Lebensgeschichte


Tiefdruckgebiet LUKAS

(getauft am 03.02.2011)


Über dem Nordatlantik entwickelte sich etwa seit dem 01.02.2011 eine sehr starke Frontalzone. Am 03.02.2011 betrugen die Temperaturunterschiede zwischen dem Gebiet südwestlich von Grönland mit -52°C und dem Süden Neufundlands mit -20°C über 30K. Solche hohen Temperaturdifferenzen sind meist die Ursache für die Entwicklung kräftiger Orkanzyklonen.

Entsprechend lag am 03.02.2011 um 00 UTC (01 Uhr MEZ) über dem mittleren Nordatlantik, unter dem Ausgang eines außerordentlich kräftigen Höhenströmungsdeltas, eine frontale Welle mit einem Kerndruck von knapp unter 1000 hPa, die auf den Namen LUKAS getauft wurde. Um 06 UTC meldete eine Boje in der Nähe des Tiefkerns einen extremen Luftdruckfall von 25,5 hPa innerhalb von 3 Stunden. Bis zum Abend kam es über dem Nordatlantik zu einer eindrucksvollen Zyklogenese. Aus dem Tief LUKAS entwickelte sich ein Orkantief, das zu diesem Zeitpunkt mit seinem Kern südwestlich der Färöer Inseln lag und einen Kerndruck von etwa 955 hPa aufwies. Innerhalb von 18 Stunden fiel der Luftdruck im Kern um mehr als 40 hPa. Solche enormen Vertiefungen sind auch im Winterhalbjahr eher selten zu beobachten. Am Folgetag um 15 UTC meldete ein Schiff mit Standort zwischen Nordschottland und Island einen 3-stündigen Luftdruckfall von 24,5 hPa. Die wohl stärkste Luftdruckfalltendenz, die je in Europa beobachtet wurde, wurde mit dem Durchzug des Orkanwirbels LOTHAR am 26.12.1999 in Caen (Frankreich) aufgezeichnet mit einem 3-stündigen Fall von 27,7 hPa.

Das Orkanfeld des am 04.02.2011 um 00 UTC über den Färöer Inseln gelegenen Tiefs LUKAS streifte vor allem Schottland. An der Nordküste in Altnaharra wurden Böen von 74 kn gemessen, auf dem 1245 m hohen Cairngorm Summit gab es Böen bis 91 kn. Etwas später meldete Lerwick auf den Shetland-Inseln einen Mittelwind von 55 kn und maximale Böen von 81 kn. Der Kerndruck betrug derzeit etwas mehr als 950 hPa. Die Okklusion, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, erstreckte sich vom Kern zunächst gen Norden, bevor sie auf der Breite Trondheims in einem Bogen nach Süden bis zur zentralen Nordsee führte und sich aufspaltete. Die Warmfront des Tiefs LUKAS verlief von diesem Punkt südwestwärts bis zur Bretagne. Seine Kaltfront erstreckte sich von der zentralen Nordsee über Südengland bis nach Südirland.

In den Nachtstunden des 04.02.2011 näherten sich die Ausläufer des Orkantiefs LUKAS Deutschland. Dabei setzte in Norddeutschland Regen ein, wobei in     St. Peter-Ording zum Beispiel 8 l/m² fielen. Der Luftdruckgradient verstärkte sich deutlich, sodass verbreitet stürmische Böen auftraten. Auf dem Brocken wurden auch Orkanböen gemessen.

Im Verlaufe des 04.02.2011 teilte sich das Tief LUKAS. Der Hauptwirbel LUKAS I blieb über dem Europäischen Nordmeer liegen und wies einen Kerndruck von etwa 965 hPa auf, während sich an seiner über Norwegen und Schweden ostwärts verlaufenen Okklusion über Südfinnland das Teiltief LUKAS II mit einem Kerndruck von etwa 985 hPa bildete. Ausgehend von LUKAS II erstreckte sich eine Okklusion entlang der baltischen Ostgrenze, die sich Nahe des Dreiländerecks Litauen, Weissrussland, Polen in eine Warmfront, sowie eine kurze Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief über Warschau bis nach Prag, die Kaltfront verlief hingegen über Kaliningrad, wo sie in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs MARC überging.  Die Temperatur erreichte an diesem Tag in den meisten Teilen Deutschlands Maxima zwischen 6°C und 9°C und sank in der darauffolgenden Nacht nur im äußersten Süden und Südosten Baden-Württembergs und Bayerns auf Werte unter den Gefrierpunkt. In den übrigen Bundesländern dagegen ging die Temperatur nachts wenig oder gar nicht zurück, sondern stieg mit der Zufuhr der subtropischen Meeresluft auf der Rückseite der Tiefausläufer der Zyklone LUKAS II stetig an. Diese Subtropikluft sorgte auch dafür, dass um 12 UTC des 05.02.2011 im gesamten Norddeutschen Tiefland die 10°C-Marke überschritten wurde. In Berlin-Dahlem wurden 10,5°C erreicht, in Hannover 10,8°C und in Oldenburg 11,5°C.

Das zu diesem Zeitpunkt vor der Westküste Zentralnorwegens gelegene Teiltief LUKAS I schwächte sich nun ab und löste sich bis zum Folgetag auf. Das Teiltief LUKAS II verlagerte sich an diesem Tag leicht ostwärts und befand sich am Morgen des 06.02.2011 über Nordwestrussland zwischen St. Petersburg und Moskau. Ausgehend von Zentrum erstreckte sich in Nordwestliche Richtung über Südfinnland, Mittelschweden und -norwegen eine Front, die in der Höhe Okklusionscharakter, am Boden aber Kaltfrontcharakter aufwies. Dies führte bei ihrem Durchgang nahe Helsinki zu Temperatursenkungen um etwa 4K. Zudem erstreckte sich eine kurze Kaltfront in einem Bogen nach Nordosten. Südlich der russischen Stadt Archangelsk spaltete sich diese in eine nach Osten verlaufende Warmfront und eine in einem Bogen nach Süden und Südwesten verlaufende Okklusion, die Nahe des Schwarzen Meeres in die Okklusion des nachfolgenden Tiefs MARC überging. Im Warmsektor wurden bei nächtlichen Temperaturen um -10°C Schneeschauer gemeldet. Westlich der Okklusion trat nur noch vereinzelt Niederschlag auf und die Temperaturen lagen bei milden -2°C.

Das Tief LUKAS verlagerte sich im Tagesverlauf unter Abschwächung weiter ostwärts bis nach Zentralrussland und war am 07.02.2010 nicht mehr im Analysebereich der Berliner Wetterkarte.

 

 

Geschrieben am 12.02.2011 von Jasmin Krummel

Berliner Wetterkarte: 04.02.2011

Pate: Lukas Zeller