Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet NANNETTE
(getauft am
18.11.2016)
Nach Beginn der
zweiten Monatshälfte im November 2016 verlagerte sich ein Tiefdruckwirbel von
der nordostamerikanischen Küste, der Höhenströmung in 5,5 km folgend, nach
Nordosten. Dieses Tief befand sich am 18.11. um 01 Uhr MEZ nördlich von
Neufundland mit einem Kerndruck von ca. 1010 hPa. Da das Tief das Wetter in
Mitteleuropa beeinflussen sollte, wurde dieses von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte auf den Namen NANNETTE getauft. Schon etwas weiter in der
Entwicklung fortgeschritten, wies die Zyklone eine kurze Okklusion auf, welche
sich bis zum Okklusionspunkt erstreckte und sich dort wieder in Kalt- und
Warmfront aufspaltete. Okklusionsfronten entstehen, wenn die schneller ziehende
Kaltfront die vordere Warmfront des Tiefs einholt und anhebt. Okklusionen
weisen daher die Eigenschaften dieser beiden Frontentypen auf. Die Kaltfront
des Wirbels NANETTE verlief leicht bogenförmig nach Südwesten und ging in die
Warmfront eines nachfolgenden Tiefs über. Die Warmfront erstreckte sich in
einem Bogen über den Nordatlantik und schloss sich der Kaltfront des Tiefs
MIRJA III mit Kern über der Nordsee an.
Am Folgetag befand
sich der Wirbel NANNETTE über dem nördlichen mittleren Nordatlantik. Im Kern
der Zyklone NANETTE herrschte ein Druck von unter 1000 hPa. Die Okklusionsfront
erstreckte sich bis zum Okklusionspunkt auf der Breite von Brüssel. Von dort
verlief die Kaltfront in einem Bogen nach Westen, die weiter östlich gelegene
Warmfront dagegen verlief zunächst nach Süden und ab der Breite von Bordeaux in
einem Bogen gen Westen über den Nordatlantik.
Am 20.11. lag das
Tief NANNETTE bereits über dem Ärmelkanal und hatte sich zu einem Orkanwirbel
mit einem Kerndruck von unter 975 hPa verstärkt. Die Okklusion der Zyklone
NANETTE erstreckte sich von England bis vor die westfranzösische Küste. Die
Kaltfront erstreckte sich in einem Bogen bis über den mittleren Nordatlantik,
die Warmfront bis nach Nordspanien. Im zentralen Bereich des Höhentroges, also
einem Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden, floss nach Schottland subpolare
Luft ein, sodass die Temperaturwerte bis zu -9°C erreichten, wie in Loch
Glascanoch. In Cornwall dagegen gingen die Tiefsttemperaturen nicht unter 2°C
zurück, in Camborne lag diese noch bei 7°C. Innerhalb von 12 Stunden fielen bis
zum Morgentermin um 07 Uhr MEZ des 20.11. in Südengland bis zu 38 l/m² in
Dunkeswell, 37 l/m² in Liscombe, 36 l/m² in Charlwood und noch 17 l/m² am
Londoner Flughafen Heathrow. In Langdon Bay konnten Böen bis zu 130 km/h
gemessen werden. Shoreham, Isle of Portland und die Station Culdrose
verzeichneten jeweils Spitzenböen bis zu 100 km/h. Noch stärkere Böen wurden in
Nordfrankreich, meist in der Normandie ab 07 Uhr MEZ verzeichnet: 156 km/h in
Boulgne-sur-Mer, 143 km/h in La Hague oder 122 km/h in Brignogan. Dabei begann
sich das Tief NANETTE schon langsam abzuschwächen. Das Sturmfeld griff auch auf
den Südwesten Deutschlands über. In den Mittelgebirgen und an Nord- und Ostsee
konnten Orkanböen von den Wetterstationen gemeldet werden. Auf Helgoland
beispielsweise wurden 113 km/h und auf dem Brocken 130 km/h gemessen. Das
Frontensystem des Tiefs NANNETTE griff auf Nord- und Westdeutschland mit
geringeren Niederschlagssummen als in England bis zum Abend über. Bis zu 8 l/m²
fielen in List auf Sylt in einem Beobachtungszeitraum von 12 Stunden bis 19 Uhr
MEZ. Auf Norderney fielen 4 l/m². In den Niederlanden konnten bis zu 13 l/m² in
Den Helder im gleichen Zeitraum gemessen werden. Gleichzeitig setzte eine
verstärkte Zufuhr milderer Luftmassen aus Südeuropa ein, sodass die Werte der
Temperatur am Oberrhein bis zu 18°C erreichten. Auch in Niedersachsen und
Nordrhein-Westfalen stieg die Temperatur bis auf 13 oder 14°C. Nachts kühlte
sich die Luft in Bayern bei meist geringer Bewölkung und windschwachen Verhältnissen
bis in den Frostbereich ab.
Zum 21.11.
verlagerte sich das Tiefdruckgebiet NANNETTE bis über Südskandinavien. Der Kern
wies noch einen Druck von 995 hPa auf. Die kurze Okklusion führte nach Osten
bis über Stockholm, die Warmfront verlief bis über Russland nordöstlich von St.
Petersburg, wo diese in das Frontensystem des Tiefs OLIVIA nahe des Weißen
Meeres überging. Die Kaltfront zog sich in einem engen Bogen über die Ostsee
und schloss sich über der polnischen Küste der Warmfront des nachfolgenden
Sturmtiefs PETRINE an. Die Niederschläge durch das Tief NANNETTE schwächten
sich deutlich ab. Bis zu 10 l/m² konnten im norwegischen Landvik, 18 l/m² im
schwedischen Daglosen oder noch 2 l/m² in Uppsala innerhalb von 24 Stunden
bis zum Abendtermin registriert werden. Vereinzelt wurden noch Böen der Stärke
7 bis 8 gemeldet, was zwischen 50 und 74 km/h entspricht. Aber auch der Wind
ließ in der sich auffüllenden Zyklone NANETTE zunehmend nach. Im
Einflussbereich des Tiefs PETRINE wurden dagegen wieder Orkanböen gemessen, bis
zu 117 km/h im französischen Brignogan.
Der Höhenströmung
nach Nordosten folgend, lag der Wirbel NANNETTE am 22.11. mit einem Kerndruck
von 1005 hPa über Finnland, westlich der Halbinsel Kola. Die Warm- und
Kaltfront der Zyklone NANETTE erstreckten sich jeweils nach Osten und Westen,
wobei die Warmfront in Richtung Perm und die Kaltfront dagegen nur wenige
Kilometer weiter nach Südwesten reichte, bis diese erneut in die Warmfront des
Tiefs PETRINE überging. Dabei wurden nur noch im Bereich der Okklusion
Niederschläge gemessen, die bis zu 2 l/m² bis 19 Uhr MEZ in Kandalaksa und
Rovaniemi Apukka, ansonsten meist zwischen 0,2 und 0,4 l/m² brachten.
Da die Zyklone
NANETTE sich weiter auffüllte und an Wetteraktivität verlor, wurde diese am 23.11.
auf der Berliner Wetterkarte nicht weiter namentlich aufgeführt.
Geschrieben am
16.12.2016 von Natja Bublitz
Berliner
Wetterkarte: 20.11.2016
Pate: Nannette Besser-Gerstner