Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet MARIA

(getauft am 05.04.2014)

 

Am 5. April 2014 wurde ein Tiefdruckgebiet über dem westlichen Nordatlantik auf den Namen MARIA getauft. Es entstand als Wellentief an einer Luftmassengrenze zwischen verhältnismäßig kalter Luft im Norden und wärmerer Luft im Süden, wobei das Tiefdruckzentrum mit einem Kerndruck von knapp unter 1000 hPa etwa 500 Kilometer nordwestlich der Azoren lag. Vom Tiefdruckzentrum erstreckten sich eine Warmfront nach Nordosten und eine Kaltfront nach Südwesten.

Bis zum Morgen des 6. April verlagerte sich das Tiefdruckgebiet MARIA mit einer zonalen Strömung in ca. 5,5 km Höhe über die Azoren hinweg. An der Wetterstation Lajes auf den Azoren kamen dabei innerhalb von 24 Stunden 12 Liter Niederschlag pro Quadratmeter zusammen. Vom Kern des Wirbels MARIA nordöstlich der Azoren zog sich eine Okklusionsfront, also eine sogenannte Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, über die Inselgruppe und mehr als 1000 km darüber hinaus auf den Atlantik. Außerdem erstreckte sich vom Tiefdruckkern ausgehend eine bogenförmige Kaltfront zunächst nach Südosten, um auf halber Strecke zwischen den Azoren und Madeira auf westliche Richtungen umzuschwenken und bis außerhalb des Analysegebietes der Berliner Wetterkarte zu reichen. Schließlich ging noch eine Warmfront vom Kern des Tiefs MARIA nach Nordosten aus, die etwa 800 km nordwestlich der Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel in eine Kaltfront überging, welche zu einem unbenannten weiteren Randtief westlich von Irland gehörte.

Im Zusammenhang mit diesem Randtief brachte der Wirbel MARIA bis zum Morgen des 7. April in der englischen Hauptstadt London 3 l/m² und im südenglischen Bournemouth 9 l/m² Niederschlag. Das Tief MARIA war zu dieser Zeit in eine sehr komplexe Tiefdruckzone integriert, die am südlichen Rand des unbenannten Islandtiefs lag. Vom Kern ca. 300 km westnordwestlich der Westspitze der Bretagne verlief an diesem Tag zum Einen eine Kaltfront nach Südwesten bis östlich der Azoren, zum Anderen zog sich eine Warmfront in nordöstlicher Richtung über den Süden Englands bis zur Nordsee, um dort in eine Kaltfront des Islandtiefs überzugehen.

Zunehmend machte sich das durch die Tiefdrucktätigkeit verursachte wechselhafte Wetter auch auf dem Festland bemerkbar. So kamen bis zum Morgen des 8. April im niederländischen Amsterdam 20 l/m² und im belgischen Ostende 23 l/m² Niederschlag zusammen. Das Tief MARIA hatte nun, bei einem Kerndruck von knapp 995 hPa, mit seinem Zentrum die nordöstliche Nordsee erreicht. In südöstlicher Richtung zog sich von dort eine Warmfront über Südschweden bis über den Nordosten Polens, wo die Verbindung zu der Kaltfront eines unbenannten Tiefs mit Kern über Lettland bestand. Vom Zentrum der Zyklone MARIA ausgehend, verlief außerdem eine Kaltfront nach Süden über die Nordsee, die Benelux-Länder und den Osten Frankreichs bis an den Rand der Westalpen, ehe sie nach Südwesten reichend den nördlichen Teil der Iberischen Halbinsel überquerte und westlich von Lissabon in eine Warmfront überging, die zu einem unbenannten Tief westlich von Madeira gehörte. Östlich der Kaltfront bildete sich eine vorlaufende Konvergenzlinie zwischen der Deutschen Bucht und Baden-Württemberg. In diesem Bereich strömten besonders intensiv Luftmassen zusammen und stiegen daraufhin auf. Diese Konvergenz brachte, wie auch die Kaltfront, einen deutlichen Temperaturrückgang. Während im brandenburgischen Cottbus vor der Konvergenzlinie und der Kaltfront die Temperatur auf 22°C steigen konnte, war es mit 10°C auf Borkum und 8°C in der Eifel deutlich kühler. Auch brachten die Konvergenzlinie und die Kaltfront teils kräftige und gewittrige Schauer in Mitteleuropa und den angrenzenden Regionen.

Bis zum Morgen des 9. April fielen so beispielsweise im südnorwegischen Melsom sowie in Mönichkirchen in der österreichischen Steiermark jeweils 42 l/m², im oberbayerischen Ruhpolding waren es 20 l/m² und an der Wetterstation Le Chatelard bei Finhaut im Schweizer Kanton Wallis kamen 28 l/m² zusammen. Die 24-stündigen Spitzenböen bis zum Morgen des 9. April zeigen außerdem, dass der Wind in Deutschland in Frontnähe und auf der Rückseite der Kaltfront aufgrund eines starken Gradienten zwischen dem Tiefdruckzentrum und der Umgebung in Spitzen oft Sturmstärke erreichte. In exponierten Küstenlagen sowie im höheren Bergland kam es stellenweise zu schweren Sturmböen der Stärke 10, vereinzelt wurden an der Ostsee sogar orkanartige Böen der Stärke 11 registriert. Mittlerweile setzte sich das Tief MARIA aus zwei Kernen zusammen, die durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden waren. Das Teiltief MARIA I lag mit ungefähr 1000 hPa westlich der mittleren norwegischen Küste etwa auf der Breite des Polarkreises, während sich das Teiltief MARIA II mit knapp 1005 hPa über Südschweden und der mittleren Ostsee befand. Beide Teiltiefs beeinflussten den Norden und Osten Europas mit Wolken, Wind und Niederschlägen, wobei sich die Okklusionsfronten des Tiefdrucksystems MARIA von Jan Mayen über Südskandinavien, die Ostsee und Litauen erstreckten. Nahe dem litauisch-weißrussischen Grenzgebiet spalteten sich eine kurze bis nahe Kiew reichende Warmfront und eine nach Südwesten verlaufende Kaltfront ab, die bis knapp nordwestlich von Belgrad reichte. Im oberfränkischen Hof wurde bei überwiegend starker Bewölkung an diesem Tag lediglich eine Höchsttemperatur von 8°C erreicht. Tagsüber kam es im Norden und Osten Deutschlands vielerorts zu Böen der Stärke 7 bis 8, wobei ab Mittag zwischen Ostsee und Erzgebirge an einigen Wetterstationen sogar Sturmböen der Stärke 9 gemessen wurden.

Bis zum Morgen des 10. April summierte sich der Niederschlag an der bei Frankfurt an der Oder gelegenen Wetterstation Manschnow innerhalb von 24 Stunden auf 10 l/m², und im polnischen Zielona Gora waren es im gleichen Zeitraum 16 l/m². Das Teiltief MARIA II befand sich mittlerweile über dem nördlichen Polen und der angrenzenden Ostseeregion, während das Teiltief MARIA I mittig zwischen Jan Mayen, Spitzbergen und dem Nordkap lag. Beide Zentren waren nach wie vor durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden. Zusätzlich ging vom Teiltief MARIA I eine Okklusionsfront nach Südwesten bis nach Island aus. Eine weitere Okklusionsfront schloss sich in östlicher Richtung an das Teiltief MARIA II an und reichte bis zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet über Kiew.

Auf Jan Mayen fielen durch den Einfluss des Wirbels MARIA I bis zum Morgen des 11. April 4 l/m² Niederschlag. In der rumänischen Hauptstadt Bukarest gab es dagegen aufgrund des Tiefs MARIA II mit 21 l/m² im gleichen Zeitraum deutlich höhere Niederschlagsmengen. Mittlerweile war das Teiltief MARIA I zwischen Spitzbergen und der nordrussischen Doppelinsel Nowaja Semlja mit einem Kerndruck von etwas unter 990 hPa angekommen. Von dort zog sich eine bogenförmige Okklusionsfront nach Osten und bis zur nordrussischen Kola-Halbinsel. Diese Okklusionsfront war in erster Linie in höheren Luftschichten wetteraktiv. Das Teiltief MARIA II befand sich mittlerweise, durch ein unbenanntes Hochdruckgebiet über dem zentralen Teil des europäischen Russlands vom Teiltief MARIA I getrennt, mit einem Kerndruck von knapp 1015 hPa über dem östlichen Rumänien. Von dort ging zum Einen eine Warmfront in östlicher Richtung aus, die über die Krim bis über das südliche Russland nördlich des Kaukasus verlief. Zum Anderen führte eine Kaltfront vom Tiefdruckzentrum nach Süden über das westliche Schwarze Meer und die westliche Türkei, um dann über Kreta bis vor die libysche Küste zu reichen. Das Teiltief MARIA II beeinflusste mit seinen Fronten die Schwarzmeerregion und die Gebiete rund um die Ägäis.

In der moldawischen Hauptstadt Kischinew fielen bis zum Morgen des Folgetages 18 l/m², ähnlich viel wie in der türkischen Hauptstadt Ankara, wo die Niederschlagssumme 17 l/m² betrug. Mittlerweile gab es ein einziges Tiefdruckgebiet namens MARIA mit Zentrum über den östlichen Karpaten, in dessen Kern der Luftdruck bei etwas unter 1015 hPa lag, da der nördliche Kern bis außerhalb des Analysegebietes der Berliner Wetterkarte gezogen war.

Die bulgarische Küstenstadt Varna befand sich mit 7 l/m² bis zum Morgen des Folgetages im Bereich der höchsten Niederschlagsmengen. Am 13. April war das Tiefdruckgebiet MARIA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte über dem östlichen Schwarzen Meer zu erkennen. Es brachte vor allem der östlichen Schwarzmeerregion gebietsweise Schauer und Gewitter und zog ebenfalls außerhalb des Darstellungsbereichs der Berliner Wetterkarte und konnte daher nicht weiter analysiert werden.

 


Geschrieben am 22.06.2014 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 08.04.2014

Pate: Maria Klausner