Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet NATALIA
(getauft
am 27.05.2004)
Am
27.05.2004 entstand über dem Atlantik ca. 300 km nördlich der Azoren auf der
Südseite eines Höhentiefs bei Grönland das Wellentief NATALIA. Gleichzeitig
dehnte sich das über der Nordsee und dem Nordmeer liegende Bodenhoch TERTULIN
aus, so dass sich in Zentraleuropa allgemein sonniges Wetter durchsetzen
konnte.
Am
folgenden Tag zog das Höhentief mit NATALIA in östliche Richtung und wurde von
dem noch immer über den Britischen Inseln liegendem Hoch verlangsamt, jedoch
sank der Kerndruck unter 1000 hPa und es bildete sich ein Doppeltiefdrucksystem
mit einer langreichenden Okklusionsfront, die sich von Spanien bis nach Irland
erstreckte. Das vereinigte Tief vergrößerte sich noch weiter, so dass es sich
am 29.05. mit einem geringen Kerndruck von unter 990 hPa von Island bis
Südirland erstreckte und die Front bis Spanien reichte. Die starken
Druckgegensätze zwischen NATALIA und einem Hoch über den Azoren erzeugten auf
dem Atlantik starke Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten über 100 km/h. Hoch
TERTULIN, inzwischen nach Zentraleuropa gezogen, versperrte dem riesigen
Tiefdrucksystem den direkten Weg nach Mitteleuropa, so dass auch am nächsten
Tag, dem 30.05. das Zentrum von NATALIA zwischen Island, Grönland und den
Britischen Island lag und nur die Okklusionsfront Teile Westfrankreichs
erreichten.
Die
Temperaturen dort fielen unter 15 °C. Merklich wärmer war es dagegen auf Island
und in Teilen Grönlands, da sich dort an der Nordflanke des umfangreichen
Tiefdruckwirbels von Osten und Südosten her verhältnismäßig milde Luft
durchsetzte, so dass hauptsächlich in Lee von Gebirgen 15°C überschritten
wurden: so meldete Galtarviti im Nordwesten Islands ein Maximum von 17,8°C, in
Nassarssuaq gab es einen Höchstwert von 16,1°C.
Hoch
ULI über Skandinavien verhinderte das Weiterziehen von NATALIA in östliche
Richtung und so schwächte sich das Tief über das Pfingstwochenende wieder
ab. Die Okklusion, die beim Übertritt auf das westeuropäische
Festland Kaltfrontcharakter annahm, kam unterdessen weiter ostwärts voran. An
ihr entstanden aber nur vereinzelt Gewitter (Niederschlagsmenge 30.Mai von
Melun wenig südöstlich von Paris: 17 Liter pro Quadratmeter). Diese
Kaltfrontokklusion hat bis zum Mittag des 31.05.04 große Teile West- und
Süddeutschlands überquert und brachte dort teilweise ergiebigen Regen, aber nur
wenige Gewitter. Die Wetterstation Bocholt meldete dabei eine nächtliche
Niederschlagsmenge von 18 Liter pro Quadratmeter. Die Okklusion verlagerte sich
in den nächsten 24 Stunden nur noch wenig nach Osten und erreichte zum 00
UTC-Termin etwa die Elbe. In der Osthälfte Deutschlands kam es am Nachmittag zu
Gewitterbildungen, wobei gebietsweise über 20 Liter Regen pro Quadratmeter
fielen (z.B. Brilon-Thülen im Sauerland 23, Aue im Erzgebirge 21 Liter).
Aber
auch hinter der Luftmassengrenze in der Südwesthälfte entwickelten sich Schauer
und Gewitter. Ursache dafür war ein vom Ärmelkanal nach Mitteldeutschland
ziehendes kleinräumiges Höhentief mit entsprechenden vertikalen Umlagerungen.
In der vergangenen Nacht bildeten sich auch vor der Front über Brandenburg
einzelne Schauer, die aber nur wenig ergiebig ausfielen. Der Kernbereich von
NATALIA befand sich weiter etwas südlich von Island, jedoch schwächte sich das
System bis auf einen Kerndruck von 1015 hPa weiter ab.
Da
NATALIA am folgenden Tag weiter nach Norden zog und sich auf den Wetterkarten
kam noch bemerkbar machte, verschwand es am 03.06.04 von der Berliner
Wetterkarte.
Geschrieben am 16.06.2004 von Robert Scholz
Wetterkarte: 28.05.2004
Pate: R.M.