stunden erhöhte sich in Miliana die Summe sogar auf 63 l/m².
Bis zum 14.04.2012 hatte sich das
Tiefdruckgebiet LUCIA bis südwestlich von Rom über das Tyrrhenisches
Meer verlagert. Vom Kern ausgehend erstreckte sich eine Okklusionsfront, eine
Mischform aus Warm– und Kaltfront, zunächst in nördlicher und dann in östlicher
Richtung, dann weiter über Rom und bis zur Adriaküste, wo sie sich in eine
Warm– und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront reichte von dort aus über
Albanien und Griechenland, vorbei an der Westküste der Türkei über Rhodos bis
über das östliche Mittelmeer und endete in etwa auf der Breite Tel Avivs,
nördlich des Nildeltas. Die Kaltfront beschrieb einen südlichen Bogen entlang
der Westküste Griechenlands in Richtung Libyen, reichte westlich vorbei an
Bengasi, und verließ abermals über der Sahara den Darstellungsbereich der
Berliner Wetterkarte. Die hohen Niederschlagsmengen des Vortages griffen nun
auch auf Italien über so, fielen in Civitavecchi bis
um 06 Uhr UTC in 24 Stunden 60 l/m². In Algier hatte sich
in der Nacht der Regen sogar noch verstärkt, sodass in der Summe im selben
Zeitraum 108 l/m² gefallen waren. Mit der Überquerung der Warmfront
stiegen die Tageshöchsttemperaturen in Athen von 18°C am Vortag auf 23°C am
14.04.2012 an. Auf Kreta wurde sogar ein Schirokko gemeldet. Dies ist ein sehr
warmer bis heißer Wind aus süd- bis südöstlicher Richtung, der große Mengen
Sandstaub aus der Sahara mit sich führt und zum Teil braun–grau getrübt ist.
Die Zyklone LUCIA erreichte am 15.04.2012
die Küste des ehemaligen Jugoslawiens. Der großräumige Kernbereich mit einem
Druck von nur knapp 995 hPa reichte von der Adria bis ans Schwarze Meer
und über weite Teile Rumäniens. Das Frontensystem des Tiefdruckgebietes LUCIA
bestand aus einer Okklusion, die im späteren Verlauf
in den Charakter einer Kaltfront wechselte. Sie erstreckte sich vom Zentrum
über der Adria ausgehend, vorbei an Belgrad und Bukarest zum
Schwarzen Meer, überquerte dieses nur wenige Kilometer östlich von
Istanbul und führte dann bei Alanya hinaus über das östliche Mittelmeer. Hier wechselte
der Charakter der Front in den einer Kaltfront, die bis über das westliche
Ägypten reichte und dort den Darstellungsbereich verließ. In Adana in der
südlichen Türkei gab es, obwohl nur 3 l/m² Niederschlag gemessen wurden,
Gewitter. Im Gegensatz dazu hatte Istanbul bei 19°C Tageshöchsttemperatur den
gesamten Tag einen fast komplett bedeckten Himmel.
Das Tiefdruckgebiet LUCIA zog weiter in
nördlicher Richtung. Der Kernbereich nahm am 16.04.2012 ein mehrere Tausend Quadratkilometer
umfassendes Gebiet südöstlich von Warschau ein und hatte sich auf etwas unter
1000 hPa abgeschwächt. Das Zentrum selbst lag nordöstlich der
Nordkaparten, nahezu mittig zwischen Warschau und Kiew. Eine Okklusion verlief von den Nordkaparten ausgehend nördlich
in einem engen Bogen um den Kern herum, dann weiter über Odessa und das
Schwarze Meer und die Türkei, an Ankara vorbei bis nach Syrien und verließ
dort den Analysebereich. Warschau befand sich im Einflussbereich der Okklusion und wies den gesamten Tag einen bedeckten Himmel
auf, aus dem es beständig aber nicht all zu starken Niederschlag in Form von
Regen oder Sprühregen gab und sich so bis um 06 Uhr UTC des folgenden Tages
eine Niederschlagsmenge von etwas über 7 l/m² in 24 Stunden summierte.
Bis zum 17.04.2012 erreichte der Wirbel
LUCIA das Baltikum. Dabei lag der Kern mit unverändertem Druck rund 150 km
südwestlich von St. Petersburg. Nahe dem Zentrum befand sich eine
kleinräumige, spiralförmige Okklusionsfront, die im Norden bis an den
Finnischen Meerbusen reichte, dann weiter in südöstlicher Richtung verlief
und sich zwischen St. Petersburg und Moskau in eine Warm– und Kaltfront
aufspaltete. Die Warmfront verlief dabei in östlicher Richtung über Russland
und den Ural hinweg bis weit nach Sibirien. Die Kaltfront hingegen verlief nach
Süden bis kurz vor die Schwarzmeerküste und schließlich weiter in südwestlicher
Richtung bis Belgrad. Dort ging sie in ein nachfolgendes Frontensystem über. In
Moskau, im Zentrum des Warmsektors, dem Bereich zwischen der Warm– und der
Kaltfront, kam es zu einem angenehmen Frühlingstag. Bei zumeist wolkenlosem
Himmel stiegen die Temperaturen im Vergleich zu den Tagen zuvor um 7 Grad
auf 21°C. Die finnische Hauptstadt Tallinn, auf der nordwestlichen Seite des
Kernes im Bereich kälterer Luft, kam im Gegensatz bei ganztägigem bedecktem
Himmel auf eine Tageshöchsttemperatur von 6°C.
Während sich die Zyklone LUCIA weiter
verlagerte, bildete sie einen zweiten Kern aus, sodass am 18.04.2012 der
südwestliche der beiden Kerne mit einem Druck von knapp unter 995 hPa
östlich von Turku in Finnland lag und durch eine Okklusionsfront mit dem
nordwestlichen Kern über der russischen Stadt Archangelsk verbunden war. Von
dort ausgehend führte eine Warmfront in östlicher Richtung bis zum Ural und dann
weiter südwestlich bis über die sibirische Tiefebene, außerhalb des
Analysebereiches. Die Kaltfront
erstreckte sich in südlicher Richtung und ging rund 50 km südlich
von Moskau in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs über. Mit dem Durchgang
der Kaltfront über Moskau fielen dort die Temperaturen um 11 Grad von 21°C
am Vortag auf nun noch 10°C.
Im Laufe des Tages vereinten sich die zwei
Kerne wieder zu einem Zentrum mit einem Druck von rund 995 hPa. Dieses
befand sich am 19.04.2012 über der russischen Insel Kolguyev in der östlichen Barentssee. Von dort aus führte
eine bereits rückläufige Okklusionsfront in westlicher Richtung über das Weiße
Meer bis zum schwedischen Lulea. Die Warmfront
verlief in Richtung Vorkuta und verließ hinter dem
Ural den Darstellungsbereich. Die Kaltfront beschrieb einen Bogen, der sich zunächst
bis knapp westlich von Perm zog und dann zurück in westlicher Richtung bis
südlich von Moskau reichte, wo er in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs
überging. Im weiteren Verlauf überquerte die Kaltfront die russische Stadt Perm
und brachte wie auch schon am Tag zuvor in Moskau einen drastischen
Temperaturrückgang von rund 25°C auf nun nur noch 11°C mit sich.
Durch die weitere Verlagerung in östlicher
Richtung, konnte das Tief LUCIA bereits am nächsten Tag nicht mehr auf der
Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben 29.05.2012 von Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 17.04.2012
Pate:
Lucia Schmidt