Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet MARITA

(getauft am 28.01.2016)

 

Die am 28.01.2016 östlich von Neufundland befindliche sehr starke Höhenströmung, welche in einer Höhe von 9 km maximale Windgeschwindigkeiten von 320 km/h erreichte, erzeugte in der unteren Atmosphäre über dem mittleren Nordatlantik eine Wellenstörung, die sich im Laufe des Tages stärker ausprägte. Die dadurch entstandene Warmfront mit nachfolgender Kaltfront bewegten sich weiter Richtung Nordosten, wobei die Warmfront am Abend die nordwestliche Küste Irlands mit maximalen Windgeschwindigkeiten von 82,9 km/h erreichte, dies entspricht Sturmböen der Stärke Beaufort 9 und wurde in Mace Head gemessen. Im weiteren Tagesverlauf wurden auf den Britischen Inseln durchschnittlich Temperaturen bis 10°C gemessen, bis anschließend wieder die Kaltfront durchzog. Im Tagesverlauf entwickelte sich aus diesem Frontensystem ein eigenständiges Tiefdruckgebiet. Da dieser Tiefdruckwirbel für Europa wetterwirksam werden sollte, wurde er in der Prognose für den Folgetag auf dem Namen MARITA getauft.

Um 00 UTC, also 01 Uhr MEZ, wies der Wirbel MARITA einen Kerndruck von etwa 970 hPa auf und lag mit dem Zentrum nordwestlich von Großbritannien auf einer Linie Irland-Island. Vom Kern ging in südöstliche Richtung eine Warmfront aus, die im Südosten Englands in eine andere Kaltfront überging. Die Kaltfront des Tiefs MARITA erstreckte sich nach Südwesten über den Nordatlantik. Im Laufe des Tages schloss sich das Tief MARITA mit einem schwächeren Randtief zusammen. Die Zyklone MARITA verstärkte sich und erreichte um etwa 18 Uhr UTC mit einem Kerndruck von unter 950 hPa den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Nördlich von Großbritannien beginnend nahm die Zuggeschwindigkeit des Wirbels MARITA stetig ab und zog über das Nordmeer bis zur Westküste Norwegens. Über der Nordsee hatte sich dabei eine Okklusion entwickelt, da ein Teil der kälteren Luftmasse der Kaltfront die Warmfront einholte und diese aufsteigen ließ. Die daraus entstandene Mischfront weist die Eigenschaft beider Frontentypen auf und wird auch als Okklusion bezeichnet. Gegen 12 Uhr UTC erreichte der südlichste Teil der Warmfront den Norden Deutschlands, wobei aber noch keine wesentlichen Niederschlagsmengen verzeichnet wurden. Trotzdem wurden aufgrund der von der Zyklone MARITA ausgehenden Warmfront z.B. in Kiel Temperaturen bis 11,5°C gemessen. In der Nähe des Tiefkerns sorgten tagsüber zudem starke Hebungsgebiete besonders im Süden Skandinaviens für starke Bewölkung mit Niederschlagssummen von bis zu 46 mm innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC, wie sie beispielsweise in der norwegischen Stadt Sauda gemessen wurde. Außerdem wurden aufgrund der starken Druckunterschiede im Westen Schwedens an der Station Blahammaren A, welche sich auf etwa 1000 Meter Höhe befindet, Windgeschwindigkeiten von maximal 111,7 km/h erreicht. Dies entspricht einem orkanartigen Wind in Beaufort der Stärke 11 und wurde gegen 21 Uhr UTC gemessen. Gegen Ende des Tages blieb das Tiefdruckgebiet MARITA westlich der norwegischen Küste, wobei sich dessen Frontensystem über die Ostsee bis zum Baltikum verlagerte.

Bis zum 30.01.2016 schwächte sich die Zyklone MARITA leicht auf einen Kerndruck von 955 hPa ab, wobei sie sich nur langsam von der West- zur Nordwestküste Norwegens verlagert hatte. Östlich vom Kern reichte eine Okklusion über Norwegen, Schweden bis zum Finnischen Meerbusen, wo sie sich in Warm-und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront erstreckte sich weiter nach Süden bis zu den Karpaten und die Kaltfront zog sich über die Ostsee bis etwa Dänemark und ging dort in eine Warmfront über. Durch die weiter anhaltenden starken Druckunterschiede wurden in der Nähe des Tiefdruckwirbels MARITA Windgeschwindigkeiten von 80 bis 100 km/h gemessen. Diese Geschwindigkeiten entsprechen einem schweren Sturm der Stärke Beaufort 10 und wurden nur noch vereinzelt durch Orkanböen bis 212,5 km/h, welche um 06 Uhr UTC im norwegischen Ort Somna-Kvaloyfjellet gemessen wurden, übertroffen. Die Gegensätze der Luftmassen vor und hinter den Fronten waren nur noch minimal, sodass sie im Baltikum, in Weißrussland und im Westen Russlands keine wesentlichen Temperaturdifferenzen und nur geringe Niederschlagsmengen brachten.

Im Laufe des 31.01.2016 verlagerte sich der Tiefdruckwirbel MARITA etwas nach Nordwesten in Richtung der Insel Jan Mayen und schwächte sich auf einen Kerndruck von 960 hPa ab. Währenddessen spaltete sich ein kleines, schwächeres Tief von der Zyklone MARITA ab. Über dem europäischen Nordmeer liegend, konnte Tief MARITA mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Somit wurden im Westen Norwegens höhere Niederschlagsmengen gemessen. Das Maximum, welches in Bulken verzeichnet wurde, lag bei 16 mm in der Zeit von 18 bis 24 Uhr UTC. Dabei fiel dieser Niederschlag sowohl als Regen als auch als Schnee. Auch durch die geringere Reibung des Meeres wurden weiterhin schwere Sturmböen bis 97,3 km/h an den norwegischen Küsten, ebenfalls an dem Ort Somna-Kvaloyfjellet, gemessen.

Bis zum 01.02.2016 verlagerte sich die Zyklone MARITA nur geringfügig nach Osten, jedoch konnten zwei Kerne analysiert werden, die jeweils einen Druck von unter 970 hPa aufwiesen. Die Okklusion der Tiefs MARITA I brachte jedoch keine wesentlichen Niederschlagsmengen mehr. Diese Okklusion des Tiefs MARITA II bei Murmansk verlief bogenförmig bis zur Insel Nowaja Semlja und trennte sich dort in Warm- und Kaltfront, die sich nach Süden bis zur Oblast Archangelsk in Nordwestrussland erstreckte. Die Warmfront verlief hingegen entlang des Urals nach Süden und verließ etwa bei Wolgograd den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte. Bis 03 Uhr UTC des Folgetages wurden dabei innerhalb von 24 Stunden 0,5 mm Niederschlag in Archangelsk, 0,6 mm in Perm und 4 mm im etwas weiter westlich gelegenen Verescagino gemessen.

Bis zum nächsten Tag konnte nur noch der Kern bei Murmansk analysiert werden, dessen Okklusion westlich entlang des Urals nach Süden reichte. Nochmals konnten 24-stündige Niederschlagsmengen von 3,6 mm in Perm und 5,3 mm in Verescagino registriert werden.

In den darauffolgenden Tagen verblieb der Karn etwa stationär und schwächte sich durch das Heranziehen der nachfolgenden Zyklone NORKYS immer weiter ab. Währenddessen konnte keine Fronten analysiert werden. Am 05.02. hatte sich der Wirbel MARITA mit einem Druck von unter 995 hPa abgeschwächt und konnte am Folgetag nicht weiter auf den Karten der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.

 

 

Geschrieben am 23.04.2016 von Florian Ruff

Berliner Wetterkarte: 30.01.2016

Pate: Marita Rauchhaupt