Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
MEENO
(getauft am
22.10.2011)
Am
21.10. verlief der Jetstream von Nordkanada kommend nördlich an Neufundland
vorbei und verstärkte sich etwas weiter östlich in einem Jetstreak.
Am südlichen Rand dieses Jetstreaks entwickelte sich
am gleichen Tag in der unteren Troposphäre, aus einer Warmfrontwelle heraus,
ein neues Tiefdruckgebiet. Dieses wurde am nächsten Tag auf den Namen MEENO getauft.
Der
Kerndruck war bis zum Zeitpunkt in den vergangenen 24 Stunden um ca. 10 hPa auf
knapp unter 1005 hPa gefallen. Während
Bojen südlich des Tiefzentrums ca. 45 km/h Windgeschwindigkeit in 10 m
registrierten, zeigte der Radiosondenaufstieg eines Schiffs ca. 600 km
nordwestlich von Tief MEENO im 500 hPa-Niveau, d.h. einer Höhe von ca. 5,5 km, einen Mittelwind von 165
km/h im Jetstream. Etwa 1300 km südlich des hochreichenden Tiefdrucksystems
LEOPOLD zog Tief MEENO unter Intensivierung schnell ostwärts. Der Kerndruck
sank bis zum 23.10. gegen 00 Uhr UTC, das entspricht 01 Uhr MEZ, um 20 hPa auf rund
985 hPa. Das anfängliche Wellentief war nun auf dem Weg zur ausgewachsenen
Zyklone. Die Kaltfront des Tiefs MEENO erreichte mit dichten Wolkenfeldern und
Schauern die 700 km südwestlich vom Zentrum gelegenen Azoren, während die
Warmfront nach Osten bis kurz vor die Südwestspitze Englands reichte. Tief
MEENO setzte sich mittlerweile auch in der Höhenwetterkarte durch, so zeigte es
sich am 23.10. im
500 hPa-Niveau noch als Kurzwellentrog und einen Tag
später dehnte sich der Trog des Tiefs LEOPOLD auf Tief MEENO aus, sodass sich im
500 hPa-Niveau am 24.10. um 00 Uhr UTC ein kräftiger
Trog ausbildete, der sich von Island weit nach Süden bis vor die Küste
Portugals erstreckte. Die Zyklone MEENO verlagerte sich bis zum 24.10. über die
Westküste Irlands und verstärkte sich dabei weiter. Der Kerndruck sank nochmals
um 10 hPa auf ca. 975 hPa am 24.10. um 00 Uhr UTC. Auf der Trogvorderseite
gelegen gelangte Westeuropa, von Spanien über Frankreich bis nach Norwegen, in
eine süd- bis südwestliche Strömung und damit in den Einfluss maritim geprägter,
subtropischer Luftmassen. So stieg die Höchsttemperatur in Bergen, an der
norwegischen Südwestküste, innerhalb eines Tages um 4 Grad auf 17°C an. Hier
blieb es aber im Gegensatz zu Valentia in Irland
trocken. Valentia, direkt im Einflussbereich des
Tiefzentrums gelegen, registrierte vom Vortag um 06 Uhr UTC bis zum 24.10. um
06 Uhr knapp über 38 mm Niederschlag. Bei Wolkenuntergrenzen des Stratus von
wenigen hundert Metern reichten die Niederschläge von leichtem Sprühregen bis
hin zu starkem Regen. Vom Kern ausgehend zog sich eine Okklusion, eine
Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, in einem engen Bogen bis
Nordirland. Dort teilte sie sich wieder in Warm- und Kaltfront. Die Warmfront
verlief von diesem sogenannten Okklusionspunkt nach Nordosten bis einige
Hundert Kilometer vor die norwegische Küste auf der Breite von Trondheim. Die
Kaltfront hingegen beschrieb den Bogen der Okklusion weiter, entlang der
britischen Westküste bis zum Golf von Biskaya. Als die Kaltfront von Tief MEENO
in dieser Nacht vom Atlantik auf das europäische Festland traf, zeigte sich
jedoch die Station Brest an der französischen Nordwestspitze als absoluter
Spitzenreiter in Sachen Niederschlagsmengen. Im kräftigen Hebungsgebiet auf der
Trogvorderseite, fielen bis zum 24.10. um
12 Uhr UTC etwa 105 mm Niederschlag innerhalb von 10 Stunden. Das Stundenmaximum
in diesem Zeitraum lag bei 27 mm Regen bei tiefhängendem
Schlechtwetter-Stratus mit Untergrenzen in 120 m und Sichtweiten von 1 bis 2
km.
Das
Tiefzentrum spaltete sich bis zum 25.10. in zwei Kerne auf, wobei der erste
über Nordirland und der zweite rund 500 km nordwestlich davon lag. Beide
besaßen nun jeweils einen Kerndruck von ca. 985 hPa. Weiterhin im
Einflussbereich eines eigenständigen Höhentiefs gelegen, rotierten in der
Folgezeit beide Tiefzentrum umeinander. Am 26.10. hatte sich das Tief endgültig
in zwei eigenständige Tiefs aufgeteilt. Das Tief MEENO I lag über dem östlichen
Nordatlantik auf der Breite von Nordirland und die Zyklone MEENO II bei
Reykjavik. Beide Tiefs waren über eine Okklusion miteinander verbunden. Vom
Wirbel MEENO II zog sich eine Warmfront über Island, Jan Mayen und das
Europäische Nordmeer bis Murmansk. Die Kaltfront reichte südostwärts
über den Nordosten Schottlands und Köln bis zu den Alpen. Die Kaltfront des
Wirbels MEENO II erreichte Deutschland an diesem Tag nur noch stark
abgeschwächt und sorgte kaum noch für Niederschläge. Einen Tag zuvor fielen in
Marseille bedingt durch die Kaltfront noch 7 mm, während Görlitz am 26.10. mit
3 mm eine der wenigen Ausnahmen darstellte, bei sonst weniger als 1 mm in ganz
Deutschland. In Kiel fiel gar kein Niederschlag. Bis zum Kaltfrontdurchgang
stiegen die Temperaturen durch eine südliche Strömung, auf milde Werte an. Die
höchste Temperatur verzeichnete am 26.10. die Stadt Lahr im Oberrheingraben mit
17,3°C, wo am Vortrag nur ein Maximum von 7°C gemessen wurde. Nach dem
Frontdurchgang lag die Höchsttemperatur am 27.10. mit 9°C in maritimer
Polarluft wieder 8 Grad tiefer. Direkt am Meer und im Stau des Skandinavischen
Gebirges gelegen zeigte sich im norwegischen Bergen der maritimere
Klimacharakter, denn hier sorgte die von Island bis zur südlichen Ostsee
okkludierte Front für 19 mm Niederschlag. Obwohl diese Okklusion am 27.10.
ihren Ursprung noch im Kern von Tief MEENO II hatte, so wurde dieser Kern
bereits im Laufe des nächsten Tages weitgehend von dem kräftigen
Tiefdruckgebiet ODYSSEUS südlich von Grönland in sich aufgenommen. Tief MEENO
war somit am 29.10. wieder mit nur einem Tiefdruckkern auf der Bodenwetterkarte
zu sehen und inzwischen bis vor die Westküste Spitzbergens gezogen. Seine
Frontensysteme reichten von Island über Spitzbergen in einem Bogen fast bis
nach Moskau. Eine ausgeprägte Wetteraktivität war dabei nicht mehr zu
beobachten. Bei starker Bewölkung gab es im Bereich der Fronten nur
gelegentlich Schneefall oder Schneeregen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Noch
auf der Vorderseite von Tief MEENO gelegen, stieg am 29.10. die
Tageshöchsttemperatur in Spitzbergen auf +3°C. Schon am folgenden Tag befand
sich die Insel jedoch in einer Nordostströmung auf der Westseite von Tief MEENO
bei nur -3°C Tagesmaximum.
Nachdem
der Kerndruck bis zu diesem Tag immer weiter angestiegen war und das
Tiefdruckgebiet somit schwächer wurde, sank der Kerndruck vom 30.10. bis zum Folgetag
erneut um 10 hPa auf ca. 985 hPa und bewirkte damit eine Gradientverstärkung
über Spitzbergen. In Verbindung mit der weiteren Verlagerung von Tief MEENO
nach Nordosten zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja kam eine kräftige Nordströmung zustande welche die
Temperaturen in Spitzbergen am 31.10. nicht über -11°C ansteigen ließen.
Das
Tiefzentrum des Wirbels MEENO befand sich am 31.10. schon bei 80° nördlicher
Breite und damit am Rand des europäischen Kartenausschnittes. Da der Höhentrog
jedoch immer weiter nach Osten zog, verlagerte sich auch das Tief MEENO von
Europa aus weiter in Richtung Nordpolarmeer und damit aus dem Bereich der
europäischen Wetterkarten heraus. Somit war Tief MEENO am 31.10. das letzte Mal
auf der Berliner Wetterkarte analysierbar.
Geschrieben
am 07.12.2011 von Thomas Schubert
Berliner
Wetterkarte: 26.10.2011
Pate:
Jan Bastick