Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet LYA

(getauft am 24.09.2010)

 


Im Laufe des 24.09. bildete sich über Südfrankreich aus der Kaltfront von Tief KATHREIN eine neue Zyklone, welche noch am gleichen Tag auf den Namen LYA getauft wurde. Die Höhenwetterlage sah zu diesem Zeitpunkt so aus, dass LYA genau in dem Scheitelpunkt eines Kaltlufttroges entstand, der sich von Skandinavien bis nach Korsika erstreckte. Auf der Westseite gelangte so maritime Arktikluft bis in den Norden Frankreichs, auf der Ostseite im Gegensatz dazu Subtropikluft aus dem Mittelmeerraum über den Osten Deutschlands bis nach Schweden. Neben den ersten ergiebigen Niederschlägen in Norditalien (Mailand 33 l/m², Bozen 36 l/m²) fielen auch an der afrikanischen Mittelmeerküste (Tunis 21 l/m², Tripolis 39 l/m²) größere Niederschlagsmengen innerhalb eines Tages.

Aufgrund der vorhergesagten Zugbahn entwickelte sich LYA zu einem sogenannten Genuatief. Hierbei handelt es sich um ein Tief, welches von West nach Ost über Norditalien hinwegzieht und dabei auf seiner Ostseite warme und sehr feuchte Luft von der Adria von Süden gegen die Alpen drückt, sowie um die Alpen herum zu den Karpaten und dem Erzgebirge führt. Diese Wetterlage bringt in diesen Regionen häufig Stauniederschläge mit anschließender Hochwassergefahr, da dort viele Flüsse entspringen.

Am 25.09. lag das Zentrum von LYA mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa über Slowenien. Die Hauptniederschläge fielen an diesem Tag an der kroatischen Adriaküste (Dubrovnik 101 l/m², Rijeka 60 l/m²) und in den schweizer Alpen mit verbreitet über 50 l/m² innerhalb von 24 Stunden. In Deutschland zogen die ersten intensiven Niederschlagsgebiete in der folgenden Nacht auf und brachten in einem Streifen vom Erzgebirge bis nach Schleswig-Holstein etwa 10-20 l/m², im Erzgebirge selbst sogar bis 40 l/m² innerhalb von nur 12 Stunden. In diesem Bereich wurde am Boden kalte von warmer Luft getrennt. Östlich davon blieben die Tiefstwerte zweistellig, während sie im Westen Deutschlands verbreitet auf 6 bis 2°C zurückgingen. Diese Temperaturgegensätze wurden im Verlaufe des 26.09. noch deutlicher. Die Höchsttemperatur stieg beispielsweise in Angermünde auf 20°C, in Chemnitz und Hannover erreichte sie nur 10°C. Die Sonne hatte darauf keinen direkten Einfluss, da sie in den genannten Städten kaum oder gar nicht schien.

Das breite und intensive Niederschlagsgebiet kam nur sehr langsam nach Westen voran, es nahm dafür aber in der Breite zu und brachte so in dem Gebiet von der deutschen Nordseeküste (Bremerhafen 28 l/m²) über Berlin (Dahlem 29,8 l/m²) bis zum Erzgebirge (bis zu 33 l/m²) erneut häufig um 25, vereinzelt auch wieder bis 50 l/m².

Da das Zentrum von LYA nach Polen zog, ließen die Starkniederschläge über der westlichen Balkanhalbinsel mit Mengen um 10 l/m² schon deutlich nach. Mit dieser Verlagerung riss auch der Nachschub der feuchtwarmen Luftmassen ab. Die noch insbesondere über der Mitte Deutschlands vorhandene feuchte Luft führte am 27.09. zu weiteren Stauniederschlägen. Neben dem Thüringer Wald und dem Harz war wiederum das Erzgebirge betroffen, sodass sich die Hochwassersituation an Elbe und Spree weiter zuspitzte. Im Süden Brandenburgs und Thüringen fielen nochmals verbreitet 40-50 l/m², die höchste Menge wurde aber vom Brocken mit 64 l/m² innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Die Höchsttemperaturen unterschieden sich mit 11 bis 15°C aber kaum noch voneinander, nur unter den dichten Regenwolken blieben sie einstellig.

Während sich Vorgängertief KATHREIN über den Benelux-Staaten auflöste, erreichte das Zentrum von LYA unter langsamer Abschwächung Weißrussland. Grund dafür war der sich langsam erwärmende und dadurch ebenfalls abschwächende Kaltluftbereich in der Höhe über Mitteleuropa. Dementsprechend fiel in Deutschland nur noch wenig Niederschlag, im Nordwesten Deutschlands blieb es sogar ganz trocken. Hier zeigte sich schon durch das von Norden her immer mehr an Einfluss gewinnende Hoch MARCEL die erwartete Wetterberuhigung.

Am 28.09. erreichte LYA den Westen Russlands. Ihre lang gezogene Kaltfront reichte hierbei vom südlichen Ural über das Schwarze Meer bis nach Griechenland, sodass ihr neben den gemeldeten 12 l/m² aus Sofia auch die 63 l/m² innerhalb von 24 Stunden aus Rhodos zuzuschreiben sind. Gleichzeitig war ihre Okklusionsfront, welche sich vom Ural bis zu den Alpen erstreckte, nur noch in der Höhe ausgeprägt. Nennenswerte Niederschlagsmengen wurden in diesem Bereich nicht mehr registriert.

Tief LYA überquerte in der Nacht zum 30.09. dann den Ural nach Nordosten. Zu diesem Zeitpunkt ging der Niederschlag z.B. in Perm (westlich des Urals) von Regen in Schnee über. Auch am Tage mischten sich bei einer Höchsttemperatur von 3,6°C immer wieder Flocken unter die Regentropfen. Innerhalb von 24 Stunden kamen so etwa 6 l/m² zusammen.

Bis zum 02.10. erschien LYA noch auf der Berliner Wetterkarte, hatte aber keinen Einfluss mehr auf das europäische Wettergeschehen. Sie erreichte damit eine recht lange Lebensdauer von 9 Tagen.

 


Geschrieben am 12.11.2010 von Janin Ober

Wetterkarte: 27.09.2010

Pate: Ruth und Walter Rüegg