Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NIKLAS

(getauft am 13.03.2021)

 

Im Bereich des Jetstreams, einem Starkwindband in rund 5,5 km Höhe, zog ein Tiefdruckgebiet von Kanada aus zu Beginn der zweiten Märzdekade 2021 hinaus auf den Nordatlantik mit Kurs auf Europa. Da die Meteorologen der Berliner Wetterkarte eine weitere Ostverlagerung der Zyklone und somit einen künftigen Einfluss auf das Wettergeschehen Europas prognostizierten, entschieden sie sich bereits am 13.03.2021 dazu dieses Tief in der Prognose für den Folgetag auf den Namen NIKLAS zu taufen.

 

Auf der Berliner Wetterkarte des 14.03.21 trat nun Tief NIKLAS, dessen Kern sich rund 500 km südöstlich von Grönland befand, erstmals namentlich in Erscheinung. Im Bereich des Kerns wurde ein minimaler Luftdruck von etwa 989 hPa gemessen. Alle Fronten sowie der Okklusionspunkt lagen dabei über dem nördlichen und nordöstlichen Atlantik. Südlich von Grönland schloss sich dabei eine weitere Misch- oder auch Okklusionsfront genannt, welche durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht und demnach Eigenschaften beider Frontentypen in sich vereint, an den Tiefdruckkern an und reichte von dort noch einige hundert Kilometer weiter nach Südosten bis zum Okklusionspunkt. Von dort aus spaltete sich die Warmfront, an der langsam wärmere Luft über einer kühleren Luftmasse aufstieg, nach Südosten ab, bis sie vor der Atlantikküste Galiciens in die Kaltfront des Norditalientiefs MARIUS überging. An der vom Okklusionspunkt nach Südwesten verlaufenden Kaltfront des Wirbels NIKLAS schloss sich eine Warmfront eines jungen Wellentiefs westlich Neufundlands an. Im Tagesverlauf erreichten mit weiterer Ostwärtsverlagerung erste Regenwolken vor allem Irland. So betrug die 12-stündige Niederschlagmenge bis 07 Uhr MEZ des darauffolgenden Tages zum Beispiel in Claremorris 3 l/m² oder 4 l/m² in Mullingar. Etwas Schnee fiel zudem auf Island und im Süden Grönlands. Maximal kamen so 0,3 l/m² in Blönduós in 24 Stunden bis zum Morgen des 15.03.21 zusammen. Dabei stieg die Temperatur auf Grönland auf beispielsweise -2,5°C in Tasiilaq und 2,9°C in Reykjavik. Vor Ankunft der Warmfront von Tief NIKLAS erwärmte sich die Polarluft über dem Atlantik auf 11,2°C in Cork oder 10,6°C im irischen Belmullet.

 

Eingebettet in einer kräftigen Höhenströmung verlagerte sich der Wirbel NIKLAS bis 15.03.21 nach Südosten. Etwa 1009 hPa wurden dabei um 01 Uhr MEZ im Zentrum über den Niederlanden gemessen. Die Okklusion verlief quer über den Norden Englands und der südlichen Nordsee bis zum Okklusionspunkt in der Nähe des Kerns. Knapp vor der Mischfront erstreckte sich im Anschluss einer Warmfront eines Sturmtiefs über dem nordwestlichen Atlantik die Kaltfront des Tiefs NIKLAS über Irland und den südlichen Britischen Inseln bis zum Okklusionspunkt. Entlang dieser Kaltfront schob sich abrupt Kaltluft unter die wärmere Luft und begünstigte die Bildung von größeren Quellwolken. Die Warmfront verlief bogenförmig vom Okklusionspunkt bis zur Mündung der Loire. Im Stau der Alpen fiel an der dort im Tagesverlauf angelangten Warmfront bis zu 17 l/m² in Schwyz oder 15 l/m² in Gersau in Form von Regen (im Bergland auch als Schnee) in einer 12-stündigen Zeitspanne bis 07 Uhr MEZ. Weniger Regen fiel entlang der Misch- und Kaltfront. Maximal waren es 7 l/m² am Lake Vyrnwy und an der Themse-Mündung an der Station Shoeburyness Landwick im selben Zeitraum. Recht einheitlich stieg die Lufttemperatur in einer maritimen Polarluftmasse auf 11,2°C in Paris, 10,9°C in Nottingham und 8,8°C in Rotterdam.

Bis zum 16.03.21 um 01 Uhr MEZ war Tief NIKLAS bereits vollständig okkludiert und demnach im Endstadium einer Tiefdruckentwicklung angelangt. Der dazugehörige Kern wurde mit einem fast unveränderten Luftdruck über der nördlichen Adria lokalisiert. Ausgehend vom Kern erstreckte sich die Okklusion, wo die Warmluft am Boden von der Kaltluft vollständig verdrängt wurde, in einem Viertelkreis über dem Mittelmeer von den mittleren Landesteilen Italiens bis zu den Balearen. Dort verlief sie als Kaltfront  nach Nordwesten bis zur Biskaya weiter, wo sich wiederum eine Warmfront eines unbenannten Tiefs nahe Grönland anschloss. An beiden Fronten traten dabei gebietsweise Schauer auf. Im genannten Zeitraum kamen so in Messina 15 l/m² oder 7 l/m² in Palermo zusammen. Vor der Kaltfront wurden in Spanien bis zu 21,5°C in Fraga und 20,4°C im Madrider Vorort Arganda del Rey erreicht. Nach der Passage der Kaltfront wurden nur noch 14,3°C in Toulouse oder 9,9°C in Aurillac registriert. Weiter östlich im Bereich der Okklusion waren es beispielsweise 16,5°C in Neapel und 15,6°C in Algier. Zwischen dem Hoch über der Biskaya und den Tiefdruckgebieten über dem östlichen Mitteleuropa entstand ein ausgeprägter Druckgradient, wodurch es hinter den Fronten der Zyklone NIKLAS vereinzelt zu Sturmböen kam.

Da sich das Hoch MARGARETHE bei den Britischen Inseln in der Folgezeit verstärkte und das Tief MARIUS über Osteuropa bei gleichbleibenden Kerndruck nahezu an Ort und Stelle verblieb, stieg der Luftdruck im Bereich des Tiefs NIKLAS immer mehr an, was letztendlich zu dessen Auflösung noch am gleichen Tag führte, so dass seine Lebensspanne nur 3 Tage betrug.