Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NANDOR

(getauft am 05.09.2013)

 

Ende der ersten Septemberdekade kam es vor der langgestreckten Kaltfront eines unbenannten Tiefs über den Färöern zu einer Wellenstörung und der prognostizierten Bildung eines Tiefdruckwirbels über Großbritannien, welcher am 05.09. in der Vorhersage für den Folgetag auf den Namen NANDOR getauft wurde.

Am Tauftag lag der Kern des Tiefs über der Südostspitze von Großbritannien, wobei der Kerndruck bei etwa 1010 hPa lag. Die Warmfront verlief vom Kern ausgehend nordwärts bis fast zur Südspitze Norwegens und die Kaltfront vom Kern aus bogenförmig über Brüssel, Paris und Biarritz. Aufgrund des zyklonalen Drehsinns, d.h. auf der Nordhalbkugel entgegen des Uhrzeigersinns, konnte auf der Vorderseite der Zyklone sehr warme Luft aus dem Südwesten Europas nach Westdeutschland einfließen. So lag die Höchsttemperatur z.B. in Lahr am Oberrhein bei 31°C. Ein anderes Bild bot sich hingegen in Westfrankreich. Dort brachte der Kaltfrontdurchzug deutlich niedrigere Temperaturwerte mit sich. So lag die Höchsttemperatur im französischen Rouen bei nur 17°C, obwohl hier einen Tag zuvor noch ein Tagesmaximum von 31°C erreicht wurde.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Tief NANDOR bei gleichbleibendem Druck nach Norden und befand sich nun mit seinem Kern über Mittelengland. Dabei verlief vom Kern aus zunächst eine Okklusion, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, wenige Hundert Kilometer nordostwärts, bevor sie sich über der Nordsee in eine bis nach Mittelnorwegen reichende Warmfront und in eine Kaltfront, die über Köln und Genf bis zu den Pyrenäen verlief, aufspaltete. Dabei spaltete sich über der Nordsee von der Kaltfront noch eine weitere Kaltfront ab, die über Brüssel bis zum französischen Nantes reichte. Vor allem an der Kaltfront gab es Schauer, wodurch z.B. in Lingen an der Ems 10 l/m² in 24 Stunden fielen. Auch die Werte der Höchsttemperatur gingen stark zurück, diese lagen hinter der Kaltfront noch um 20°C. Der Osten Deutschlands befand sich dagegen noch im Warmluftsektor, so lag die Höchsttemperatur in Potsdam bei 27°C.

Am 08.09. lag das Tief mit unverändertem Druck über Nordirland. Vom Kern ausgehend erstreckte sich eine Okklusion einige Hundert Kilometer im Halbkreis über das Europäische Nordmeer und teilte sich bei den Färöern wieder in Warm- und Kaltfront. Die Warmfront erstreckte sich bis Mittelschweden und die Kaltfront zog sich dagegen über die Nordsee und Dänemark bis Norddeutschland. Dort verband sie sich mit der Warmfront des Tiefs OBAMA. Der Einfluss der Warmfront machte sich z.B. im norwegischen Trondheim bemerkbar, wo das Tagesmaximum der Temperatur 25°C betrug. Anders sah es in Irland aus. Hier zeigten sich die Auswirkungen der Okklusionsfront, wodurch in Irland auch nur Höchstwerte um 14°C erreicht wurden. In Lough Fea fielen außerdem 8 l/m² in 24 Stunden.

Am darauffolgenden Tag verlagerte sich der Tiefdruckwirbel NANDOR Richtung Süden und lag mit seinem Kern vor der Küste Cornwalls. Dabei betrug der Kerndruck etwa 1015 hPa. Vom Kern zog sich eine sehr lange Okklusionsfront nordwärts und entlang der Nordküste Islands bis über die Dänemarkstraße. Ebenfalls vom Kern ausgehend verliefen eine Warmfront in Richtung Süden bis zur Nordküste Spaniens und eine Kaltfront bogenförmig nach Südwesten, bevor sie sich mit einer Warmfront eines Tiefs über dem Nordatlantik verband. Erneut regnete es auf den Britischen Inseln, so z.B. im walisischen Aberporth. Hier fielen 21 l/m² innerhalb von 24 Stunden.

Bis zum 10.09. verlagerte sich Tief NANDOR in Richtung Osten und lag mit seinem Kern nun über der deutsch-holländischen Grenze. Dabei lag der Kerndruck erneut bei 1010 hPa und die Okklusionsfront zog sich vom Kern aus bis zum Rhein-Main-Gebiet. Dort spaltete sich einerseits eine Kaltfront, die nach Westen über den Golf von Biskaya verlief und andererseits eine Warmfront ab, die bis zu den Alpen reichte. Der Tiefdruckwirbel NANDOR brachte vor allem über Holland sehr viel Niederschlag mit sich. So fielen z.B. in Twente innerhalb vom 30 Stunden 64 l/m².

Die Fronten des Tiefs POLYKARP, welches weiter im Norden lag, gingen am Folgetag in die Zirkulation des Wirbels NANDOR über. Somit besaß das Tief NANDOR zwei Teilzentren mit einem Kerndruck von jeweils etwa 1010 hPa, die sich eine geschlossene Isobare, also Linie gleichen Luftdrucks, teilten. Eine Okklusionsfront verlief vom südlicheren Zentrum über der deutsch-holländischen Grenze in einem Bogen über die Nordsee, Südnorwegen und Stockholm, wo sich eine Kaltfront anschloss, die sich über Wilna bis nahe des Schwarzen Meeres zog. Eine zweite Okklusion verlief vom Hauptzentrum bei Hamburg über Dänemark und wechselte nahe Bornholm den Charakter in den einer Kaltfront, die über Warschau bis Budapest verlief. Der Niederschlag innerhalb Deutschlands war an diesem Tag unterschiedlich verteilt, während in Nordrhein-Westfalen z.B. auf dem Kahlen Asten 36 l/m² in 24 Stunden fielen, regnete es im Berliner Raum nur wenig. So kamen in Berlin-Dahlem innerhalb von 24 Stunden nur 2 l/m² zusammen. Dabei wurden deutschlandweit meist nur Temperaturwerte um 13°C erreicht, lediglich an den Küsten und im äußersten Westen wurde es mit bis zu 17°C etwas wärmer.

Am 12.09. verlagerte sich das Tief NANDOR etwas in Richtung Nordosten und lag mit seinem Kern, in dem ein unveränderter Druck von ca. 1015 hPa herrschte, über der Südspitze Schwedens. Die Okklusionsfront verlief vom Kern in einem Bogen über Mecklenburg-Vorpommern, Kopenhagen, Trelleborg und Warschau. Daran schloss sich über den Karpaten eine Kaltfront an, die bis Kroatien verlief. An der Okklusionsfront regnete es weiterhin, so z.B. im polnischen Mikolajki mit 23 l/m² in 24 Stunden.

Im weiteren Verlauf zog das Tief NANDOR weiter Richtung Osten und lag am nächsten Tag mit seinem Kern über der Region von Kaliningrad. Dabei verlief die Okklusionsfront vom Kern aus bis westlich von Kiew, woran sich eine Warmfront, die bis über das Schwarze Meer reichte und eine kurze, nach Süden gerichtete Kaltfront anschlossen. Vor allem an der Okklusion und der Kaltfront regnete es. So meldeten Stationen im Bereich dieser Fronten über 30 l/m² Niederschlag innerhalb von 24 Stunden, wie z.B. Shepetivka in der Ukraine, wo sogar 52 l/m² fielen.

Der Tiefdruckwirbel schwächte sich in den nächsten Stunden jedoch weiter ab und konnte daher am 14.09. nicht weiter auf der der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 04.10.2013 von Philipp Zschenderlein

Berliner Wetterkarte: 11.09.2013

Pate: Nandor Gaus, jr.