Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet NATALIE
(getauft am 18.04.2012)
Mitte April lag ein Kaltlufttropfen, ein
Bereich kalter Luft in der oberen Troposphäre in ca. 5500 m Höhe, über dem
Tyrrhenischen Meer. Am 17.04. bildete sich an der Vorderseite dieses
Kaltlufttropfens im Bereich der Adria ein Tief, welches sich bis zum folgenden
Tag intensivierte und daher auf den Namen NATALIE getauft
wurde.
Das Tiefdruckgebiet lag zum Zeitpunkt der
Taufe mit einem Kerndruck knapp unter 995 hPa über den griechischen Inseln
der Kykladen. Die dazugehörige Warmfront erstreckte sich in einer Welle über
Griechenland und das Schwarze Meer bis zur Ukraine, wo sie in ein unbenanntes
Frontensystem überging. Die Kaltfront erstreckte sich dagegen von den Kykladen
aus südwärts bis nach Ägypten.
In den folgenden 24 Stunden verlagerte
sich das Zentrum der Zyklone NATALIE bei gleich bleibendem Druck über das
westliche Schwarze Meer an der bulgarischen Küste. Die Kaltfront lag nun in
einem Bogen über dem Schwarzen Meer, die Warmfront erstreckte sich vom Zentrum
aus nordostwärts bis knapp östlich von Moskau, wo sie in die Kaltfront des
Tiefdruckwirbels LUCIA überging.
Im Warmsektor, dem Bereich zwischen Warm– und
Kaltfront, wurde warme Subtropikluft herangeführt. So stieg am Tage das
Thermometer z.B. in Istanbul auf 26°C und in Zondulak
an der türkischen Schwarzmeerküste wurden sogar 32°C erreicht. Entlang der
Warmfront bildete sich ein ausgeprägtes Wolkenband mit eingelagerten
Niederschlägen. In Sofia betrug am 19.04. die 24–stündige Niederschlagsmenge
bis 07 Uhr MEZ ca. 11 mm und in Izmir fielen im selben Zeitraum
23 mm Regen. Hier überquerte zuerst die Warmfront und nachfolgend auch bereits
die Kaltfront die Region wobei es konvektive Niederschläge, also Schauer und
Gewitter gab.
Im Laufe des Tages und in der Nacht zum
20.04. verlagerte sich das Tiefdrucksystem rasch nach Nordwesten und lag um
01 Uhr MEZ über Litauen, mittig zwischen Warschau und der litauischen
Hauptstadt. Dabei begann die Kaltfront des Wirbels NATALIE die Warmfront
einzuholen, wodurch eine Mischfront aus beiden entstand, auch Okklusion
genannt. Im Einflussbereich des Tiefs trat weiterhin verbreitet Regen auf. Aus
Minsk wurden am Morgen Schauer gemeldet und bis 07 Uhr MEZ fielen
innerhalb 24 Stunden 23 mm Regen. Auch in anderen Orten der Region
traten kräftige Regenfälle auf. In Vilnius fielen durch anhaltenden Regen
innerhalb weniger Stunden rund 12 mm. Unter den Wolken blieb es in der
Nacht auch verhältnismäßig warm. Während in der Türkei bei klarem Himmel das
Thermometer bis nahe des Gefrierpunkts sank, blieb die Temperatur in Minsk mit
9°C deutlich über Null.
Eingebettet in die Höhenströmung über der
Ostseite, welche durch einen kräftigen Trog über Mitteleuropa bestimmt wurde, verlagerte
sich das Tief NATALIE langsam weiter nordwärts und lag am 21.04. um
01 Uhr MEZ über dem Raum von Stockholm. Die Zyklone okkludierte
zunehmend und schwächte sich gegenüber den Vortagen leicht ab, von 995 hPa
im Zentrum auf 1000 hPa. Die Okklusion reichte nun von Stockholm über
Helsinki und spaltete sich nördlich von St. Petersburg in die Warm– und
Kaltfront, die bis einige hundert Kilometer östlich bzw. südöstlich von Moskau
reichten. In dem nun schmalen Warmsektor befand sich immer noch subtropische
Luft. Während die Wetterstationen östlich von Moskau in der Nacht 15°C
registrierten, waren es in Minsk nur 7°C. Auch an der Schwarzmeerküste war es mit
verbreiteten 10 bis 12°C kühler.
Bei der Verlagerung weiter nach Norden
ließen die Regenfälle allmählich nach. Im schwedischen Uppsala fielen im
Einflussbereich der Okklusion bis zum Morgen innerhalb von 24 Stunden noch
10 mm Regen.
In den folgenden Stunden füllte sich die
Zyklone NATALIE immer weiter auf und schwächte sich dadurch zunehmend ab. Dabei
verlagerte sich das Tief nur leicht weiter nach Norden und verlor an Einfluss
auf das europäische Wettergeschehen.
Bis zum Morgen des 23.04. lag die 24–stündige
Regensumme um 07 Uhr MEZ bei 3 mm in Uppsala und bei 6 mm
in Haparanda. Im weiteren Verlauf füllte sich das
Tiefzentrum mehr und mehr mit Luft auf, sodass dies auch der letzte Tag war, an
dem der Wirbel NATALIE auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte,
ehe dieser sich auflöste.
Geschrieben am 23.05.2012 von Dario Ibold
Berliner Wetterkarte: 19.04.2012
Pate: anonym