Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet MICHAELA

(getauft am 07.07.2014)

 

Am 7. Juli 2014 wurde ein Tiefdruckgebiet über dem Osten Spaniens auf den Namen MICHAELA getauft. Es hatte sich als Wellentief entlang einer Luftmassengrenze gebildet, die sich von Nordeuropa über die Westalpen und die Iberische Halbinsel bis in die Gegend der Inselgruppe Madeira zog.

In höheren Atmosphärenschichten im 500 hPa-Luftdruckniveau, was einer Höhe von 5,5 Kilometer entspricht, war verhältnismäßig kalte Luft, ein sogenannter Trog, südlich eines Höhentiefs zwischen Island und den Britischen Inseln zu erkennen, der sich bis nach Spanien und Südfrankreich erstreckte. Dieser Höhentrog, verlagerte sich bis zum Morgen des Folgetages weiter nach Osten; somit zog auch das Bodentief MICHAELA weiter nach Osten und befand sich mit einem Kerndruck von knapp unter 1010 hPa ungefähr über dem östlichen Bayern. Von dort ging in nördlicher Richtung eine Warmfront aus, die über Ostdeutschland und Südskandinavien verlief und nördlich der norwegischen Hauptstadt Oslo in eine Kaltfront überging, welche zum Tiefdruckkomplex LUCIA östlich von Island gehörte. Vom Zentrum des Tiefs MICHAELA ging außerdem eine Kaltfront in südlicher Richtung aus, die über die zentralen Alpen, Norditalien und Korsika sowie zwischen Sardinien und Sizilien bis nach Tunesien reichte und weiter nach Westen bis zum zentralen Algerien verlief. Entlang der zum Tiefdruckgebiet MICHAELA gehörenden Fronten gab es am Morgen dieses Tages von Skandinavien über Mitteleuropa bis nach Norditalien vielerorts Regen, welcher teils mit Gewittern durchsetzt war. Bis 08 Uhr MESZ fielen innerhalb von 24 Stunden im nordwestitalienischen Turin 62 Liter pro Quadratmeter, während im schweizerischen Locarno im Kanton Tessin eine Niederschlagsmenge von 28 l/m² zusammen kam. Zum Mittagstermin um 14 Uhr MESZ lag der Wirbel MICHAELA mit einem Kerndruck von unter 1004 hPa über Tschechien. Von dort aus zog sich eine Warmfront über die Lausitz, die Prignitz und Hiddensee bis nach Südschweden. Eine vom Tiefdruckzentrum ausgehende Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, reichte bis zu den Alpen östlich von Salzburg. Von dieser Mischfront zweigte im Raum Linz eine Kaltfront ab, die nach Südosten über das östliche Kroatien und weiter auf den Balkan reichte. Unter meist dichten Regenwolken war es mancherorts ausgesprochen kühl, wie beispielsweise in Aachen, wo die Temperatur lediglich auf 13,0°C anstieg.

Da sich bis zum Morgen des 9. Juli sowohl das Zentrum des Tiefdruckgebietes MICHAELA als auch die zugehörigen Fronten kaum verlagerten, zogen auch die vielerorts vorhandenen Niederschlagsgebiete nur langsam. Diese brachten, verstärkt durch ein über dem südlichen und westlichen Mitteleuropa liegendes Höhentief, gebietsweise ergiebige Regenmengen. So fielen in Sankt Peter-Ording an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste in 24 Stunden 51,0 l/m², im nordwestbrandenburgischen Neuruppin kamen 56,2 l/m² zusammen und auf der Schmücke im Thüringer Wald waren es 68,5 l/m². In der tschechischen Hauptstadt Prag in der Nähe des Tiefdruckkerns von MICHAELA betrug die Regensumme 49 l/m². Das Zentrum des Tiefs MICHAELA, in dem der Kerndruck etwas unter 1005 hPa betrug, befand sich nun ungefähr über der Niederlausitz. Von dort ging zum einen eine Warmfront aus, die in etwa über den Raum Hamburg, die östliche Nordsee und entlang der norwegischen Westküste bis ins Seegebiet zwischen Nordnorwegen, der Insel Jan Mayen und der Inselgruppe Spitzbergen reichte und dort in eine Okklusionsfront überging, die sich nach Norden weit in arktische Regionen zog. Zum anderen ging vom Kern der Zyklone MICHAELA eine Kaltfront aus, die am östlichen Rand der Alpen entlang bis etwa nach Ostkroatien reichte. Von dort führte, dem bogenförmigen Verlauf der zuvor genannten Kaltfront ungefähr folgend, eine Okklusionsfront weiter in südwestlicher Richtung bis kurz vor Genua in Nordwestitalien. Außerdem zweigte eine Kaltfront über Ostkroatien ab, die über die Adria und das süditalienische Apulien bis südlich von Malta reichte. Mittags um 14 Uhr MESZ lag der Kern des Wirbels MICHAELA mit einem Luftdruck von knapp unter 1004 hPa westlich von Berlin.

Die Niederschlagsmengen bis zum Morgen des 10. Juli zeigen, daß sich die Tiefdruckaktivität auf weite Teile Mitteleuropas auswirkte. Besonders hohe Niederschlagsmengen verzeichnete dabei wiederum Deutschland. So fielen zum Beispiel im niedersächsischen Oldenburg innerhalb von 24 Stunden 35,9 l/m², am Düsseldorfer Flughafen 44,9 l/m² und im ostsächsischen Görlitz 52,6 l/m². In den Nachbarländern kamen beispielsweise in der belgischen Hauptstadt Brüssel 31 l/m² und im polnischen Breslau 29 l/m² zusammen. Das Tiefdruckgebiet MICHAELA hatte sich mittlerweile in zwei Teiltiefs aufgespalten. Das Tief MICHAELA I befand sich etwa über Lothringen, der Wirbel MICHAELA II lag über dem südlichen Polen. Beide Teiltiefs waren durch eine Luftmassengrenze miteinander verbunden, deren westlicher Teil eher Kaltfrontcharakter hatte, während der östliche Teil als Warmfront analysiert wurde. Vom Teiltief MICHAELA I ging außerdem eine Warmfront aus, die über die Nordsee bis zur südnorwegischen Westküste reichte und dort in eine Kaltfront eines unbenannten Wellentiefs zwischen Jan Mayen und Nordnorwegen überging. Ausgehend vom Teiltief MICHAELA II führte eine Kaltfront, ungefähr dem Verlauf der Karpaten folgend, zunächst in östlicher, dann in südlicher Richtung über Rumänien und Bulgarien und weiter bis zum nördlichen Griechenland.

Im nordosthessischen Bad Hersfeld kamen bis zum Morgen des 11. Juli die größten Regenmengen zusammen, nämlich 64,8 l/m² in 24 Stunden. Im übrigen Deutschland lagen die Niederschlagssummen überall unter 30 l/m², oft auch deutlich unter 15 l/m². In Küstennähe blieb es sogar fast durchweg trocken. Am 11. Juli war das Tiefdruckgebiet MICHAELA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Vom nördlichen Rand der Zentralalpen zog sich in westlicher Richtung eine Okklusionsfront bis zum östlichen Frankreich. Von dort führte eine Okklusionsfront über den Pariser Raum und England bis zum Europäischen Nordmeer, wo der Anschluß zu einer weiteren Okklusionsfront eines unbenannten Tiefdruckgebietes östlich von Spitzbergen bestand. Von Ostfrankreich ging darüber hinaus eine Okklusionsfront aus, welche von West- über Ostdeutschland bis ins westliche Polen führte, wo der Anschluß zu einer weiteren, mit dem Tief NIKE über Rumänien verbundenen Okklusionsfront bestand. Die Fronten des Tiefs MICHAELA brachten in einigen Gebieten Mitteleuropas nochmals kräftige Niederschläge, die bis zum Morgen des 12. Juli zu 24-stündigen Regensummen von gebietsweise 20 bis 30 l/m² führten. Im saarländischen Berus wurden sogar 36,1 l/m² registriert. Nachfolgend setzte sich leichter Zwischenhocheinfluss in Mitteleuropa durch.

 


Geschrieben am 17.09.2014 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 08.07.2014

Pate: Michaela Bacher