Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet MEIKEL

(getauft am 11.07.2011)

 

Am 11. Juli 2011 wurde ein Tiefdruckgebiet über der Iberischen Halbinsel auf den Namen MEIKEL getauft. Es hatte sich am südwestlichen Ende einer Luftmassengrenze gebildet, die sich ausgehend von einem Tiefdruckgebiet über Tschechien bis nach Spanien erstreckte und die maritime Subpolarluft im Nordwesten Europas von Subtropikluft über dem westlichen Mittelmeer trennte. Im 500 hPa-Druckniveau, das entspricht etwa 5,5 Kilometern Höhe, war vor der portugiesischen Küste die Trogachse des Ausläufers eines nordatlantischen Höhentiefs zu erkennen. Von dieser Trogachse bis in den östlichen Alpenraum verlief zwischen diesem Höhentief und einem nordafrikanischen Hochdruckgebiet eine südwestliche Höhenströmung, die für die Bewegung des Bodentiefs MEIKEL von Bedeutung war. Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich dieses mit der Höhenströmung bis in die Gegend von Bordeaux im Südwesten Frankreichs bewegt. Im Kern der Zyklone MEIKEL betrug der Luftdruck ungefähr 1010 hPa. Von dort verlief die Luftmassengrenze nach Osten in Form einer Warmfront bis nach Norditalien, während die Luftmassengrenze nach Westen als Kaltfront bis ins Grenzgebiet von Nordportugal und Spanien zu sehen war. Südlich der Luftmassengrenze wurden tagsüber hochsommerliche Temperaturen erreicht, wie im südfranzösischen Marseille mit 31°C oder im spanischen Sevilla mit 37°C. Auf der Nordseite stiegen die Temperaturen weit weniger hoch, so erreichte beispielsweise die Wetterstation Brest an der französischen Atlantikküste ein Maximum von 19°C. Mit den Temperaturunterschieden der verhältnismäßig langsam nach Osten ziehenden Warmfront und der relativ schnellen nachfolgenden Kaltfront, gab es im Tagesverlauf teils kräftige Schauer und Gewitter. Diese brachten bis zum Morgen des 13. Juli zum Beispiel an den französischen Stationen Clermont-Ferrand und Toulouse jeweils 28 Liter pro Quadratmeter Regen innerhalb von 24 Stunden oder in Zürich 30 l/m² im gleichen Zeitraum. Mittlerweile hatten sich mehrere Teiltiefs entwickelt. MEIKEL I lag mit einem größeren Kern über weiten Teilen Deutschlands, die Warmfront verlief bis nach Slowenien und die Kaltfront war bis etwa zum Burgund zu erkennen, wo sich die Warmfront eines kleineren Kerns des Teiltiefs MEIKEL I anschloss, das seinerseits über den zentralen Landesteilen Frankreichs lag, und von dem eine weitere Kaltfront bis nach Südfrankreich reichte. Dort wiederum endete die Warmfront des Teiltiefs MEIKEL II, welches sein Zentrum vor der ostspanischen Küste hatte, wo außerdem eine Kaltfront begann, die sich bis nach Nordafrika über das Atlasgebirge erstreckte. Dieses komplexe Tiefdrucksystem trennte weiterhin unterschiedliche Luftmassen voneinander. Auf der Vorderseite des Tiefdrucksystems führte die aus Nordafrika über das Mittelmeer herangeführte Luft zu großer Hitze auf Korsika, wo in Ajaccio eine Höchsttemperatur von 36°C registriert wurde, bis zum Plattensee in Ungarn, wo 35°C erreicht wurden. Auf der Rückseite war es beispielsweise mit einer Höchsttemperatur von 21°C in Toulouse oder mit 14°C in Amsterdam deutlich kühler. So entluden sich im Bereich des Tiefdrucksystems erneut teils starke Schauer und Gewitter, die innerhalb von 24 Stunden bis zum Morgen des 14. Juli im südfranzösischen Marseille 22 l/m², im liechtensteinischen Vaduz 56 l/m² sowie in der südschweizerischen Stadt Locarno 65 l/m² Regen brachten. An der Nordseeküste hatte es am 13. Juli zudem Böen der Sturmstärke 9 gegeben. Am Mittag des 14. Juli befand sich der mittlerweile einzige Kern des Teiltiefs MEIKEL I mit ungefähr 1002 hPa über Westfriesland, während das Zentrum des Teiltiefs MEIKEL II über Norditalien und der nördlichen Adria lag und einen Kerndruck von etwas unter 1008 hPa besaß. Die beiden Teiltiefs waren wiederum durch Fronten miteinander verbunden, die, mit einer weiterhin bis nach Nordafrika in die Region von Nordalgerien reichenden Kaltfront, ein komplexes Bild der Druckgebilde über dem zentralen und südlichen Europa boten. Bis zum Morgen des Folgetages kamen erneut beachtliche Regenmengen im Bereich des Tiefdruckgebietes MEIKEL zusammen, wie im nordfriesischen Ort Leck mit 40 l/m² innerhalb von 24 Stunden oder im niederländischen Rotterdam mit 67 l/m² im gleichen Zeitraum. Am Morgen des 15. Juli befand sich der Kern des Teiltiefs MEIKEL I in etwa im Bereich der Elbmündung, während sich die Position des Teiltiefs MEIKEL II über Norditalien kaum verändert hatte. Vom Zentrum des Teiltiefs MEIKEL I ausgehend, verlief eine Okklusions-, also eine Mischfront, die die sowohl Eigenschaften einer Warmfront, als auch einer Kaltfront besitzt, bis nach Litauen. Von dort reichte die Warmfront bis südlich von Moskau und die Kaltfront bis nach Ostungarn, wo die Verbindung zur Warmfront des Teiltiefs MEIKEL II bestand, von dessen Kern sich eine Kaltfront weiterhin bis nach Nordafrika zog. An den Stationen in Ajaccio konnte mit einer Höchsttemperatur von 26°C und am Plattensee mit 25°C bei weitem nicht mehr an die große Hitze der vergangenen Tage angeknüpft werden. Diese Orte lagen jeweils auf der Rückseite der Kaltfronten und somit im Bereich kühlerer Luft. Die heiße Luft wurde nach Osten verdrängt, wo sie zum Beispiel im serbischen Belgrad zu einem Maximum von 37°C führte. In Deutschland stieg die Temperatur meist nur auf Werte von 18 bis 22°C. Im Tagesverlauf löste sich das Teiltief MEIKEL II auf, sodass am 16. Juli nur noch ein einzelner Kern des Tiefdruckgebietes MEIKEL über dem mittleren Schweden zu sehen war. Von diesem ausgehend verlief eine rücklaufende Okklusionsfront bis an die polnische Ostseeküste und eine Okklusionsfront bis nach Finnland. Die letztgenannte Okklusion spaltete sich weiterhin in eine Warmfront, die sich bis in die Gegend von Moskau erstreckte und in eine Kaltfront, die bis zum Balkan reichte. Im Südosten Europas, wie in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, wo die Temperatur auf 34°C stieg, hielt sich die Hitze, während sich die Luft zum Beispiel in der polnischen Hauptstadt Warschau nur auf 22°C erwärmte. Die Kaltfront löste über dem östlichen Europa, von Weißrussland bis in die Slowakei, gebietsweise weitere Schauer und Gewitter aus. Am 17. Juli war der Kern des Wirbels MEIKEL in der Region von Archangelsk in Nordrussland zu sehen, wo es bei überwiegend starker Bewölkung örtlich regnete. Am 18. Juli war das Tiefdruckgebiet MEIKEL zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte über dem nördlichen Ural zu erkennen, ehe es weiter nach Nordosten an die Nordpolarmeerküste Sibiriens zog und somit nicht mehr von dem Darstellungbereich der Berliner Wetterkarte erfasst wurde.

 


Lebensgeschichte geschrieben am 22.08.2011 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 14.07.2011

Pate: Meikel Gadau