Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet MICHEL

(getauft am 24.11.2015)

 

Durch das Aufeinandertreffen von arktischer Kaltluft und wärmeren Luftmassen vom Atlantik über dem Süden Grönlands bildete sich ein neues Tiefdruckgebiet, welches am 24.11.2015 in der Prognose für den Folgetag auf den Namen MICHEL getauft wurde.

Am 25.11. befand sich das Zentrum von Tief MICHEL über der Labradorsee, welche zwischen Grönland und dem Nordosten Kanadas liegt. Der Kerndruck betrug ca. 995 hPa. Eine Kaltfront erstreckte sich vom Kern aus über den Westatlantik bis zum Seegebiet um die Bermuda-Inseln. Die Warmfront reichte nach Osten über die Westküste Irlands bis zur Biskaya. Die Wetterstation Connaught am Flughafen Knock in der irischen Grafschaft Mayo verzeichnete im Tagesverlauf an der Warmfront leichten Regen und eine 24-stündige Regenmenge von 2,9 mm. In der Stadt Belmullet registrierte die Wetterstation im selben Zeitraum 1,6 mm Niederschlag, die Wetterstation des Gurteen-College in der Grafschaft Tipperary meldete 2,7 mm. Die Tageshöchsttemperaturen lagen zwischen 11,9°C in Belmullet, 11,0°C in der Grafschaft Tipperary und 9,8°C am Flughafen Knock. Die höchste Temperatur Irlands wurde im Süden auf Sherkin Island mit 13,8°C gemeldet. In Belmullet wurde um 06 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, eine Böe von 61,2 km/h registriert, was der Windstärke 7 auf der Beaufortskala entspricht.

Bis zum 26.11. verlagerte sich das Tiefdruckgebiet MICHEL mit seinem Zentrum über die Dänemarkstraße, welche das Seegebiet zwischen Island und Grönland beschreibt. Der Kerndruck vertiefte sich auf 980 hPa. Eine Okklusionsfront, welche eine Mischung aus Kalt- und Warmfront ist, erstreckte sich von der Südspitze Grönlands bis über die Provinz Östliches Nordland von Island. Dort spaltete sich die Okklusionsfront in Warm- und Kaltfront auf. Die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten über den Atlantik, die Warmfront führte hingegen nach Süden über die Britischen Inseln und Westfrankreich, wo sie mit der Kaltfront eines Tiefs bei Italien verbunden war. Die höchste Niederschlagsmenge der Britischen Inseln wurde an der schottischen Wetterstation Tulloch Bridge registriert, wo 9,2 mm in 24 Stunden gemeldet wurde. Andere Wetterstationen im Norden und Westen Großbritanniens meldeten 3 mm bis 4 mm im selben Zeitraum. Die Tageshöchsttemperatur der Station Tulloch Bridge lag bei 10,8°C. Deutlich wärmer war es in Aberdeen mit maximal 15,1°C, was die höchste Tagestemperatur von Großbritannien war. Mit der Verlagerung der Warmfront kamen über dem Nordwesten Frankreichs nur geringe Niederschlagsmengen von meist unter 1,5 mm in 24 Stunden zusammen. Die höchste Temperatur wurde mit 13,5°C an zwei Orten registriert. Zum einen in Ploumanac’h an der bretonischen Nordküste, zum anderen an der Wetterstation Chassiron auf der Insel Oléron in der Biskaya, ungefähr 200 km nördlich von Bordeaux.

Bis zum 27.11. verbanden sich die Tiefs MICHEL und LAURITZ über dem Europäischen Nordmeer zu einem Tiefdruckkomplex mit mehreren Kernen. Der Kern, der dem Tief MICHEL zugeordnet werden konnte, befand sich über den Lofoten. Eine Okklusionsfront erstreckte sich über die Skanden bis über den Bottnischen Meerbusen, wo sie sich aufspaltete. Die Kaltfront erstreckte sich über die schwedische Region Dalarna bis zur norwegischen Nordmeerküste, wo sie mit einer Warmfront verbunden war. Die Warmfront führte über Südschweden bis über die Nordsee. Um die norwegische Stadt Bergen, wo die Kaltfront auf die Küste traf, kam es zu besonders großen Niederschlagsmengen. So fielen an der Wetterstation Takle in der Kommune Gulen am Sognefjord in 24 Stunden 77 mm Regen bei einer Höchsttemperatur von 11,3°C. Die Station Liarvatn nordöstlich von Stavanger registrierte in derselben Zeit 65 mm, die Temperatur erreichte maximal 8,5°C. In Deutschland blieb es an diesem Tag noch meist trocken. Am wärmsten wurde es auf Helgoland mit einer Höchsttemperatur von 9,4°C. In den Hochlagen der Mittelgebirge hielt sich teilweise Dauerfrost, wie beispielsweise auf der Wasserkuppe mit einer Höchsttemperatur von -0,6°C.

Bis zum Folgetag spaltete sich das Tief MICHEL in zwei Kerne auf. Das Tief MICHEL I befand sich östlich der Insel Jan Mayen mit einem Druck von 970 hPa. Von dort aus führte eine Okklusionsfront östlich bis zum Kern der Zyklone MICHEL II, der über dem Kap Kanin am Weißen Meer lag. Dort spaltete sich die Okklusion in eine nach Nordosten aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte heraus führende Warmfront und eine nach Südosten reichende Kaltfront auf. Südlich des Kerns von Tief MICHEL II wurden polare Luftmassen in die Region Perm transportiert. Die Warmfront eines Randtiefs über Lappland war über Finnland und dem Baltikum wetterwirksam. Außerdem führte von dort eine Kaltfront entlang der Skanden bis zu einem weiteren Randtief mit Zentrum über Oslo, von wo aus sich eine Okklusionsfront weiter nach Süden über die Deutsche Bucht und Frankreich erstreckte. In Deutschland wurden die größten Niederschlagsmengen in Cuxhaven mit 10,4 mm in 24 Stunden gemessen. Auf dem Brocken fiel 9,7 mm Schnee in derselben Zeitspanne, wodurch die Gesamtschneemenge von 22 cm auf 29 cm und bis zum nächsten Morgen sogar auf 37 cm anwuchs. Größere Schneemengen wurden auch in anderen Teilen der Mittelgebirge wie 27 cm auf dem Kahlen Asten oder 15 cm in Braunlage beobachtet. Jedoch blieb teilweise auch im Flachland etwas Schnee liegen, vorwiegend im Norden oder Osten Deutschlands. Um 18 Uhr UTC meldete die Station in Berlin-Dahlem 1 cm Schnee, 6 Stunden später war der jedoch wieder geschmolzen. Leipzig-Schkeuditz meldete um 12 Uhr UTC sogar eine Schneedecke von 3 cm. Am wärmsten war es in der Deutschen Bucht mit einer Höchsttemperatur von 9,0°C auf Helgoland, 8,9°C am Leuchtturm Alte Weser und 8,6°C auf Norderney, während sie in Cuxhaven bei 8,6°C lag. In Süddeutschland befanden sich die Höchsttemperaturen zwischen 6,3°C in Rheinstetten und 1,8°C in Fürstenzell bei Passau. Auf dem Brocken betrug das Temperaturmaximum -2,3°C.

Am 29.11. lag das Tief MICHEL I unverändert mit dem Kern über der Insel Jan Mayen. Eine Okklusion führte von dort über das Europäische Nordmeer und die Barentssee und verband sich mit der Okklusion des Tiefs MICHEL II, welches sich über dem Einzugsgebiet des Ob über Westsibirien befand. Die Station auf Jan Mayen registrierte im Tagesverlauf zunehmend stärkere Böen. Während sie um 06 Uhr UTC noch eine Stärke von 61,2 km/h meldete, waren es 18 Stunden später schon 97,3 km/h. Die Temperatur schwankte im Tagesverlauf von minimal 0,0°C bis auf maximal 1,1°C. Die Niederschlagshöhe betrug 4,8 mm, die die meiste Zeit als Schnee fiel.

Am 30.11. war das Tief MICHEL II aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte gezogen. Die Zyklone MICHEL über dem Europäischen Nordmeer hat sich im Vergleich zum Vortag nur wenig nach Nordosten verlagert. Die Okklusionsfront erstreckte sich nach Osten über die Barentssee und nach Südwesten in Richtung Island. Die Insel Jan Mayen, die von der Okklusionsfront beeinflusst wurde, meldete um 00 Uhr UTC Böen bis 97,3 km/h, sowie eine Niederschlagsmenge von 4,0 mm in den vergangenen 6 Stunden, welche als Schnee fielen. Um 06 Uhr UTC wurde eine Schneehöhe von 0 cm gemeldet, da der Schnee durch die starken Winde verweht wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurden Böen bis 93,7 km/h registriert bei einer Temperatur von -0,8°C. Im Lauf des Tages stieg die Temperatur noch bis auf +0,7°C an.

Am 01.12. befand sich der Kern des Wirbels MICHEL weiterhin über dem Europäischen Nordmeer zwischen der Insel Jan Mayen und der Inselgruppe Spitzbergen. Der Kerndruck betrug ca. 985 hPa und das System wurde zunehmend in die Zirkulation des Tief NILS mit Kern über dem Bottnischen Meerbusen aufgenommen. Die Warmfront erstreckte sich vom Kern nach Norden über die Inselgruppe Spitzbergen, wo sie mit der Kaltfront eines unbenannten Tiefs verbunden war. Die Wetterstation Hornsund auf Spitzbergen registrierte in der Nacht vom 30.11. zum Folgetag anhaltenden leichten Schneefall, der um 06 Uhr UTC eine Schneedecke von 1 cm hervorbrachte. Sechs Stunden zuvor wurden noch Böen bis zu 90,1 km/h registriert, welche den meisten Schnee verweht hatten. Darüber hinaus führte die Front deutlich wärmere Luft in das Spitzbergener Gebiet. Während die Station am Vortag um 18 Uhr UTC noch -0,8°C meldete, stieg diese über Nacht bis 06 Uhr UTC auf +2,1°C an.

Bis zum 02.12. schwächte sich das Tief MICHEL weiter ab, so dass der Wirbel nicht mehr in der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 

 

Geschrieben am 27.03.2016 von Sebastian Kugel

Berliner Wetterkarte: 27.11.2015

Pate: Michel Oelschlägel