Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NIKE

(getauft am 11.07.2014)

 

Unterhalb eines nach Süden gerichteten Vorstoßes kalter Luft über Südeuropa im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 Kilometern entspricht, entstand an dessen Vorderseite am Boden über Rumänien ein Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte vom 11.07. um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, auf den Namen NIKE getauft wurde.

Mit einem Druck von knapp unter 1005 hPa befand sich das Zentrum des Tiefs NIKE zu diesem Zeitpunkt westlich von Bukarest. Vom Kern gingen dabei mehrere Fronten aus. Eine Kaltfront reichte über Griechenland und die Ägäis hinweg bis nach Kreta und eine Warmfront verband sich in nordöstlicher Richtung über der Ostukraine mit der Kaltfront eines anderen Wirbels. Außerdem war der Kern des Tiefs durch eine Okklusionsfront mit dem Zentrum des über Baden-Württemberg liegenden Tiefs MICHAELA verbunden. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront beschrieben, die Eigenschaften von sowohl Kalt- als auch Warmfront in sich vereint. Ein zugehöriges und sich verstärkendes Niederschlagsgebiet brachte bereits tags zuvor aufgrund von erzwungenen Hebungsvorgängen entlang der Dinarischen Gebirgskette ergiebige Regenmengen. Binnen 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC des 11.07. begleitet von Gewittern bei Dubrovnik 26,5 Liter, in Zagreb 35,2 Liter und bei Puntijarka 44 Liter auf einen Quadratmeter. Im weiteren Verlauf hatte das Niederschlagsgebiet auch Rumänien erreicht und konnte sich dort teils noch erheblich intensivieren. Im selben Zeitraum wie zuvor fielen in Luizi Calugara 40,4 Liter, bei Stolnici 61,2 Liter und in Dragasani sogar bis zu 80 Liter pro Quadratmeter. Das Niederschlagsband weitete sich daraufhin aus und brachte, mit Gewittern durchsetzt, in Teilen Rumäniens sowie in den Regionen und Ländern entlang der West- und Ostkarpaten recht ergiebige Regenmengen. Im ungarischen Poroszlo wurden bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgens 24-stündig 41,8 Liter, im moldawischen Kisinev 45 Liter und im slowakischen Lomnicky Stit sowie im ukrainischen Shepetivka je 47 Liter pro Quadratmeter registriert. Cuntu in Rumänien meldete bis 06 Uhr UTC ebenfalls wiederholt Schauer und Gewitter die in 24 Stunden eine Niederschlagsmenge von 64,6 Litern je Quadratmeter ergaben, wobei mit 53 Litern das Gros in nur 12 Stunden fiel. Den gesamten Tag anhaltende Schauer ergaben außerdem an der südpolnischen Bergstation des Kasprowy Wierch 90 Liter pro Quadratmeter.

Das Tiefdruckgebiet NIKE verblieb zunächst in der Region und lag mit nahezu unverändertem Kerndruck am 12.07. um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum über dem zentralen Ungarn, nordwestlich zur Position tags zuvor. Sein zugehöriges Frontensystem hatte sich ebenfalls nach Nordwesten bewegt, wobei die Kaltfront die ihr vorlaufende Warmfront zum Teil einholen konnte. Die dabei entstandene Okklusionsfront reichte südlich des Kerns ausgehend bis zu ihrem sogenannten Okklusionpunkt bei Nyíregyháza im Osten Ungarns, wo sie sich in Warm- und Kaltfront aufteilte. Die Warmfront erstreckte sich über Weißrussland bis über den Südwesten Russlands, wo sie sich erneut mit dem Frontensystem eines anderen Wirbels verband. Die zugehörige Kaltfront beschrieb vom Okklusionspunkt ausgehend einen Bogen nach Südwesten über Moldawien, dem Schwarzen Meer sowie Istanbul und endete über der nördlichen Ägäis. Im Warmluftsektor, zwischen Kalt- und Warmfront gelegen, gelangten Luftmassen subtropischen Ursprungs über die Ukraine bis weit nach Weißrussland. Saporischschja, am Dnepr gelegen, meldete einen Tageshöchstwert von 35°C, in Charkow wurden 31,2°C und in Homel in Weißrussland noch 29,7°C gemessen, wohingegen in Rumänien nach Durchzug der Kaltfront oft nur noch Werte um 20°C erreicht wurden. Das Niederschlagsband verlagerte sich im Tagesverlauf nach Norden und brachte dem Osten Polens Dauerregen. In der subtropischen Luft über der Ukraine und Weißrussland konnten sich derweil lokal noch einmal starke Gewitter ausbilden. Bis 06 Uhr UTC des Folgetages fielen durch anhaltenden Regen in Ketrzyn innerhalb von 24 Stunden 38,1 Liter und in Białystok 40 Liter pro Quadratmeter. Die Gewitter brachten im selben Zeitraum im ukrainischen Sumy 31 Liter und im weißrussischen Žytkavičy 88,4 Liter pro Quadratmeter.

Bis zum 13.07. war der Wirbel NIKE nach Norden gezogen und befand sich mit einem Druck von weiterhin rund 1005 hPa gegen 00 Uhr UTC unweit von Kaliningrad. In einem engen Bogen um das Zentrum herum reichte eine westlich des Kerns ausgehende Warmfront über Tallinn und Wolgograd nach Südosten, parallel zu einer südöstlich vom Kern aus verlaufenden Kaltfront. In den kommenden Stunden schlug das Tief NIKE eine zunehmend westliche Zugbahn ein, sodass die Niederschläge auf den Süden Skandinaviens, den Norden Deutschlands und, in einem sich allmählich abschwächenden Band, auf das Baltikum und den äußersten Westen Finnlands übergreifen konnten. Die größten Niederschlagsmengen in 24 Stunden je Quadratmeter wurden bis 06 Uhr UTC des nächsten Tages in Südschweden mit 44,3 Litern in Hallands Väderö und mit 55,1 Litern pro Quadratmeter in Hästveda gemessen. In Dänemark wurden 40,8 Liter bei Horsens und 50 Liter je Quadratmeter in Aarhus registriert. Etwas weniger intensiv waren die Niederschläge über Deutschland ausgeprägt. Leichter bis mäßiger Regen ergab in List auf Sylt 13,9 Liter pro Quadratmeter. Teils schauerartig verstärkte und gewittrige Niederschläge brachten am Leuchtturm Westermarkelsdorf auf Fehmarn 24,3 Liter und in Soltau bis zu 27 Liter pro Quadratmeter zusammen. Im direkten Berliner Umfeld wurden je nach Messstation zwischen 4,7 und 8,7 Liter je Quadratmeter registriert. Im Baltikum und in Finnland fielen die Niederschlagsmengen ebenfalls sehr unterschiedlich aus. Während beispielsweise im estnischen Nigula in 24 Stunden 13,6 Liter fielen, wurden in Tallinn lediglich 0,9 Liter pro Quadratmeter gemessen. Aus dem südfinnischen Fagerholm wurden im selben Zeitraum pro Quadratmeter 15 Liter, aus dem lettischen Stende 18,3 Liter und aus dem litauischen Šiauliai 22,0 Liter Regen je Quadratmeter gemeldet, der teils schauerartig verstärkt und mit Gewittern durchsetzt war. Der Warmluftsektor weitete sich auf den West- und Nordwestrussischen Raum aus, wodurch mit Temperaturen von 28,8°C in Archangelsk, beziehungsweise 29,8°C in St. Petersburg, verbreitet Höchstwerte um oder knapp unter der 30°C-Marke erreicht wurden. Zwei Tage zuvor verlieben die Maxima zumeist noch im Bereich der 20°C.

Mit einem um 5 hPa gefallenem Druck lag das Zentrum des Tiefs NIKE am 14.07. um 00 Uhr UTC über Dänemark, sein Kern war durch eine sich über Oslo und Tallinn nach Südosten erstreckende Okklusionsfront mit dem Zentrum eines über dem Schwarzen Meer liegenden anderen Wirbels verbunden.

Auf Nord drehend überquerte das Zentrum des Tiefs NIKE im weiteren Verlauf den Süden Norwegens, sodass sich die zuzuordnenden Niederschläge im Wesentlichen entlang des Skandinavischen Gebirges konzentrierten. Dabei fielen bis zum Folgetag in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC an der Station Hjerkinn Ii 24 Liter, am Bahnhof Reimegrend 30,1 Liter und in Tafjord bis zu 42,1 Liter auf einen Quadratmeter. Bis 18 Uhr UTC brachten letzte Niederschläge 12-stündig in Aarhus noch einmal 10,9 Liter, in Kopenhagen 18 Liter und in Hammeren auf Bornholm knapp 25 Liter pro Quadratmeter.

Um 00 Uhr UTC des 15.07. befand sich das Zentrum des Wirbels NIKE mit einem auf wieder knapp 1005 hPa gestiegenen Druck über dem Nordmeer nordwestlich von Bergen, wobei von diesem mehrere Fronten ausgingen. Durch eine nur in der Höhe analysierbare Okklusionsfront war der Kern in westlicher Richtung mit dem Tief ORTRUN bei Island und in südöstlicher Richtung mit einem unbenannten Wirbel über der Ostsee verbunden. Eine dritte Okklusionsfront reichte vom Kern in östlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt über Westfinnland nahe Oulu. Von dort zog sich die zugehörige Warmfront nach Vologda in Russland, während sich die Kaltfront in südlicher Richtung und ab Minsk Warmfrontcharakter annehmend bis zum schwarzen Meer erstreckte.

Im Laufe des Tages schwächte sich das Tief NIKE zunehmend ab, sodass der 15.07. somit zugleich der letzte Tag war, an dem der Wirbel auf der Berliner Wetterkarte analysiert und namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 25.08.14 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 12.07.14

Pate: Nike Kerndl