Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet NICKI
(getauft am 11.12.2012)
Bis zum 11. Dezember 2012 zogen mehrere
Tiefdruckgebiete von Kanada ostwärts Richtung Europa. Einer dieser Wirbel wurde
aufgrund seiner vorhergesagten Wetterwirksamkeit für Mitteleuropa in der Prognose
für den folgenden Tag auf den Namen NICKI getauft.
Am Morgen des 12. Dezember lag der Wirbel NICKI
südlich von Grönland und östlich von Neufundland. Der Kerndruck der Zyklone
betrug
knapp 990 hPa. Vom Zentrum ging eine kurze, bogenförmige Mischfront mit Warm-
und Kaltfronteigenschaften, eine sogenannte Okklusion, in südliche Richtungen
aus, die am Okklusionspunkt endete. Dort trafen eine nach Südwesten gerichtete
Kaltfront, die parallel zur nordamerikanischen Ostküste verlief und bis über die
Küstenregion des US-Bundesstaates North Carolina zu verfolgen war, und eine
Warmfront zusammen, die bis westlich der Inselgruppe der Azoren verlief. Die
kräftige südliche bis südöstliche Strömung auf der Vorderseite des Tiefs NICKI führte
aufgrund sehr starker Luftdruckunterschiede im Vergleich zum über Westeuropa
liegenden Hochdruckgebiet SCHORSCH zu äußerst mildem Wetter im südlichen
Grönland. So wurde tagsüber an der südgrönländischen Station Narsarsuaq eine
Höchsttemperatur von 12°C erreicht. Zum Vergleich betrug die Höchsttemperatur
an diesem Tag in Madrid und Istanbul 10 bzw. 8°C.
Bis zum Morgen des 13. Dezember hatte sich der Kern
des Tiefdruckgebietes NICKI entsprechend der westlichen Strömung in einer Höhe
von ca. 5,5 km weiter nach Osten verlagert und befand sich nun an der Südspitze
eines gedachten, gleichseitigen Dreiecks, deren andere beide Ecken die
Südspitze von Grönland und die Südwestspitze von Island markierten.
Gleichzeitig hatte sich der Kerndruck stark auf unter 960 hPa verringert. Damit
hatte sich der Wirbel NICKI zu einem Orkantief entwickelt, dessen Hauptwindfeld
sich noch ausschließlich über dem offenen Ozean befand. Um den Kern herum führte
eine Okklusionsfront, die nach Südosten bis zum etwas mehr als 1000 Kilometer
nordwestlich der Iberischen Halbinsel gelegenen Okklusionspunkt reichte. Dort
trafen eine Warmfront, die bis zum Seegebiet einige Hundert Kilometer
nordwestlich der Insel Madeira verlief, und eine Kaltfront zusammen, die bis
etwa 800 km nordwestlich der Azoren reichte.
Bis zum Morgen des 14. Dezember blieb der Kern der
Zyklone NICKI nahezu ortsfest und der Aufbau des Frontensystems blieb bestehen,
jedoch war der Luftdruck im Tiefdruckzentrum etwas zurückgegangen und betrug
nun etwas unter 955 hPa. Das Tiefdruckgebiet NICKI konnte sich nicht weiter
nach Osten verlagern, weil der Einfluss einer Hochdruckbrücke, zu dem auch das
Hoch SCHORSCH gehörte, dies blockierte. Jedoch erreichten die ersten Ausläufer
des Frontensystems die europäischen Landmassen. So kamen bis zum Morgen des nächsten
Tages im südenglischen Plymouth 33 l/m² zusammen, während im etwa 200 km weiter
östlich gelegenen Bournemouth „nur“ 16 l/m² registriert wurden.
Am Morgen des 15. Dezember hatten sich insgesamt
drei eigenständige Kerne gebildet. Sie hatten jeweils einen Abstand von
ungefähr 600 bis 800 km zueinander und waren in West-Ost-Ausrichtung angeordnet.
Das westlichste Teiltief NICKI I lag mit einem Kerndruck von unter 970 hPa in
etwa an der Position des Tiefdruckgebietes NICKI vom Vortag. Das mittlere Teiltief
NICKI II befand sich mit ähnlichem Kerndruck ca. 300 km nordwestlich von
Irland. Das am weitesten östlich gelegene Teiltief NICKI III lag vor der
schottischen Ostküste und dort betrug der Kerndruck ebenfalls 970 hPa. Die
Teiltiefs waren jeweils durch bogenförmige Okklusionsfronten miteinander
verbunden. Vom Teiltief NICKI II verlief östlich eine Okklusion bis über
Norddeutschland, wo sich ein Okklusionspunkt befand, an dem eine bis etwa nach
Slowenien verlaufende Warmfront und eine bis über den westlichen Alpenraum
reichende Kaltfront aufeinandertrafen. Bis zum Mittag verlagerte sich der
zunächst über Norddeutschland etwa im Bereich von Hamburg liegende
Okklusionspunkt über den Berliner Raum. Die Niederschlagsmengen blieben mit
Werten um 1 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Morgen des Folgetages zwar
eher gering, gleichwohl konnte der Durchzug der Fronten und die Verlagerung des
Okklusionspunktes anhand von Wolken- und Windbeobachtungen gut beobachtet
werden.
Bis zum 16. Dezember war aus der länglichen,
west-ost-verlaufenden Tiefdruckrinne ein Tiefdruckkomplex mit drei Teiltiefs in
Form eines Tripols geworden. Die Teiltiefs NICKI I
und etwas weiter nördlich NICKI II lagen einige Hundert Kilometer westlich von
Irland in einem Gebiet mit einem Kerndruck von etwas unter 980 hPa, während das
Teiltief NICKI III bei den zu Schottland gehörenden Shetland-Inseln lag und mit
ebenfalls etwas unter 980 hPa einen ähnlichen Kerndruck hatte. Vom Kern NICKI I
verlief eine nach Westen bis vor die ostkanadische Küste reichende
Okklusionsfront, die hauptsächlich in der Höhe aktiv war. Die Wirbel NICKI II
und NICKI III waren durch eine weitere Okklusionsfront miteinander verbunden.
Vom Tief NICKI III zog sich eine Luftmassengrenze, die in der Höhe als
Okklusionsfront und am Boden als Warmfront ausgeprägt war über das mittlere
Norwegen bis nach Mittelschweden über den Bereich von Stockholm, um von dort
weiter über die Ostsee und das östliche Polen bis nach Ungarn zum
Okklusionspunkt zu reichen. Von dort ging zum einen eine kurze Warmfront bis
ungefähr nach Montenegro aus, zum anderen erstreckte sich eine stationäre und
leicht verwellte Kaltfront nach Südwesten. Sie verlief über Italien und das
westliche Mittelmeer, um ungefähr bei der Straße von Gibraltar in eine Warmfront
eines unbenannten Wellentiefs überzugehen. Bis zum Morgen des nächsten Tages
brachten die zum Tiefdruckkomplex NICKI gehörenden Fronten beispielsweise im
polnischen Warschau 3 l/m², im litauischen Vilnius 2 l/m² und im ungarischen
Budapest 1/m² Niederschlag innerhalb von 24 Stunden.
Die Bodenwetterkarte des 17. Dezember zeigte zwei
Kerne, NICKI I über dem Westen der Britischen Inseln mit einem Kerndruck von knapp
unter 990 hPa, sowie NICKI III nördlich der Faröer-Inseln mit einem Kerndruck etwas
unter 995 hPa. Von beiden Teiltiefs gingen Okklusionsfronten in südöstlicher
Richtung aus, die nochmals Niederschläge brachten. In den weiter westlich
gelegenen Regionen fielen diese in flüssiger Form, mal als Regen, mal als
Sprühregen und teils schauerartig verstärkt. Bis zum Morgen des Folgetages kamen
so z.B. in Amsterdam 5 l/m² und in Kopenhagen 4 l/m² zusammen. In Warschau wurden
10 l/m² registriert, wobei hier der Niederschlag als Schnee fiel und so für
einige Zentimeter Neuschnee sorgte.
Am 18. Dezember wurde ein einzelner Kern des
Wirbels NICKI mit knapp 1005 hPa über der Nordsee analysiert, wodurch in den
Küstenregionen Niederschlagsmengen um 5 l/m² innerhalb von 24 Stunden registriert
wurden.
Am 19. Dezember war das Tiefdruckgebiet NICKI zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.
Mit einem Kerndruck von knapp unter 1020 hPa lag das Zentrum über den
Niederlanden. Von dort reichte eine bogenförmige Okklusionsfront über Dänemark,
die Ostsee, Polen und Ungarn zum nördlichen Balkan, die dort in eine
Okklusionsfront eines unbenannten Wirbels zwischen Albanien und Italien
überging. Bis
zum 20. Dezember etablierte sich im zentralen und östlichen Mitteleuropa das
kleinräumige Hoch ULLI, wodurch das Tief NICKI nicht weiter auf der Berliner
Wetterkarte analysiert werden konnte.
Geschrieben am 28.03. 2013 von Heiko Wiese
Berliner Wetterkarte: 15.12.2012
Pate: Peter Jacobs