Lebensgeschichte

Tiefdruckgebiet NATALIE

(getauft am 02.10.2010)

Unter einer starken zonalen Strömung in der mittleren Troposphäre, in 500 hPa Höhe, bildete sich über Neufundland aufgrund starker Temperaturgradienten eine Wellenstörung aus, welche sich mit der Höhenströmung weiter nach Osten verlagerte. In den folgenden Stunden intensivierte sich das Drucksystem und wurde am 02.10.2010, südlich von Grönland liegend, auf den Namen NATALIE getauft. Der Kerndruck der Zyklone lag bei 1005 hPa. In den folgenden Stunden erfolgte eine rasche, beinahe meridionale, Verlagerung bei deutlicher Verstärkung des Druckgebietes. Der Wirbel NATALIE befand sich zwischen den Azoren und der Iberischen Halbinsel mit einem Kerndruck von 995 hPa. Die ungewöhnliche Zugbahn der Zyklone war mit einem starken, steuernden Orkantief MAREILIE, südlich von Island, verbunden. Binnen 24 Stunden erfolgte eine weitere deutliche Vertiefung des Wirbels bei gleichzeitiger Verlagerung nach Nordosten.

So lag Tief NATALIE am 04.10.2010 mit einem Kerndruck von 989 hPa über der Biskaya. Die Fronten der Zyklone überquerten dabei weite Teile der Iberischen Halbinsel, wo starke Regenfälle und Gewitter gemeldet wurden. So fielen innerhalb 24 Stunden in Porto und Vigo 50 l/m² Regen, in Vila Real wurden sogar 54 l/m² registriert. Nachfolgend setzte eine leichte Abschwächung des Tiefdruckgebietes ein, welches am Folgetag mit einem Kerndruck von 1005 hPa über Zentral Frankreich lag. In Frankreich fielen dabei verbreitet Niederschläge in den vergangenen 24 Stunden, so meldete Lyon 10 l/m², Marseille 7 l/m² oder Toulouse 3 l/m². Im Bergland wurden örtlich auch größere Niederschlagssummen beobachtet, wie in Clermont-Ferrand mit 39 l/m². Eine weitere Intensivierung der Niederschläge erfolgte vor allem in den südlichen Alpen, begünstigt durch zwei Faktoren. Zum einen durch Föhn, bei dem die Luft am Luv des Gebirges aufsteigt und ein Großteil der Feuchtigkeit als Niederschlag ausfällt, im Lee sinkt die nun weitgehend trockene Luft ab und kann sich deutlich erwärmen. Der weitere Faktor ist die Advektion feuchter, subtropischer Warmluft durch Tief NATALIE. Auf der Südseite der Alpen, in den Ligurischen Alpen wurden aufgrund der beschriebenen Wetterlage extreme Niederschläge beobachtet. So wurden westlich von Genua am Monte Gazzo binnen 5 Stunden 403 l/m² Regen gemessen, was zu erheblichen Überflutungen in den umliegenden Ortschaften führte. Am Passo di Giovo nördlich von Genua wurden innerhalb von 12 Stunden 172 l/m² Regen registriert. Wesentlich geringer fielen die Niederschläge im schweizerischen Tessin aus, so meldete Lugano in der Nacht zum 05.10.2010 eine Niederschlagssumme von 47 l/m² in Locarno wurden 44 l/m² gemessen.

Am frühen Morgen griff das Niederschlagsgebiet der Zyklone NATALIE auch auf Baden-Württemberg über, wo verbreitet 2-3 l/m² Niederschlag fielen. Aufgrund der Föhnwetterlage wurde in Süddeutschland örtlich nochmals ein Sommertag mit Temperaturen oberhalb von 25°C registriert wie in Konstanz mit 26°C. Bis zum 06.10.2010 verlagerte sich die Zyklone unter deutlicher Abschwächung nach Osten und lag mit einem Kerndruck von 1012 hPa über der Adria. Dabei lagen in den vergangenen 24 Stunden weite Teile Süddeutschlands im Einflussbereich des Wirbels NATALIE, sodass verbreitet Niederschlag beobachtet wurde. Z.B. München 7l/m², Lechfeld 5 l/m². Die Temperatur stieg aufgrund starker Bewölkung nur auf 13°C wie in München oder Passau bis 17°C in Augsburg. In den nächsten Stunden erfolgte eine weitere Abschwächung bei gleichzeitiger Ostverlagerung. Das nun schwach erkennbare Tiefdruckgebiet lag über dem Balkan. Die Wetterwirksamkeit der Zyklone NATALIE ging dabei nicht verloren. So wurden auf den Balkan durch Regen und in Italien durch Gewitter erneut hohe Niederschlagssummen gemessen. Z.B. Rijelka / Kroatien 30 l/m², Viterbo in Mittelitalien 45 l/m². Mit der Auflösung der letzten Gewitter löste sich auch das Tiefdruckgebiet NATALIE über dem Balkan liegend auf und wurde fortan nicht mehr auf der europäischen Wetterkarte geführt.

Geschrieben am 18.10.2010 von Tobias Mahnkopf

Wetterkarte: 04.10.2010

Pate: Wolfgang und Carla