Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NAIMA

(getauft am 29.01.2020)

 

Am 27.01.2020 verlagerte sich ein unbenanntes Tiefdruckkomplex, welches in den vorherigen Tagen über dem nordamerikanischen Festland entstanden war, über die kanadische Provinz New Brunswick. Bis zum 29. Januar spaltete sich das Tiefdruckkomplex in zwei Kerne, welche auf der Analysekarte der Berliner Wetterkarte zum 29. Januar um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, auf die Namen NAIMA und MAREILE getauft wurden.

Das Tiefdruckgebiet NAIMA befand sich zu diesem Zeitpunkt hinter der Zyklone MAREILE südlich von Neufundland bei einem Kerndruck von knapp 995 hPa. Eine Okklusionsfront zog sich durch den Kern des Tiefs nach Norden bis zur Küste Nova Scotias. Eine Okklusion ist eine Front, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht, ein Aufgleiten der warmen Luftmasse auf die kalte Luftmasse bewirkt und oft mit viel Niederschlag und Gewittern verbunden ist.

Bis zum 30. Januar um 01 Uhr MEZ verlagerte sich die Zyklone nach Osten und befand sich zwischen Neufundland und den Azoren über dem zentralen Nordatlantik. Ihr Kerndruck betrug ungefähr 975 hPa. Der Okklusionspunkt, also der Punkt an dem Kalt- und Warmfront aufeinandertreffen, befand sich nordöstlich des Tiefdruckkerns, von wo aus sich eine Warmfront Richtung Osten erstreckte und in die Kaltfront des Tiefs MAREILE überging. Die Kaltfront des Tiefdruckgebiets NAIMA verlief vom Okklusionspunkt aus erst südlich, später südwestlich und reichte weit bis über den westlichen Teil des Nordatlantiks.

Das Tief zog bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ weiter Richtung Nordosten und befand sich nördlich der Azoren und westlich von Irland über dem Nordatlantik. Mit einem Kerndruck von knapp 970 hPa hatte die Zyklone sich weiter intensiviert. Die Okklusionsfront verlief vom Kern des Tiefs nach Osten, bis sie sich westlich der Küste Irlands in die Kalt- und die Warmfront aufspaltete. Die Kaltfront erstreckte sich nach Süden über den Atlantik und ging westlich von Spanien in eine Warmfront über, die Warmfront verlief südöstlich über Irland und Wales und beinflusste hier erstmals das Wettergeschehen in Westeuropa. So wurden in Capel Curig in Wales bis 19 Uhr MEZ maximale 12-stündige Niederschlagsmengen von 19 mm gemessen. Die höchsten Windgeschwindigkeiten wurden in Schottland auf der Bergkette Cairngorm verzeichnet, hier erreichte der Wind in Böen um 07 Uhr MEZ eine Geschwindigkeit von bis zu 167 km/h was der Windstärke 12 auf der Beaufort-Skala entspricht. In tiefer gelegenen Regionen erreichte der Wind Spitzenböen der Stärke 7-8.

Bis zum 01. Februar entstand an der Okklusionsfront von NAIMA ein etwas schwächer ausgeprägtes Randtief mit einem Kerndruck von 980 hPa, welches von nun an als NAIMA II bezeichnet wurde. Der ursprüngliche, stärker ausgeprägte Kern der Zyklone erhielt die Bezeichnung NAIMA I und hatte einen Kerndruck von fast 975 hPa. Um 01 Uhr MEZ befand sich der Kern von NAIMA I nördlich von Irland. Von dort aus verlief die Okklusionsfront nordöstlich durch den Kern von NAIMA II, welcher sich vor der Westküste Norwegens befand und weiter nach Süden bis zum Okklusionspunkt über Dänemark, von wo aus die Kaltfront weiter nach Südwesten durch Belgien und Nordfrankreich verlief, später in die Warmfront der nachfolgenden Zyklone OTTILIA verlaufend, und die Warmfront nach Südosten durch Ostdeutschland bis über Ungarn, südwestlich von Budapest. Eine weitere Kaltfront verlief von Kern von NAIMA II aus. Zunächst verlief sie südlich über die Nordsee, später südwestlich durch den Süden Englands bis über die Biskaya. Der Frontendurchgang brachte im Laufe des Tages vor allem in Westdeutschland jede Menge Niederschlag mit sich. Die höchste Niederschlagsmenge wurde in Baiersbronn-Ruhestein gemessen. Hier gab es bis 19 Uhr MEZ 12-stündige Niederschlagsmengen von 36 mm. In den Alpenregionen erreichte der Wind teils hohe Geschwindigkeiten wie auf dem schweizerischen Säntis, wo um 18 Uhr MEZ orkanartige Böen mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h gemessen werden konnten. Die mit der Okklusion verbundenen Regenschauer im Westen Norwegens erreichten um 19 Uhr MEZ in Fossmark mit 26 mm 12-stündige Spitzenwerte.

Am 02. Februar um 01 Uhr MEZ hatte sich Zyklone NAIMA II bereits wieder aufgelöst. Der verbleibende Tiefdruckkern des Wirbels NAIMA befand sich mit einem Druck von knapp 975 hPa über dem Bottnischen Meerbusen zwischen Schweden und Finnland. Eine Okklusionsfront verlief von der Südspitze Schwedens nach Nordosten durch den Kern des Tiefs NAIMA und weiter nach Südosten bis nach Estland, wo der Okklusionspunkt lag. Von dort aus verlief die Kaltfront der Zyklone südwestlich durch Polen und Süddeutschland, wo sie abermals in die Warmfront des Wirbels OTTILIA überging. Die Warmfront hingegen verlief vom Okklusionspunkt aus südöstlich und reichte bis über das Schwarze Meer. Entlang der Kaltfront kam es vermehrt zu Starkregen, beispielsweise in Dachsberg-Wolpadingen im Schwarzwald, wo innerhalb von 6 Stunden bis 19 Uhr MEZ 28mm Niederschlag registriert wurden. Im selben Zeitraum wurden in Saldenburg-Entschenreuth im Bayerischen Wald 24 mm Niederschlag gemessen. Im Gebirge erreichten die Windböen teils Orkanstärke, Spitzenwerte wurden am Feuerkogel in Österreich mit 159 km/h um 07 Uhr MEZ verzeichnet.

Bei unverändertem Kerndruck verlagerte sich die Zyklone bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ bis nach Russland, nahe der finnischen Grenze. Von dort aus verlief eine Kaltfront nach Süden bis zur Ukraine und brachte leichten bis mäßigen Niederschlag mit sich. Maximale Niederschlagsmengen wurden in der Russischen Republik Karelien, genauer Padany gemessen, hier gab bis zwischen 07 und 19 Uhr MEZ 13 mm Niederschlag. Vom Kern des Tiefs NAIMA aus erstreckte sich außerdem eine Okklusionsfront südöstlich bis zum Okklusionspunkt östlich von Moskau, von wo aus die Warmfront weiter südlich über Wolgograd und die Kaltfront südwestlich bis über das Schwarze Meer verlief.

Am 04. und 05. Februar schwächte sich das Tiefdruckgebiet NAIMA ab und verlagerte sich weiter nach Nordosten über Russland. Die Zyklone hatte keinen weiteren Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa und wurde ab dem 06.02.2020 nicht weiter namentlich auf den Wetterkarten der Berliner Wetterkarte e.V. erwähnt.