Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet LUIS

(getauft am 10.11.2013)

 

In der ersten Novemberdekade 2013 verlagerte sich in einer Höhe von 5,5 km ein Trog, d.h. ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden, vom Atlantik her ostwärts in Richtung Mitteleuropa. Im Bereich dieses Troges bildete sich in der Nacht zum 10.11.2013 entlang einer Wellenstörung im Bodenniveau ein Tiefdruckgebiet über dem Ärmelkanal, welches um 01 Uhr MEZ dieses Tages mit seinem Zentrum über dem Norden Frankreichs lag und einen Kerndruck von ca. 1005 hPa aufwies. Dieses Wellentief wurde noch am selben Tag auf den Namen LUIS getauft.

Vom Zentrum des Tiefs aus verlief einerseits eine Warmfront nach Südosten, die über den Westen Frankreichs sowie die westlichen Pyrenäen bis Zentralspanien reichte und andererseits eine nach Westen verlaufende bogenförmige Kaltfront, welche rund 200 km südlich von Irland in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über dem Nordatlantik überging. Mit dem Wirbel LUIS ging ein Niederschlagsgebiet einher, das auch auf Südwestdeutschland übergriff und in den mittleren und höheren Lagen für Schneefall sorgte. So nahm die Schneedecke auf dem Feldberg innerhalb von 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ um 13 cm zu. In Freudenstadt erhöhte sie sich gleichzeitig um 4 cm. Auch durch den Einfluss von Warm- und Kaltfront kam es vor allem in Frankreich zu Niederschlägen. So fielen bis  07 Uhr MEZ in Toulouse 7 l/m², in Brest 13 l/m² und in Bordeaux 14 l/m² Regen.

Bis zum 11.11. verlagerte sich die Trogspitze mit einem ausgeprägten Höhenwirbel nach Südosten. Diesem folgend zog auch das zugehörige Bodentief LUIS südostwärts und lag mit seinem Zentrum um 01 Uhr MEZ über der italienischen Hauptstadt Rom. Der Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 1000 hPa. Vom Kern der Zyklone ging eine bogenförmige Okklusionsfront aus, welche sich am sogenannten Okklusionspunkt über der nördlichen Adria in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Eine Okklusion beschreibt einen Frontentyp, welcher Warm- sowie Kaltfronteigenschaften besitzt. Die Warmfront erstreckte sich dabei bis nach Westserbien, wogegen die Kaltfront in einem Bogen über den Süden Italiens, das Tyrrhenischen Meer, die Balearen und den Nordosten Spaniens verlief bevor sie über der Biskaya in die Warmfront eines anderen Wirbels westlich von Island überging. Die Ausläufer des Tiefs LUIS beeinflussten auch an diesem Tag mit ihren dazugehörigen Wolkenformationen Teile Süddeutschlands. Dadurch wurden verbreitet  24-stündige Niederschlagsmengen von mehr als 10 l/m² registriert. Das Maximum wurde dabei auf dem Feldberg mit 32 l/m² gemessen. Auch in Oberstdorf und Freiburg fielen mit 27 bzw. 25 l/m² beachtliche Niederschlagsmengen. Über dem Mittelmeerraum dominierten hingegen größere konvektive Wolkenformationen, die stake Schauer- und Gewitteraktivitäten bedingten. So wurden vor allem an der Westküste Italiens und der Adriaküste Kroatiens in der Nacht und am Morgen dieses Tages Gewitter gemeldet. Außerdem kam es lokal zu sehr unterschiedlichen Niederschlagsmengen. Während viele Stationen nur geringe Mengen meldeten, fielen in Dubrovnik 71 l/m² innerhalb von 12 Stunden. In Kelibia bei Tunis und in Tripolis wurden innerhalb von 24 Stunden immerhin noch Regenmengen von 23 bzw. 25 l/m² registriert. Die Schauer und Gewitter reichten auch bis nach Griechenland, wodurch in Athen 4 l/m² zusammenkamen.

Im Laufe des Tages dehnte sich der Höhentrog weit nach Süden über das zentrale Mittelmeer aus, woraufhin sich der südliche Teile des Troges von der Höhenströmung abspaltete und ein eigenständiges, abgeschlossenes Höhentief bildete, welches am 12.11. um 01 Uhr MEZ nordwestlich von Sizilien lag. Das zugehörige Bodentief LUIS befand sich mit seinem Zentrum und einem Druck von ca. 1000 hPa fast direkt unterhalb des Höhenwirbels und verlagerte sich somit im Gegensatz zum Vortag nur wenig nach Süden. Nordwestlich des Kerns ging eine mehrere Tausend Kilometer lange Warmfront nach Nordosten aus, welche über Zentralitalien, Kroatien, Rumänien und der Ukraine verlief, bis sie sich südlich von Moskau mit der Kaltfront des Tiefs KAY verband. Vom selben Punkt nordwestlich des Kerns aus erstreckte sich außerdem eine bogenförmige Kaltfront über den Golf von Tarent, das Ionische Meer bis Libyen und weiter nach Ostalgerien. Durch den Einfluss von Warm- und Kaltfront kam es in Italien und an der Adriaküste zu lokal sehr unterschiedlichen Niederschlagsmengen. So fielen innerhalb von 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Rom 4 l/m² und in Catania 5 l/m², während in Dubrovnik 28 l/m² registriert wurden. Auch in Luqa auf Malta wurde mit 18 l/m² eine nennenswerte Niederschlagsmenge gemessen. Am 13.11. befand sich das Zentrum des Tiefs LUIS mit einem abgeschwächten Druck von knapp unter 1010 hPa östlich von Tunis über dem südlichen Mittelmeer. Vom Zentrum ging eine Höhenokklusion nach Nordwesten aus, welche bogenförmig über das italienische Festland reichte und auf Breite von Rom über der italienischen Adriaküste in die Warmfront eines anderen Frontensystems überging. Eine Höhenfront ist eine Luftmassengrenze, deren Eigenschaften nur in der Höhe und nicht am Boden analysiert werden können. In Rom fielen bis 07 Uhr MEZ abermals 4 l/m² innerhalb von 24 Stunden. Im Einflussbereich der Zyklone in Zentral- und Süditalien wurden dabei Temperaturen von bis zu 20°C erreicht. Im weiteren Verlauf schwächte sich der Höhenwirbel über dem Süden Italiens weiter ab. So auch das zugehörige Bodentief LUIS, welches am 14.11. um 01 Uhr MEZ nur noch einen Kerndruck von rund 1011 hPa aufweisen konnte. Nordwestlich des Zentrums ging eine bogenförmige Okklusion nach Nordosten aus, die über Athen den Charakter einer Kaltfront annahm und über den Osten Libyens bis weit über den Norden Afrikas reichte. Dabei kam es vor allem in Griechenland nochmals vereinzelt zu ergiebigen Regenfällen. So fielen bis 07 Uhr MEZ dieses Tages 14 l/m² auf Korfu und 32 l/m² in Athen.

Dies war gleichzeitig der letzte Tag, an dem der Wirbel LUIS auf der Berliner Wetterkarte erschien. Durch seine stetige Abschwächung im Laufe des 14.11. konnte er am darauffolgenden Tag nicht weiter als eigenständiges Tiefdruckgebiet analysiert werden.

 


Geschrieben am 14.12.2013 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 10.11.2013

Pate: Luis Fetzer