Lebensgeschichte

 

 Tiefdruckgebiet MARIUS

(getauft am 13.03.2021)

 

Am 13. März 2021 wurde ein Tiefdruckgebiet in der Prognosekarte für den Folgetag über der nördlichen Adria auf den Namen MARIUS getauft. Es bildete sich am 14. März erwartungsgemäß als Wellentief im Lee der Alpen an einer Kaltfront. Diese gehörte zum Tief LUIS, das über der Ostsee zwischen Dänemark, Südschweden und Mecklenburg-Vorpommern lag. Der Kerndruck des Tiefdruckgebietes MARIUS, das über dem Nordosten Italiens in der Gegend von Venedig analysiert wurde, lag bei unter 1010 hPa. Von dort verlief zum einen eine Warmfront nach Nordosten bis Osten, um ungefähr im Grenzgebiet von Österreich zu Slowenien in eine Kaltfront überzugehen, die zum Tief LUIS gehörte. Zum anderen zog sich vom Zentrum des Wirbels MARIUS eine Kaltfront nach Südwesten bis Westen und überquerte den Norden Italiens, streifte Südfrankreich und bog über der Iberischen Halbinsel nach Westnordwesten ab. Etwa 500 km westlich der Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel ging sie in eine Warmfront über, die zum Tief NIKLAS östlich der Südspitze Grönlands und westsüdwestlich von Island gehörte. In der Mittagskarte der Berliner Wetterkarte ist an deren südlichem Rand das Tiefdruckgebiet MARIUS mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa an der istrischen Westküste zu sehen. Vor, also südlich der Front, lag die Tiefsttemperatur in der Nacht zum 14. März im italienischen Bologna in recht milder Luft bei 12°C. Dagegen machte sich im gut 50 km weiter nördlich gelegenen Sermide die kältere Luft deutlich bemerkbar, denn dort sank die Temperatur auf 2°C. Morgens traten wegen des starken Luftdruckgradienten in der Nähe der Kaltfront des Tiefdruckgebietes MARIUS in Ile Rousse, im Norden der zu Frankreich gehörenden Insel Korsika, Orkanböen bis 133 km/h auf. In der Region Trentino-Südtirol bildeten sich, einerseits bedingt durch die Luftmassenunterschiede, andererseits begünstigt durch die Orographie, also das bergige Gelände, einige Gewitter. An der Warmfront des Tiefs MARIUS gab es zeitweise Niederschlag, vor allem in Slowenien und Österreich, der teils als Regen, teils als Schnee fiel. Vom Cap Corse im Norden Korsikas wurden vormittags im Zusammenhang mit der Kaltfront der Zyklone MARIUS Orkanböen bis 189 km/h gemeldet. Im slowenischen Trije Kralji Na Pohorju summierte sich der Niederschlag bis zum Mittag 6-stündig auf 26 l/m². In Österreich fiel in diesem Zeitraum mit 21 l/m² der meiste Niederschlag in Eisenkappel, während das italienische Tarvisio auf 12 l/m² kam. Von der slowenischen Wetterstation Kredarica am Triglav in den Julischen Alpen wurden mittags 18 cm Neuschnee gemeldet. Nachmittags und abends gab es auch weiter südöstlich auf dem Balkan vermehrt Niederschläge, wobei in höheren Lagen ab etwa 800 bis 1000 m eher Schnee und in tieferen Lagen eher Regen fiel. An einigen Wetterstationen wie im kroatischen Split und im montenegrinischen Podgorica wurden Gewitter beobachtet. Den höchsten 12-stündigen Niederschlag bis zum Abend verzeichnete das kroatische Zavizan mit 35 l/m². Die slowenische Hauptstadt Ljubljana (Bezigrad) kam auf 31 l/m² und vom Hafen Koper-Luka wurden 27 l/m² gemeldet. In Ljubljana war der Temperaturunterschied von 8°C als Maximum am 14. März gegenüber der Höchsttemperatur am Vortag von 15°C recht deutlich. Schon nachmittags hatte es im kroatischen Rijeka mit Einsetzen des kalten Fallwindes Bora, der auch gut an der Winddrehung von Südost auf Nordost zu erkennen war, schwere Sturmböen bis 100 km/h und einen Temperaturrückgang von 11°C um 14 Uhr MEZ auf 6°C um 15 Uhr MEZ gegeben. Am späten Abend gab es auf dem westlichen Balkan weiterhin einige Gewitter und nachts schneite es an der Wetterstation der bosnischen Hauptstadt Sarajevo (Butmir) in 511 m über dem Meeresspiegel zeitweise mäßig. In der zweiten Nachthälfte schneite es auch im westlichen Serbien in höheren Lagen. So meldete die dortige Wetterstation Zlatibor in 1029 m Höhe morgens 5 cm Neuschnee. Aus der albanischen Hauptstadt Tirana (La Praka) wurden 12-stündig bis zum Morgen des 15. März 30 l/m² Niederschlag gemeldet. Das italienische Messina auf Sizilien kam auf 17 l/m². Morgens machte sich die Bora im kroatischen Makarska mit orkanartigen Böen bis 115 km/h aus Nord bis Nordost bemerkbar. Dagegen wehte der Wind an der bulgarischen Wetterstation Mourgash in 1692 m Höhe genau aus Süd und brachte Orkanböen bis 144 km/h.

Mittlerweile war das Tiefdruckgebiet MARIUS mit seinem Zentrum ungefähr über Montenegro angekommen, was die oben beschriebenen Wind- und insbesondere Windrichtungsverhältnisse angeht. Der Kerndruck lag bei unter 1005 hPa. Von dort verlief einerseits eine Warmfront in nordöstlicher Richtung bis nach Serbien, wo sie in eine Kaltfront überging, die zu einem unbenannten Tief über dem Nordosten des Landes gehörte. Zum anderen ging vom Zentrum des Tiefdruckgebietes MARIUS eine Kaltfront aus, die nach Südosten bis Süden zunächst durch die Straße von Otranto zwischen Italien und Albanien führte und weiter nach Südwesten entlang der Südspitze der italienischen Halbinsel Apulien sowie der Südspitze Siziliens, weiter über Malta und Tunesien bis in den Osten Algeriens reichte. Am wechselhaften Wetter im zentralen Balkan änderte sich vormittags wenig, wobei sich gebietsweise deutlich kältere Luft westlich des Kerns des Wirbels MARIUS ausbreitete. So verzeichnete das serbische Cuprija in 125 m Höhe mittags bei Nordnordwestwind nur noch eine Temperatur von 2°C gegenüber 19°C bei Südsüdwestwind 24 Stunden zuvor. Dagegen wurde östlich des Zentrums des Tiefs MARIUS gebietsweise mildere Luft als zuvor herangeführt, was das Beispiel der türkischen Wetterstation Yalove am Marmarameer auf der asiatischen Seite zeigt. Dort wurden am Vortag mittags 13°C gemessen, bevor die Temperatur am Mittag des 15. März bei 20°C lag. Nachmittags und abends gab es von der östlichen Ägäis bis nach Rumänien teils kräftige Schauer und Gewitter. Marmaris im Südwesten der Türkei kam 12-stündig bis zum Abend auf 36 l/m² Niederschlag, Vlorë an der albanischen Küste verzeichnete 30 l/m² und in Drăgășani in Rumänien fielen 24 l/m². Während die Höchsttemperatur im serbischen Smederevska Palanka in 122 m Höhe bei 4°C und damit eher im spätwinterlichen Bereich lag, herrschte Cengiztopel in der Türkei im östlichen Istanbuler Umland frühsommerliche Wärme bei 23°C. Bis zum Morgen des 16. März summierte sich der Niederschlag 12-stündig in Edremit/ Bostancı im Westen der Türkei auf 28 l/m² und im rumänischen Morărești auf 25 l/m², wobei an der letztgenannten Wetterstation alleine in der ersten Hälfte des besagten Zeitraumes 23 l/m² gemessen wurden.

Am Morgen des 16. März befand sich das Tiefdruckgebiet MARIUS mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa an der Schwarzmeerküste in der Nähe der Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien. Von dort verlief zum einen eine bogenförmige Warmfront über den nordöstlichen Balkan und die Ukraine bis nach Russland etwa 500 km ostsüdöstlich der Hauptstadt Moskau, wo sie in eine Okklusionsfront des Tiefs LUIS über Nordwestrussland überging. Zum anderen ging vom Zentrum des Tiefdruckgebietes MARIUS eine Kaltfront ab, die den Südwesten des Schwarzen Meeres und die Türkei überquerte, über das östliche Mittelmeer inklusive Zypern führte und vom Nildelta nach Süden knapp westlich der ägyptischen Hauptstadt Kairo und weiter leicht nach Südwesten gebogen bis über den von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Kartenausschnitt reichte. In der Türkei überwogen Schauer und Gewitter aufgrund der konvektiv, also durch große vertikale Unterschiede in der Atmosphäre und damit verbundenen Luftbewegungen in Verbindung mit dem bergigen Gelände geprägten Wolken und Niederschläge. Dagegen regnete es von Bulgarien über Rumänien bis zur südlichen Ukraine teils länger andauernd, teils aber auch schauerartig verstärkt, während im rumänischen Bergland und auch in tieferen Lagen der westlichen Ukraine sowie Weißrusslands einschließlich der dortigen Hauptstadt Minsk Schnee fiel. Im westukrainischen Schmerynka lag die Höchsttemperatur bei 12°C, während im knapp 200 km westnordwestlich gelegenen Ternopil 1°C gemessen wurden. Im rumänischen Ploiești fielen bis zum Abend 12-stündig 27 l/m² Regen. Bis zum Morgen des 17. März kamen dort in 12 Stunden 5 l/m² Regen hinzu, während das weiter nördlich gelegene Târgu Secuiesc im letztgenannten Zeitraum bei lang anhaltendem Schneefall auf 36 l/m² kam, was zu einer Schneedecke von 24 cm führte, wogegen am Vortag in Târgu Secuiesc noch kein Schnee lag.

Am 17. März lag der Kern des Tiefs MARIUS mit unter 1000 hPa nur wenige Kilometer weiter nördlich in Richtung des Donaudeltas im Vergleich zum Vortag. Von dort ging nun eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, in nördlicher bis nordöstlicher Richtung aus, um einen Bogen entlang der Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres bis ins südliche Russland im Vorland des Kaukasus zu beschreiben, wo sich der Okklusionspunkt befand. Dort traf eine nach Südosten verlaufende und rasch den von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Kartenausschnitt verlassende Warmfront auf eine Kaltfront. Letztere überquerte den Kaukasus in südöstlicher bis südlicher Richtung und verließ zwischendurch ebenfalls das Gebiet, das auf der Berliner Wetterkarte kartographisch erfasst ist. In deren Verlängerung ließ sich jedoch eine Warmfront analysieren, die von der östlichen in die südliche Türkei verlief und Teil einer bis nach Libyen führenden verwellten Luftmassengrenze war. In Bilowodsk im Osten der Ukraine schneite es vormittags gelegentlich, während es an der Okklusionsfront weiter westlich und südwestlich überwiegend Regen, gebietsweise Schneeregen gab. Weiter nach Osten traten bis in die Region von Wolgograd Schneeschauer auf. Vereinzelt wurden Gewitter registriert. Nachmittags verlief die Okklusionsfront über der Ukraine und Südrussland etwa an der Südgrenze eines umfangreichen Schneefallgebietes, in das eine nördlich verlaufende Warmokklusionsfront eingelagert war, die nicht direkt zum Tiefdruckgebiet MARIUS gehörte, wohl aber in dessen großräumigem Einflussbereich lag, was eine Zuordnung der in dieser Gegend gemessenen Niederschlagsmengen schwierig macht.

Am Morgen des 18. März befand sich das Zentrum des Wirbels MARIUS mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa über der Krim. Von dort verlief, ähnlich wie am Vortag, eine bogenförmige Okklusionsfront bis ins südrussische Kaukasusvorland. Entlang der Okklusionsfront kam es zu zeitweiligem, teils schauerartig verstärktem Regen. Stellenweise, wie an den russischen Wetterstationen Elista in der Republik Kalmückien und Remontnoje in der Oblast Rostow, jeweils wenig über 100 m hoch gelegen, wurden Schneeschauer gemeldet. Im kalmückischen Yusta ging der Regen nachmittags in Schnee über, der bis zum Morgen des Folgetages anhielt.

 

Am 19. März war Tief MARIUS zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte über dem Asowschen Meer zu erkennen. Dort betrug der Kerndruck etwas unter 1010 hPa und eine Okklusionsfront war fast als Vollkreis um das Zentrum des Wirbels zu sehen. Bis zum Abend kamen 3 l/m² Regen im ukrainischen Botijewe in der Oblast Saporischschja zusammen. In den Folgetagen näherte sich von Westeuropa hoher Luftdruck am Rand des Hochdruckgebietes MARGARETHE.