Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet MARIO
(getauft am 31. August 2013)
Am 31. August 2013 bildete sich vor der kanadischen
Insel Neufundland ein Tiefdruckgebiet als Welle entlang einer Luftmassengrenze,
die warme Luft im Süden von kalter Luft im Norden trennte. Dieser Wirbel wurde
noch am selben Tag auf den Namen MARIO getauft und war auch in etwa 5,5 km Höhe
im sogenannten 500-hPa-Luftdruckniveau als Tiefdruckgebiet zu erkennen. Dieses
Höhentief wird auch als Kaltlufttopfen bezeichnet, weil kalte Luft gewissermaßen
aus weiter nördlich gelegenen Breiten nach Süden in einen Bereich relativ
warmer Luft hineingetropft ist.
Mit einer kräftigen westlichen Höhenströmung
bewegte sich das Bodentief MARIO bis zum Morgen des Folgetages nach Osten und
lag um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von knapp 990 hPa über dem Seegebiet
zwischen Grönland und Island. Vom Tiefdruckzentrum verlief eine Warmfront nach
Osten entlang der Südküste von Island bis östlich der Faröer-Inseln. Nördlich
davon befand sich ein weiteres Tiefdruckgebiet namens LENNART I, welches sich
mit seinem Zentrum östlich von Island befand. Eine weitere vom Kern der Zyklone
MARIO ausgehende Warmfront reichte nach Südosten bis über das Seegebiet
zwischen den Azoren und Irland. Dort ging sie in die langgestreckte Kaltfront
des über Schweden liegenden Tiefs LENNART II über. Eine dritte, vom Zentrum des
Tiefdruckgebietes MARIO ausgehende Luftmassengrenze war eine Kaltfront, die
westlich der zuletzt beschriebenen Warmfront einen Bogen nach Südwesten
beschrieb und einige Hundert Kilometer lang war, um dann in die Warmfront eines
unbenannten Tiefs südlich von Grönland überzugehen. Somit war das
Tiefdruckgebiet MARIO mit seinen Fronten in ein ganzes Tiefdrucksystem über dem
nördlichen Europa und dem Nordatlantik eingebettet, während sich südlich davon
das Hochdruckgebiet HANNAH mit Kern südwestlich von Irland befand. Zwischen den
Tiefdruckgebieten im Norden und dem Hochdruckgebiet im Süden fand eine
Ausgleichsbewegung in Form einer recht starken westlichen Strömung statt. Mit
dieser bewegten sich im Verlauf des 1. September die Fronten des Wirbels MARIO
weiter nach Osten.
Mittlerweile hatte sich das Tief MARIO mit einem
Kerndruck von etwas unter 985 hPa noch verstärkt, während sich die Position des
Tiefdruckzentrums über der Dänemarkstraße nur etwas weiter nach Nordosten
verlagert hatte. Von dort verlief eine Okklusionsfront, also eine Mischfront
mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, über Island bis an die isländische
Südostküste, wo sich am Okklusionspunkt Warm- und Kaltfront zu einer Okklusion
verbanden. Die Warmfront reichte in südöstlicher Richtung bis zur zentralen
Nordsee, die Kaltfront verlief nach Südosten bis etwa 1000 km nordwestlich der
Azoren, wo der Anschluß zu einer isolierten Warmfront über dem westlichen Nordatlantik
bestand. Zwischen der Warmfront und der Kaltfront spannte sich der sogenannte
Warmluftsektor auf, in dem es bis zum Morgen des 2. September an der
Wetterstation Thorshavn auf den Faröer-Inseln eine Niederschlagssumme von 8 l/m²
gab. Dazu wurden im Tagesverlauf in Thorshavn Spitzenböen bis 37 Knoten
erreicht, was der Windstärke 8, also stürmischem Wind, entspricht. Außerdem
brachte die Warmfront des Tiefs MARIO bis zum 03.09. um 07 Uhr MEZ in Goldberg in
Mecklenburg-Vorpommern 25 l/m² Regen.
Am 3. September bildete das Tiefdruckgebiet MARIO,
das sich weiter nach Nordosten verlagert hatte, einen Dipol. Das bedeutet, daß
es zwei Tiefdruckzentren gab, deren nördliches bei der Insel Jan Mayen über der
Grönlandsee lag, während sich das südliche Tiefdruckzentrum über der Nordküste
Islands befand. Beide Teiltiefs, die durch eine Okklusionsfront miteinander
verbunden waren, hatten einen Kerndruck von jeweils knapp 990 hPa. Die
Okklusionsfront beschrieb weiter östlich von Jan Mayen einen Bogen nach Südosten
bis Süden und erstreckte sich entlang der norwegischen Küste bis zum
Okklusionspunkt über Südnorwegen. Von dort reichte eine Warmfront über Dänemark
und den Nordosten Deutschlands bis östlich von Berlin und ging dort in die
Kaltfront des Wirbels LENNART mit Zentrum über dem Baltikum über. Vom
Okklusionspunkt über Südnorwegen erstreckte sich außerdem eine Kaltfront über
die nördliche Nordsee, die über dem Norden Schottlands Anschluss an die
Warmfront eines unbenannten Tiefs westlich von Irland hatte. Bis zum Morgen des
4. September kamen auf Jan Mayen 5 l/m² Niederschlag zusammen.
Am folgenden Tag befand sich das Tief MARIO
nördlich von Jan Mayen über der Grönlandsee und besaß
nun einen Kerndruck von etwas unter 995 hPa. Von dort verlief eine
Okklusionsfront bogenförmig zunächst in nördlicher Richtung entlang der
Ostküste Grönlands, reichte weiter in östlicher Richtung über Spitzbergen und
erstreckte sich dann nach Süden über das Nordkap und Lappland bis zum
Bottnischen Meerbusen. Mit den aus Süden herangeführten Luftmassen wurde es an
diesem Tag auf Spitzbergen mit 11°C deutlich milder als am Vortag, an welchem
noch eine Höchsttemperatur von 8°C gemessen wurde.
Am 5. September war das Tiefdruckgebiet MARIO zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen,
jedoch wies die Zyklone MARIO keine Fronten mehr auf und gliederte sich einem
unbenannten Tiefdruckgebiet in den arktischen Regionen des nordöstlichen
Grönland an.
Geschrieben
am 19.11.2013 von Heiko Wiese
Berliner
Wetterkarte: 03.09.2013
Pate:
Mario Bansleben