Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
MAROLA
(getauft
am 27.10.2020)
Im Laufes des 27.10.2020 sollte sich über der Ostküste
von New Brunswick zum Sankt-Lorenz-Golf hin ein Gebiet tiefen Luftdrucks ausbilden,
welches sich im weiteren Verlauf mit der westlichen Höhenströmung über den
Nordatlantik in Richtung Europa bewegen und auf das dortige Wettergeschehen
Einfluss nehmen sollte. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der
Berliner Wetterkarte dafür, das noch junge Tiefdruckgebiet in der Prognose für
den Folgetag auf den Namen MAROLA zu taufen.
Zum Morgen des 28.10.2020, dem Tag nach der Taufe,
tauchte dann das Bodentief, auch Wirbel oder Zyklone genannt, MAROLA wie von
den Meteorologen prognostiziert erstmals namentlich auf der Berliner Wetterkarte
auf. Es befand sich um 00 UTC, also 01 Uhr MEZ, vor der Küste Neufundlands und
hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Warm- sowie eine Kaltfront ausgeprägt. Deutschland
war an diesem Tag im Einflussbereich des Ex-Hurrikans EPSILON, der mit einem Kerndruck
von nur 955 hPa vor der Küste Islands lag. Die Okklusionsfront des Orkantiefs
erstreckte sich bis über Köln, wo der Okklusionspunkt lag. Eine Okklusionsfront
entsteht, wenn sich durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront eine
Mischfront ausbildet. Dabei wird der Warmsektor, der vorher zwischen den
Fronten lag, in höhere Luftschichten angehoben. Bei diesem Prozess kühlt sich
die aufsteigende Luft ab, und da kalte Luft weniger Feuchtigkeit enthalten kann
als warme, fällt diese dann als Niederschlag - je nach Temperatur fest oder
flüssig - aus. Entlang dieser Okklusionsfront wurde vielerorts Niederschlag
registriert. In Schottland war der Niederschlag teils sogar fest, während er in
Deutschland zumeist flüssig blieb. Der Einfluss von Tief MAROLA auf Europa ließ
derzeit noch auf sich warten.
Allerdings zog die Zyklone bis zum 29.10.2020 weiter
über den Atlantik in Richtung der Britischen Inseln und Deutschland, woraufhin
das Wettergeschehen in Europa allmählich in deren Fokus rückte. Auf der 01 Uhr
MEZ Bodenwetterkarte lag die Warmfront von Tief MAROLA kurz vor der Küste
Irlands, von wo die Front sich relativ schnell weiterbewegte, sodass sie schon
um 07 Uhr MEZ Irland überquert hatte und bis 19 Uhr MEZ auch über Nordirland
und England gezogen war und sich nun von
Schottland bis über die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland erstreckte.
Insbesondere im Bereich vor der Warmfront kam es dabei zu lang anhaltendem Regen.
Über Nacht fielen im Gebiet zwischen der Nordsee bis zum bayrischen Alpenrand
und Thüringen 5 bis 10 mm Regen. In Staulagen des Harzes, wie z.B. in Braunlage
erreichten die Niederschlagsmengen sogar bis zu 20 mm. Auch am Alpenrand waren
die lang anhaltenden Niederschlagsereignisse ergiebig. So fielen 24-stündig bis
zum nächsten Morgen teilweise um die 70 mm. Die Station Aschau-Stein vermeldete
demnach 66 mm und der kleine Ort Seehaus in der Gemeinde Ruhpolding sogar 70 mm
über 24 Stunden.
Der Tiefdruckwirbel MAROLA zog bis 01 Uhr MEZ des
Folgetages mit seinem Kern bis vor die Nordwestküste Schottlands. Dabei sank
der Kerndruck des Tiefs auf 985 hPa und eine Okklusionsfront begann sich
auszubilden. Der Okklusionspunkt dieser Front lag im schottischen Hochland, von
wo aus sich die Warmfront über den Westen Deutschlands erstreckte und die
Kaltfront über die Irische See. Im Bereich des Tiefdruckgebietes kam es auch an
diesem Tag wieder verbreitet zu Regenfällen. Das breite Regengebiet, das in der
Nacht noch über dem Alpenrand und der Nordsee lag, erreichte gegen Morgen die
Oder. Aufgrund dieser, zum Teil ergiebigen, Regenfälle erhöhte sich auch die
Gesamtniederschlagsbilanz für den Oktober deutlich. Insgesamt lagen die meisten
Stationen bereits an diesem Morgen über
den 100% der normalen Monatssumme, teilweise ist auch schon das 1,5-fache
gefallen. Besonders hervorstechend ist dabei die Station Zinnwald
im Osterzgebirge, welche sogar 206% des Normalwerts für Niederschlag im Oktober
vorweisen konnte. Nur einige wenige Stationen, wie Hamburg mit 93% und Würzburg
mit 90% des Normalwerts, meldeten Niederschlagsmengen, die unter der normalen
Monatssumme lagen. Im Verlauf dieses Tages fiel insbesondere in der Ost- und
Nordhälfte Deutschlands im Bereich der Warmfront langanhaltender Regen. Bis zum
nächsten Morgen wurden vielerorts zwischen 15 und über 20 mm Niederschlag gemeldet.
So registrierten beispielsweise Berlin-Dahlem 15,7 mm und Cottbus 22,2 mm über
24 Stunden, während Pulsnitz mit 28,7 mm und Zinnwald-Georgenfeld mit 32,7 mm
über denselben Zeitraum nochmal „eine Schippe drauflegten“. In der Südhälfte
Deutschlands herrschte derweil Hochdruckgebiet PIT vor und brachte auflockernde
Bewölkung und meist trockenes Wetter mit sich. Die Sonne zeigte sich
vielerorts, am längsten in Garmisch-Patenkirchen und auf der Zugspitze, wo sie
4,4 Stunden lang schien.
Tiefdruckgebiet MAROLA spaltete sich bis 01 Uhr MEZ
des 31.10.2020 in zwei Kerne auf. MAROLA I lag hierbei auf der Bodenwetterkarte
mit Zentrum über Island bei einem Kerndruck von 975 hPa, während MAROLA II mit
einem deutlichen schwächeren Kerndruck von knapp 1015 hPa über dem Skagerrak
lokalisiert wurde. Die Okklusionsfront der Zyklone verband die beiden Kerne und
endete schließlich im Okklusionspunkt, etwas südlich MAROLA II, von wo aus sich
die Warmfront entlang der Grenze zu Polen erstreckte und die Kaltfront über den
nördlichen Rand Deutschlands reichte und über der Nordsee in die Warmfront des nachfolgenden
Tief NINA überging. Von Süden her schob sich an diesem Tag Hochdruckgebiet PIT
weiter über Deutschland und Frankreich und lag am Morgen zwischen den Fronten
der Tiefdrucksysteme MAROLA II und NINA. Im weiteren Tagesverlauf löste sich
der Tiefdruckkomplex MAROLA I und II allmählich auf. Damit endete der Oktober
des Jahres 2020, der in Deutschland von Tiefdruckeinfluss mit Regenfällen und geringen
Sonnenscheinmengen geprägt war. In Berlin-Dahlem betrug die Mitteltemperatur
des Monats 10.9°C, was um
1,6 K wärmer als der Oktober in der Referenzperiode von 1961 bis 1990 war. Die
Höchsttemperatur des Monats wurde dort am 03.10.2020 mit 22,3°C registriert
und die Tiefsttemperatur am 13.10.2020 mit 1.3°C. Insgesamt
fielen im Oktober in Dahlem mit 60,9 mm 170% des Normalwerts, was das Niederschlagsdefizit
des Jahres auf etwa 50 mm reduzierte. Die Sonne schien dafür mit nur 75,8
Stunden, also 68% des Normalwertes, deutlich seltener als normalerweise an
dieser Station.