Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
LUCINA
(getauft
am 07.02.2012)
Am
07.02. befand sich ein kleiner Trog, ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden,
über der Barentssee. Im Zusammenhang mit diesem Trog in einer Höhe von rund
5500 m entwickelte sich am Boden ein Tiefdruckgebiet, welches südwärts nach
Finnland zog und in der Prognose für den Folgetag auf den Namen LUCINA getauft
wurde.
Am
08.02. lag der Kern der Zyklone knapp nördlich von St. Petersburg und eine
langgezogene Okklusionsfront, eine Mischfront mit Kalt- und Warmfronteigenschaften,
reichte von Finnland über das Baltikum und Polen bis nach Südschweden. Der
Kerndruck lag anfänglich bei ca. 1020 hPa. Der Wirbel LUCINA folgte dabei einem
Höhentief, welches sich auf der Westseite des zu diesem Zeitpunkt über weiten Teilen
Europas vorherrschenden großräumigen Troges nach Süden verlagerte. Im Bereich
des kleinen aber intensiven Höhentief lag dabei die Temperatur in ca. 5500 m
bei rund
-40°C. Am Boden verzeichneten die baltischen Staaten dabei geringe Schneefälle
bei Höchsttemperaturen um nur -10°C.
Am
Morgen des 09.02. erreichte das Zentrum von Tief LUCINA die südliche Ostsee im
Bereich von Danzig. Der Kerndruck erhöhte sich bei der weiteren Südverlagerung
auf ungewöhnlich hohe 1035 hPa. Aufgrund der Kältehochs DIETER I über
Nordwestrussland und DIETER II über Dänemark, welche für ein sehr hohes
Luftdruckniveau über Nord-, Mittel- und Osteuropa sorgten, stellte auch ein
Druck von 1035 hPa bereits einen tiefen Druck dar. Zum Vergleich, der normale
Luftdruck befindet sich bei rund 1013 hPa.
In
der folgenden Nacht beeinflusste das Tief LUCINA den Norden Deutschlands. Dabei
strömte vergleichsweise milde Luft von der Ostsee nach Deutschland, sodass am
folgenden Tag in Mecklenburg-Vorpommern und im Norden Brandenburgs die Temperaturen
bis auf den Gefrierpunkt anstiegen. Das zugehörige Schneefallgebiet brachte
meist bis zu 3 cm Neuschnee. Die über der Ostsee entstandenen Wolken enthielten
auch unterkühlte Wassertröpfchen, die nur teilweise zu Schnee kristallisierten.
Daher wurde vor allem im Berliner Raum bei -5°C gefrierender Sprühregen
beobachtet.
Im
Bereich des sich ausdehnenden und weiter nach Süden ziehenden Höhentiefs konnte
sich auch im Bodenniveau das Tief LUCINA auf
einen Kerndruck von rund 1020 hPa verstärken und erreichte im Laufe des
Tages Sachsen und am Abend auch Bayern. Das Niederschlagsgebiet verlagerte sich
ebenfalls von Nordost nach Südwest und brachte auf seinem Weg neben einem
großen Schneefallgebiet auch gefrierenden Sprühregen mit sich. Im Südosten
waren die Neuschneehöhen am größten, wie z.B. auf dem Fichtelberg mit 13 cm,
oder in Dresden und Cottbus mit je 6 cm. Auf der Rückseite des
Niederschlagsgebietes klarte der Himmel auf und über dem frischen Schnee sank
die Temperatur vor allem in Brandenburg und der Lausitz stark ab. In Manschnow
wurden -19°C, in Baruth -21°C und in Hoyerswerda -22°C gemessen. Auch im
Südwesten Frankreichs kühlte es sich stark ab, beispielsweise wurden in
Toulouse, knapp nordöstlich der Pyrenäen, als Minima -13°C registriert.
In
der Höhe war das Tief LUCINA mit einem Kaltlufttropfen verbunden, welcher am
10.02. Korsika erreichte. Währenddessen verstärkte sich das Bodentief LUCINA
über der Südhälfte Italiens auf 1010 hPa. Gleichzeitig gelangte auf seiner
Nordflanke vom Balkan her sehr kalte Luft über die Adria nach Norditalien.
Dabei schneite es verbreitet bis in tiefe Lagen. Aus Rimini wurde eine
Schneehöhe von 25 cm gemeldet, aus dem Küstenort Punta Marina 40 cm und aus
Cervia sogar 55 cm. An vielen Orten herrschte zudem leichter Dauerfrost wie in
Venedig mit -1°C oder Piacenza mit -2°C. Auf den Bergen oberhalb von 500 bis
800 m hatte sich eine hohe Schneedecke mit teils über 100 cm Höhe gebildet.
In
der Nacht zum 11.02. verlagerte sich der Wirbel mit seinem Zentrum bis nahe der
italienischen Stadt Pescara. Von dort verlief eine kurze rückläufige Okklusion
bis knapp westlich von Rom. Eine Warmfront zog sich vom Kern geradlinig entlang
der Adria und der Westküste Griechenlands bis westlich von Kreta. Vom Kern
verlief ebenfalls eine Kaltfront, die sich hingegen bogenförmig über Süditalien
und Sizilien, über Nordtunesien, Algier und wieder über das Mittelmeer hinweg
bis südlich von der spanischen Stadt Valencia erstreckte. In den Balkanstaaten
kam es mit der herannahenden Warmfront etwas südlich der Region, die bereits
Anfang Februar von den schwersten Schneefällen seit Aufzeichnungsbeginn
betroffen waren, erneut zu extremen Starkschneefällen. Allein in den
Nachtstunden vom 10. auf den 11.02. fiel in Niksic in Montenegro eine
Wassermenge von 50 l/m² als Schnee. Am Morgen wurde dort eine Schneehöhe von 82
cm gemessen, nachdem dort am Vortag noch gar kein Schnee lag. Auch aus der
Hauptstadt Montenegros Podgorica wurden 52 cm Neuschnee gemeldet. Eine
Gesamtschneehöhe von 94 cm registrierte Kukes in Albanien, im bosnischen Mostar
wurden 70 cm registriert.
Auch
am 12.02. hielten in dieser Region durch die fast stationäre Zyklone LUCINA die
starken Schneefälle weiter an. Auf der Südostseite des Zentrums strömte labil
geschichtete und deutlich mildere Meeresluft nach Griechenland. Athen
verzeichnete dadurch eine Höchsttemperatur von 13°C, Heraklion 17°C.
Gleichzeitig traten auch Schauer und Gewitter auf, die beispielsweise auf Korfu
30 l/m² innerhalb von 24 Stunden brachten, in Luga auf Malta waren es
15 l/m².
In
den folgenden Tagen verlagerte sich das Tief LUCINA von Griechenland über die
Ägäis zum Schwarzen Meer und konnte sich dabei sogar noch auf einen Kerndruck
von 1005 hPa verstärken. In Korfu fielen erneut große Regenmengen von 44 l/m² innerhalb
von 24 Stunden. Dagegen erhöhte sich die Schneedecke in Niksic durch weitere
Schneefälle auf 108 cm, in Belgrad auf 52 cm. Dennoch konnte sich das Tief
LUCINA nicht gegen das über Westsibirien liegende kräftige Hoch DIETER
durchsetzen. Es schwächte sich stark ab und löste sich schließlich auf, sodass
es am 15.02. zum letzten Mal über der Ukraine auf der Berliner Wetterkarte
analysierbar war.
Geschrieben am 07.04.2012 von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 09.02.2012
Pate: Lucina Kothe-Zimmermann