Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
NAOTO
(getauft am
16.06.2017)
Am 16. Juni wurde ein Tiefdruckgebiet in der
Analyse der Berliner Wetterkarte auf den Namen NAOTO getauft. Der Wirbel
bildete sich über dem Nordatlantik, etwa 300 km südöstlich von Grönland,
angetrieben duch einen Höhentrog. Dies bezeichnet einen Vorstoß kalter
Luftmassen nach Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km
entspricht.
In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich der
Tiefdruckwirbel NAOTO nach Nordosten und lag am 17. Juni um 00 Uhr UTC, was 02
Uhr MESZ entspricht, mit seinem Zentrum ungefähr 150 km westlich von Reykjavik.
Vom Kern des Tiefs NAOTO erstreckte sich in östliche Richtung eine etwa 400 km
lange Okklusionsfront. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront,
die Kalt- und Warmfronteigenschaften aufweist. Bei diesem Prozess holt die
schneller ziehende Kaltfront die Warmfront ein, wodurch sich eine Mischfront,
die Okklusion, bildet. Der Okklusionspunkt bezeichnet den Ort, an dem die Warm-
und die Kaltfront zusammentreffen. Dieser lag auf dem gleichen Breitenkreis wie
Trondheim. Vom Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront über die Nordsee
bis zu den Benelux-Staaten. Dank der sich auf der Rückseite der Warmfront
befindenden subtropischen Meeresluft sank in der Nacht die Temperatur in
Edinburgh und in Amsterdam bis auf 15 bzw. 13°C. Die Kaltfront befand sich
weiter westlich über dem Atlantik, kurz vor der schottischen Küste.
Zum 18. Juni verstärkte sich das Tiefdruckgebiet
NAOTO und zog mit seinen Ausläufern weiter nach Nordosten. Der Wirbel lag mit
seinem Zentrum ca. 100 km südlich der Insel JanMayen und wies einen Druck von ungefähr 995 hPa auf. Vom Kern
ausgehend erstreckten sich eine ca. 300 km lange Okklusionsfront, sowie eine
Warm- und Kaltfront. Die Warmfront verlief über Schweden bis nach
Norddeutschland. So stiegen die Temperaturen an den Stationen Stockholm-Arlanda
und Berlin-Dahlem bis auf sommerliche 25,2 und 25,6°C an. Die Kaltfront
erstreckte sich über Norwegen und Schottland bis zum gleichen Breitenkreis wie
Warschau. In der labilen Schichtung konnten sich Regenschauer entwickeln,
wodurch bis 06 Uhr UTC 24-stündige Niederschlagsmengen von 25 bzw. 10 mm in
Bergen und Trondheim gemessen wurden. Die Schichtung ist labil, wenn die
Temperaturänderung eines Luftpakets bei Vertikalbewegungen kleiner ist als die
seiner Umgebungsluft. Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Schauer-
und Gewitterentstehung.
Bis zum Folgetag verlagerte sich das Bodentief
NAOTO etwas nach Nordosten und befand sich am 19. Juni um 01 Uhr MEZ direkt
über der Insel Jan Mayen. So beeinflusste die zum Kern gehörende, etwa 800 km
lange, bogenförmige Okklusionsfront das Wetter von Nordskandinavien und
Nordwestrussland. Bis 18 Uhr UTC wurden in Murmansk 12-stündige
Niederschlagsmengen von 11 mm registriert. Unter den Regenwolken blieb es zudem
recht kühl. Die Station meldete 6,4°C als Höchsttemperatur für diesen Tag.
Unter dem Höhentief entstand im Gebiet des stärksten Druckabfalls ein zweiter
Kern, der um 00 UTC etwa 200 km westlich von Archangelsk lag und den Namen NAOTO
II bekam. Die ca. 500 km lange Okklusionsfront des
Tiefs NAOTO II beeinflusste das Wetter von Westrussland. 24-stündig bis 06 Uhr
UTC fiel zum Beispiel in St. Petersburg 13 mm Niederschlag. Der Okklusionspunkt
befand sich ungefähr 150 km östlich der Stadt Tallinn. Die Warmfront verlief
Richtung Süden über Lettland, Litauen und Weißrussland. Die Kaltfront lag
weiter westlich und erstreckte sich über Estland und die Ostsee bis nach
Dänemark. In
der sich hinter der Kaltfront des
Tiefs NAOTO II befindenden polaren Meeresluft konnte in Stockholm-Skavsta
24,1°C als Tageshöchstwert der Temperatur gemessen werden. Am Vortag wurden im
Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront noch 26°C als Höchsttemperatur
registriert.
Im Vergleich zum Vortag änderte das
Tiefdruckgebiet NAOTO seine Position kaum und lag mit seinen zwei Zentren, in
denen der Kerndruck etwas unter 1000 hPa betrug, zwischen dem nördlichen 60.
und 70. Breitengrad. Aufgrund der im immer größeren Ausmaß vordringenden Kaltluft
kam es zur Verdrängung der warmen Luftmassen in Bodennähe. Demzufolge löste
sich die vortags lange Okklusionsfront des Tiefs NAOTO I auf, wodurch dieser
Kern am 20. Juni zum letzten Mal auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden
konnte. Währenddessen verlagerte sich der andere Kern mit seinen Ausläufern
weiter nach Osten. Das Zentrum des Wirbels NAOTO II lag über Archangelsk. Das
bogenförmige Frontensystem bestand aus einer kurzen Okklusionsfront, einer
etwas längeren Warmfront und einer Kaltfront. Das Einflussgebiet erstreckte
sich vom Weißen Meer ungefähr bis zum 53. Breitenkreis. Bis zum Durchzug des
Frontensystems am Nachmittag kam es in Archangelsk zu Dauerregen. Um 06 Uhr UTC
meldete die Station eine 24-stündige Niederschlagshöhe von 2 mm bei einem
Tiefstwert der Temperatur von 9°C.
Am Tag des astronomischen Sommeranfangs, der
Sommersonnenwende, lag das Tiefdruckgebiet NAOTO mit seinem Zentrum ungefähr
100 km nordwestlich von Archangelsk. Seine
Okklusionsfront verlief vom Kern nach Südosten bis zum Rand des Darstellungsbereichs
der Berliner Wetterkarte, wobei im russischen Uchta den ganzen Tag über stark
bewölkter Himmel beobachtet wurde. Am 21. Juni war der stark abgeschwächte
Wirbel NAOTO nach 6 Tagen Lebensdauer zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde
auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen und konnte folglich nicht weiter
analysiert werden.
Geschrieben am 06.07.2017 von Adrienn
Hegedüs
Berliner Wetterkarte: 19.06.2017
Pate: Brigitte Henselleck