Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  MARTIN

(getauft am 10.06.2009)

 

 

Am Abend des 09.06.2009 entwickelte sich über der Biskaya ein noch kleines Tief mit einem Kerndruck von 1010 hPa, das am Folgetag auf den Namen MARTIN getauft wurde.

Dieses Tief zog tagsüber mit seinem Kern über Frankreich in Richtung Belgien und vertiefte sich dabei auf etwa 1005 hPa. Seine Fronten beeinflussten am Abend bereits den Westen Deutschlands mit Niederschlägen. So fielen beispielsweise in der Eifel 8 Liter Regen pro Quadratmeter.

 

Entwicklungsgünstig auf der Vorderseite eines markanten Kurzwellentroges gelegen, verstärkte sich das Tief weiter, wobei das Zentrum zum Morgen des 11.06. Niedersachsen erreichte. Das Haupthebungsgebiet lag unmittelbar nördlich des Tiefkerns, wo die mitgeführte Warmluft ein starkes Regengebiet induzierte. Bis zum Morgen fielen im westlichen Niedersachsen und im Münsterland teilweise über 20 Liter pro Quadratmeter. Nach Osten und Süden zu waren die Niederschlagsgebiete eher schauerartig angeordnet und besonders in Bayern auch von Gewittern durchsetzt.

 

An der Südwestflanke des Tiefs nahm der Druckgradient erheblich zu, so dass der Wind am Vormittag verbreitet in Böen Stärke 8 erreichte. In Gipfellagen traten sogar orkanartige Böen auf. So meldete der Feldberg ebenso wie der Brocken eine Spitzenböe von 58 kn (Windstärke 11).

Zum Nachmittag hielt sich das Starkregengebiet an der Nordflanke des Tiefs MARTIN über Schleswig-Holstein bis zum Abend unverändert, so dass dort verbreitet 20 bis 40 l/m² Regen fielen.

 

Noch intensiver waren die Regenfälle im angrenzenden Dänemark, wo 24-stündig z.B. in Roskilde 76 l/m² und in Holbäk 81 l/m² zusammenkamen. Gleichzeitig hatte sich schon bis zum Mittag ein für den Monat Juni außerordentlich starker Luftdruckgradient gebildet, der hier an der Dahlemer Wetterstation zu Spitzenböen von 26 m/s (Windstärke 10) führte.


Dabei blieb es im Dauerregen extrem kühl, wurden doch in Schleswig nur 11°C als Maximum registriert. Auch im übrigen Deutschland konnte von sommerlicher Wärme keine Rede sein. Nur in wenigen Regionen wie am Oberrhein und in der Niederlausitz wurden 20°C erreicht.

 

Sturmtief MARTIN blieb bis zum Abend des 12.06.2009 nahezu ortsfest mit dem Kern über Bornholm, ohne sich dabei wesentlich abzuschwächen. Dabei fielen im dänischen Hilleröd innerhalb von 48 Stunden 161,6 Liter Regen pro Quadratmeter. Erst gegen Mittag begann sich das Sturmtief aufzufüllen. Auf der Vorderseite des am 12.06. bis zum Schwarzen Meer reichenden Höhentroges über Weißrussland bildete sich ein weiteres Bodentief, das am gleichen Tag die Bezeichnung MARTIN II erhielt.

 

Tags darauf zog das Bodentief MARTIN I unter Abschwächung südwärts nach Polen, während das Wellentief MARTIN II unter Verstärkung nach Nordwesten gesteuert wurde und mit seinem Kern zwischen Stockholm und Helsinki lag. Die damit verbundenen Hebungsprozesse der von Russland nach Nordwesten vordringenden sehr warmen Luft subtropischen Ursprungs führten vor allem in den Baltischen Staaten zu ergiebigen Niederschlägen, die in Estland auch von Gewittern begleitet waren.

Am 14.06. übernahm das Tief MARTIN II über den Alands-Inseln die Rolle des Zentraltiefs und wurde seitdem auch als Tief MARTIN bezeichnet. Unterdessen löste sich das Tief MARTIN I am Nachmittag des 14.06. über Polen auf.

 

Das Zentraltief MARTIN zog am nächsten Tag nach Nordskandinavien und schwächte sich dabei auf einen Kerndruck von noch rund 1000 hPa ab. In Lappland gab es teilweise kräftigen Regen bei kühlen 7°C.

 

Am 16.06. vertiefte sich die Zyklone abermals auf unter 995 hPa und zog nach Spitzbergen, wodurch es dort zu leichten Schneefällen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kam. Über der Ostküste Grönlands löste sich das Tief MARTIN schließlich am Abend des 18.06. auf. Mit einer Lebensdauer von knapp 9 Tagen, was für ein Tiefdruckgebiet recht viel ist, verschwand MARTIN somit wieder von den Europäischen Wetterkarten.


Geschrieben am 01.07.2009 von Marc Mühling

Wetterkarte: 11.06.2009

Pate: Hans-Thomas Hansen