Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet MARIO
(getauft am 21.11.2019)
Die Vergabe
von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner
Wetterkarte nur für solche Druckgebilde durchgeführt, welche einen Einfluss auf
die Großwetterlage in Europa haben. Am 21.11.2019 befand sich ein noch
unbenanntes Tiefdruckgebiet mit einem fortgeschrittenen Frontensystem etwa 1000
km südlich von Neufundland über dem westlichen Nordatlantik. Der Wirbel lag
direkt in der stark ausgeprägten Westwinddrift, welche in der 500 hPa-Karte
ersichtlich war. In dieser ist der Abstand zwischen den Isobaren an der Stelle
besonders eng, was auf hohe Windgeschwindigkeiten aus westlicher Richtung
hindeutet. Deshalb wurde analysiert, dass sich der Wirbel bis zum europäischen
Festland verlagern würde. Deswegen wurde die Zyklone auf der Vorhersagekarte vom
21.11.2019 auf den Namen MARIO getauft. Erstmals wurde das Tiefdruckgebiet
MARIO auf der Analysekarte vom 22.11. um 01 Uhr MEZ erwähnt.
Die Zyklone MARIO
lag an diesem Tag südöstlich von Neufundland mit einem Druck im Kern, dem Punkt
wo der Druck am niedrigsten ist, von unter 990 hPa. Das Tiefdruckgebiet MARIO
war in seiner Entwicklung bereits soweit fortgeschritten, dass eine Okklusionsfront
ausgeprägt war. Hierbei handelt es sich um den Prozess, bei dem sich eine
Mischfront bildet, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront
entsteht und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Die
schnellerziehende Kaltfront holt die vorlaufende Warmfront ein und hebt diese,
auf Grund der höheren Dichte von kalter Luft, an. Warm- und Kaltfront
bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten
Luftmassen. Die Okklusionsfront erstreckte sich ca. 1500 km nach Südosten, wo
sie sich am Okklusionspunkt in eine Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die
Warmfront war nach Südosten gerichtet und über dem zentralen Nordatlantik in die
Kaltfront von Tiefdruckkomplex LUIS übergegangen, welcher mit seinem Kern
westlich der Biskaya zu verorten war. Die Kaltfront verlief südwestlich, welche
zwischenzeitlich den Charakter einer Warmfront annahm.
Am folgenden
Tag hatte sich das Tiefdruckgebiet MARIO bis rund 1000 km östlich von
Neufundland verlagert und seinen Kerndruck nur minimal auf knapp über 985 hPa
erhöht. Weiterhin hatte die Tiefdruckzone MARIO noch keinen Einfluss auf die
Wetterzustände in Europa. Die Fronten der Zyklone MARIO waren ähnlich wie am
Vortag gelegen. Die Warmfront verlief nun etwas südlicher, ging aber weiterhin
in die Kaltfront des Tiefdruckgebietes LUIS, welches zu diesem Zeitpunkt
bereits über der Biskaya lag, über.
Zum
Tagesanbruch des 24.11. war die Zyklone MARIO gut 1200 km westlich von Irland
verortet und hatte sich somit im Vergleich zum Vortag um 1500 km nach Osten
fortbewegt. Bereits am Vormittag erreichten die ersten Ausläufer der
Okklusionsfront die Britischen Inseln. Am Abend traf diese Front dann auf die
Iberische Halbinsel. Auf den Färöern Inseln in der Stadt Tórshavn wurden 27,7
l/m² innerhalb von 24 Stunden gemessen. Im Norden Schottlands wurden in Lerwick 16,6 l/m² und in Baltasound
14,6 l/m² registriert. Zudem regnetes es im Südwesten Englands zeitweise wie beispielsweise
in St.Mary/Scilly mit 11,2
l/m². Der advektive Niederschlag wurde aus Nimbostratus Wolken generiert,
welche oftmals bei Landregen auftritt. Der Wind verhielt sich auffällig ruhig,
dass lediglich in den frühen Morgenstunden des 24.11. einige Windböen der
Stärke 7 bis 8 auf der Beaufort-Skala auf dem Cairnwell
in Schottland gemessen wurden. Mit dem Frontdurchgang herrschte eine angenehm
milde Luftströmung mit vielerorts zweistelligen Höchsttemperaturen wie beispielsweise
in London mit einem Höchstwert von 11,4 °C. Im Nordwesten Spaniens, in der Nähe
der Grenze zu Portugal, gab es über einige Stunden zwischen 17 und 21 Uhr MEZ
insgesamt 35 l/m². Über den gesamten Tag fielen aufsummiert 60 l/m². Ähnlich
war es in Casas Do Porto mit 53,8 l/m². Außerdem wehte der Wind an der im
Norden gelegenen Stelle Spaniens mit 93 km/h um 98,2 km/h.
Am folgenden
Tag, dem 25.11., hatte sich der Wirbel MARIO in zwei Kerne aufgespalten, welche
durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden waren. Des Weiteren werden die
verschiedenen Kerne mittels römischer Ziffern eindeutig identifiziert. Der
erste Kern befand sich um 01 Uhr MEZ rund 1000 km westlich von Irland mit einem
Kerndruck von unter 990 hPa. Der zweite Kern lag mit selbigem Druck nur 500 km östlich
vom ersten Kern entfernt. Die Front verhielt sich zeitweise stationär über dem Vereinigten
Königreich, weshalb es dort wieder zeitweise regnete. In Aberdeen, einer Stadt
an der walisischen Westküste, wurden 19,2 l/m² registriert. Im Piemont, einer
französischen Region im Südosten, wurden an der Station Palanfre-Vernante
auf 1625 Metern 71,0 l/m² in Form von advektivem Regen gemeldet. In der Nähe in
Pontechianale waren es ebenfalls 52,4 l/m², wobei die
Regenintensität dort am späten Nachmittag schwächer wurde. Im Nordwesten
Italiens, in dem südlichen Teil der Westalpen, gab es an der Station Alagna_Miniere_Valsesia insgesamt 56,0 l/m² zu verzeichnen.
Aufgrund der warmen Strömung aus dem Südwesten stieg die Schneefallgrenze auf
über 2500 Meter an, sodass ein Großteil des Niederschlags in flüssiger Form
fiel. In Turin stieg die Maximaltemperatur auf bis zu 16,2°C an.
Am Dienstag,
dem 26.11., hatte sich der zweite Kern von Wirbel MARIO aufgelöst, sodass der
verbliebende Kern westlich von Irland lag. Die Okklusionsfront hatte sich
deutlich abgeschwächt und es war keine Kalt- sowie Warmfront mehr vorhanden,
weshalb es sich um ein vollokkludiertes Tief mit einem Druck von unter 990 hPa
handelte. Die höchsten Niederschlagssummen waren in der Nähe von London in Charlwood mit 20,2 l/m² verortet. An der Grenze zwischen
England und Schottland gab es ebenfalls 16,4 l/m² in Coningsby.
Im Tagesverlauf wurde das Tief MARIO von dem ehemaligen Hurrikan EX-SEBASTIEN
verdrängt. Gleichzeitig konnte die Zyklone MARIO nicht nach Osten weiterziehen,
weil dort das ausgedehntes Hochdruckgebiet QUINCY als blockierendes Hoch
agierte. Dies hatte zur Folge, dass es sich abschwächte und auflöste. Die
Okklusionsfront war noch etwa einen weiteren Tag zu analysieren, allerdings
wurden Niederschläge, welche durch die Front verursacht wurden, dem
nachfolgenden Tief EX-SEBASTIEN zugeschrieben.