Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NETTI

(getauft am 03.09.2016)

 

Anfang September entstand aus einer wellenförmigen Störung der Grundströmung ein Tiefdruckgebiet, das in der Analyse des 03.09.2016 auf den Namen NETTI getauft wurde. Am Tauftag befand sich die Zyklone rund 1500 km westlich von Irland über dem östlichen Nordatlantik. Der Luftdruck wies im Kern einen Wert von etwas unter 1005 hPa auf. Vom Kern ausgehend verlief die Warmfront nahezu geradlinig in südöstlicher Richtung auf die französische Küste der Bretagne zu, wo sie in der Nähe von Rennes in das okkludierte Frontensystem des vorlaufenden Tiefdrucksystems MAREN überging. Dabei wird unter einer okkludierten Front eine Mischform der Warm- und Kaltfront verstanden, die die Eigenschaften beider in sich vereint und durch die Überlagerung der Warm- und Kaltfront aufgrund der höheren Verlagerungsgeschwindigkeit der Kaltfront, welche so die Warmfront einholt, entsteht.

Bereits am folgenden Tag hatte der Kern des Wirbels NETTI Nordengland erreicht, das Kerngebiet erstreckte sich dabei im Westen von Dublin über die Isle of Man, Kendal und Newcastle upon Tyne bis über die Nordsee. Im Laufe des Vortages hatte sich ein Teil der Fronten zu einer nördlich um den Kern reichenden und dabei einen leichten Bogen beschreibenden kurzen Okklusionsfront vereint. Der Okklusionspunkt, dies ist der Punkt an dem sich die Warm- und Kaltfront vereinen, lag über der Nordsee ungefähr auf der Höhe Scarboroughs. Von hier aus verlief die Warmfront nahezu einen Halbkreis formend zunächst auf Bremen und Hamburg zu, südöstlich an Köln vorbei und dem Rheingraben bis zum Breisgau. Die Kaltfront beschrieb demgegenüber einen deutlich engeren Bogen der bereits an London vorbei führte, von dort aus den Ärmelkanal kreuzte, die Küstenlinie der Bretagne streifte und schließlich entlang des Übergangsbereichs zwischen Biskaya und Keltischer See hinaus über den östlichen Nordatlantik verlief. Dort ging sie in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs OCTAVIA über. Das Wetter gestaltete sich unter dem Einfluss des Tiefs NETTI deutlich niederschlagsreicher und kühler als die Tage zuvor unter dem Einfluss der Hochs HARALD und IAN. In London Heathrow sanken die Tageshöchsttemperaturen von 21,5°C auf 20,9°C, die Tiefsttemperaturen fielen deutlich stärker von 12,1°C am 03.09. auf 8,8°C. Im französischen Rennes wiesen die Temperaturwerte statt 29°C nur noch 25,6°C auf. Vergleichbares wurde auch in Freiburg beobachtet, hier wurden Temperaturhöchstwerte mit 29,2°C am Vortag und 25,5°C an diesem Tag gemessen. Zudem fielen mit 12,4 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages, also 07 Uhr MEZ, auch nicht unerhebliche Mengen an Niederschlägen, die zumeist in Form von Regen zusammen kamen. In Köln wurden neben dem Regen auch Gewitter in den Morgenstunden beobachtet. Die Messgeräte registrierten innerhalb von nur 6 Stunden 10,0 l/m² zwischen 06 und 12 Uhr UTC, gleichzeitig fielen auch hier die Höchsttemperaturen deutlich. Mit 26,4°C am Vortag wurden an diesem Tag nur noch 21,7°C erreicht. Die Gewitter verlagerten sich mit den Fronten des Tiefs NETTI weiter ostwärts und hatten am frühen Abend schließlich Berlin erreicht. Die Niederschläge konzentrierten sich hier auf den Zeitraum zwischen 15 und 18 Uhr UTC, in dem 4,0 der 4,7 l/m² der 24-stündigen Messung gefallen waren. Wie auch andernorts ging dies mit einer deutlichen Senkung der Tageshöchsttemperaturen einher, die mit 22,4°C nur noch 3,3 Grad weniger betrug.

Bis zum 05.09. hatte die Zyklone NETTI das deutsch polnische Grenzgebiet erreicht. Der Kerndruck lag bei unveränderten 1005 hPa. Die vormalige Okklusion am Boden wurde als eine vom Boden abgelöste Höhenfront analysiert, die sich von Stettin bis etwa Lübeck erstreckte. Vom Okklusionspunkt bei Gorzów Wielkopolski verlief ostwärts die Warmfront, die sich südlich von Minsk mit der Kaltfront des Tiefs MAREN verband. Die Kaltfront hingegen führte südwärts vorbei an Wien, Venedig, Mailand bis nach Genf, wo sie in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs OCTAVIA überging. Warschau erreichten die Gewitter in den frühen Nachtstunden des Vortages, brachten der Stadt aber eine drastische Abkühlung. Die Tageshöchsttemperatur bis 18 Uhr UTC sank um über 11 Grad von 28,6°C auf 17,1°C. Da die zu den Gewittern zugehörigen Niederschläge noch am Vortag fielen, brachten die auf der Rückseite des Tiefs gelegenen Wolkenfelder nur leichten Regen oder Nieselregen hervor, der insgesamt bis um 06 Uhr UTC des Folgetages in 24 Stunden 1,1 l/m² ergaben. In Berlin sanken die Temperaturen nochmals ein wenig auf nur noch 21,9°C. Gleichzeitig verlagerten sich die Niederschlagsfelder weiter nach Osten, so dass Niederschläge nur bis 18 Uhr UTC registriert worden waren. In der Nacht klarte es auf, was zu einer erhöhten Ausstrahlung aufgrund der fehlenden Wolkendecke und zusammen mit der Heranführung von Kaltluft auf der Rückseite des Tiefs zu nächtlichen Tiefsttemperaturen von 10,3°C führte. In den Tagen zuvor lag dieser Wert noch bei knapp unter 15°C. Auch am Wiener Flughafen Schwechat kam es zudem durch das Aufeinandertreffen vorherrschender warmer Luftmassen mit den durch das Tief NETTI herangeführten kalten Luftmassen zu Gewittern, die neben beträchtlichen Niederschlägen von 11 l/m² innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC auch einen drastischen Temperaturrückgang bewirkten. Von 30,1°C sanken die Tageshöchsttemperaturen auf Werte von 21,5°C. Auch bei den Tagestiefstwerten spiegelte sich dieses Bild wider, da diese um 3 Grad von 16,6°C am Vortag auf 13,4°C sanken. Während des Gewitters zeigten sich die für Gewitter üblichen Windverhältnisse, die Messgeräte registrierten Spitzenböen mit bis zu 79,3 km/h, was der Stärke 9 auf der Beaufortskala und somit einer Sturmböe entspricht.

Sich auflösend verlagerte sich der Wirbel NETTI noch einige Stunden weiter südostwärts bis in die Nähe von Kiew. Im Verlauf verlor das Tief NETTI bei dieser Verlagerung zunehmend an Stärke und Einfluss und konnte daher am 06.09.2016 auf den Karten der Berliner Wetterkarte nicht mehr analysiert werden.

 


Geschrieben am 29.10.2016 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte : 04.09.2016

Pate: Annette Peters