Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NATHALIE

(getauft am 08.02.2018)

 

Ein kleines Tief über Nordamerika zog Anfang Februar 2018 unter Verstärkung nach Osten und erreichte über dem Süden Grönlands zeitweise Orkanstärke. Anhand der Analysekarte vom 08.02.18 um 01 Uhr MEZ, was 00 Uhr UTC entspricht, wurde dieser Wirbel auf den Namen NATHALIE getauft.

Die genaue Lage des Zentrums zu dieser Zeit war etwa auf halber Strecke zwischen Jan Mayen und Grönland. Dort herrschte ein Druck von rund 974 hPa. Vom Kern aus erstreckte sich eine Okklusionsfront bogenförmig erst nach Osten und anschließend südwestwärts über den Shetland-Inseln bis nach Südwestschottland. Eine Okklusion bezeichnet eine Mischfront, welche Eigenschaften von Warm- und Kaltfront vereint. Sie entsteht, wenn eine Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt. Dies ist möglich, da Kaltfronten schneller sind als Warmfronten. An dem sich über Südwestschottland liegenden Okklusionspunkt teilte sich die Mischfront in Warm- und Kaltfront auf. Beide Fronten verliefen kurz hintereinander über Irland und nachfolgend circa 1000 km über den Nordostatlantik. An der Kaltfront, wo sich die kalte Luft unter die wärmere Luft im davorliegenden Warmsektor schob, schloss sich die Warmfront einer weiteren kleinen Welle an. Entlang der Okklusion fielen beispielsweise in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ 3 l/m² jeweils in Lerwick auf den Shetland-Inseln, in Glasgow und in Sauda südlich von Bergen. Auf den Britischen Inseln regnete es vor allem, während sich in Skandinavien zusätzlich Schneeflocken untermischten. Ähnliche Regenmengen kamen im Bereich der Warm- und Kaltfront zusammen, wie an der irischen Wetterstation Knock/Connaught mit 4 l/m² oder 5 l/m² in Valentia im Südwesten Irlands im selben Zeitraum. Dazu stiegen die Temperaturen auf Werte zwischen 2,9°C in Bergen, 5,9°C in Wick und 9,7°C in Roches Point bei Cork. Mit dem großen Druckgradienten zwischen dem Tief NATHALIE und dem kräftigen Hoch DINO II über Sibirien traten an der Südwestküste Norwegens teils schwere Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufort-Skala auf und im Osten Grönlands in Ammassalik betrug die mittlere Windgeschwindigkeit 33 km/h, was der Windstärke 5 Bft. entsprach.

Bis zum 09.02.18 um 01 Uhr MEZ blieb das Zentrum des Tiefs NATHALIE mit einem Druck von rund 978 hPa an Ort und Stelle. Da sich entlang der Okklusion Wellen ausprägten, wo sich neue kleine Tiefdruckgebiete bildeten, bestand die Zyklone NATHALIE lediglich noch aus einer Mischfront, die in einem Bogen über dem Europäischen Nordmeer von Island und Spitzbergen bis zu den Lofoten verlief. Dort und im Norden Islands fielen innerhalb von 12 Stunden bis zu 0,5 l/m² in Olafsfjordur und 0,6 l/m² in Manarbakki in Form von Schnee sowie 4 l/m² in Leknes, wo der Niederschlag in flüssiger Form fiel. Während im Bereich der norwegischen Inselgruppe die Temperatur auf 2,7°C bis 4,5°C stieg, erreichten die Höchstwerte auf Spitzbergen und Jan Mayen Werte um den Gefrierpunkt. Zum Beispiel wurden -1,7°C in Grahuken oder 2,1°C in Gibostad gemessen.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich der Wirbel NATHALIE weiterhin nur unwesentlich. Mit knapp 990 hPa hatte es sich aber abgeschwächt. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Tief nur aus einer Warmfront im Bereich der Insel Jan Mayen, die sich jeweils 400 km südwestlich und nordöstlich dieser Insel erstreckte. Dort stieg langsam wärmere Luft über vorlaufende kühlere Luft auf. Bei Dauerfrost von höchstens -1,2°C fielen dabei aber nur ein paar Schneeflocken aus den Wolken.

Bei gleichbleibenden Kerndruck zog das Tiefdruckgebiet NATHALIE bis zum darauffolgenden Tag weiter in Richtung Nordosten bis in den Norden Spitzbergens. Dort, wo sich die kältere Luft bereits vollständig unter die voreilende wärmere Luftmasse geschoben hatte, prägte sich erneut eine Okklusion aus. Sie verlief spiralförmig vom Zentrum über Spitzbergen und Prinz-Georg-Land quer über der Barentssee bis in die Region Tromsö in Nordnorwegen. An der Station Barentsburg auf Spitzbergen fiel der meiste Schnee mit einem 12-stündigen Wasseräquivalent von 2 l/m² bis 07 Uhr MEZ gefolgt von Sortland 170 km südwestlich von Tromsö mit 0,9 l/m². Die Höchsttemperaturen bewegten sich etwa in der Spanne des Vortages zwischen -4°C in Hasvik-Sluskfjellet am Nordkap, -1,5°C in Longyearbyen auf Spitzbergen und 1,3°C in Torsvag Fyr zwischen Hammerfest und Narvik.

In den folgenden Tagen zog das Tief NATHALIE unter Abschwächung weiter in Richtung Nordpol und somit aus dem Erfassungsgebiet der Berliner Wetterkarte.