Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NILS

(getauft am 16.04.2013)

 

Mitte April bildete sich ein Bodentief auf der Vorderseite eines sich verstärkenden Höhentroges, d.h. eines Kaltluftvorstoßes nach Süden in einer Höhe von ca. 5,5 km, der am 16.04. auf den Namen NILS getauft wurde. Mit einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa lag das Tiefzentrum an diesem Tag über dem zentralen Nordatlantik. Vom Kern zog sich eine kurze Okklusion, der sogenannte Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront, einige Hundert Kilometer nach Osten, bevor sie sich am Okklusionspunkt wieder in Warm- und Kaltfront teilte. Die Warmfront reichte von dort nordostwärts bis über den östlichen Nordatlantik, wo sie in die Kaltfront von Tief MICHAEL überging. Die zum Tief NILS zugehörige Kaltfront zog sich in einem Bogen zuerst in südliche, später in westliche Richtung bis zu den Bermudas.

Bis zum nächsten Tag hatte sich die Zyklone NILS stark vertieft und nordöstlich verlagert. Der Wirbel befand sich mit einem minimalen Luftdruck von 988 hPa über dem Ostatlantik und seine ausgedehnten Wolkenfelder reichten dabei bis nach Irland und Großbritannien. Es existierten zwei Okklusionen, die eine verlief vom Kern wenige Hundert Kilometer nach Süden, die andere reichte wiederum entgegengesetzt nach Nordosten, bis sie sich am Okklusionspunkt westlich der Südspitze Irlands in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Seine Warmfront erstreckte sich südlich an Irland vorbei, über den Ärmelkanal bis Belgien und die Kaltfront reichte in südwestlicher Richtung bis zu den Azoren und teils verwellt noch weiter über den Atlantik. Auf der Nordhalbkugel drehen sich Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn, was dazu führte, dass an seiner Westseite kalte Luft polaren Ursprungs nach Süden geführt wurde, was erhöhte Schauertätigkeit auslöste. Im Gegensatz dazu transportierte der Wirbel NILS in seinem Warmsektor, dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, zunehmend wärmere Subtropikluft, die Niederschläge hervorrief. In Brest in der Bretagne wurden in 24 Stunden 8 mm Regen registriert, auch andere Stationen wie Valentia, eine westlich vorgelagerte Insel von Irland und Bournemouth, meldeten von Tief NILS hervorgerufene Mengen von 23 mm bzw. 1 mm.

Am 18.04. lag die Zyklone NILS wenige Kilometer nordwestlich der Nordspitze von Schottland mit einem Zentrumsdruck von etwa 979 hPa. Es besaß dabei weiterhin zwei Okklusionsfronten. Die westliche verlief vom Kern ausgehend südwestwärts über Irland und den Atlantik. Die östliche Okklusion zog sich quer über die Nordsee bis zu seinem Okklusionspunkt westlich des Skagerraks. Von dort erstreckte sich seine Warmfront über Dänemark und die Ostsee bis Lettland. Die Kaltfront hingegen behielt ab dem Okklusionspunkt seine südliche Richtung bei und reichte über die Benelux-Länder und Frankreich bis zu den Pyrenäen. In Großbritannien wurden in größeren Städten um 08 Uhr MESZ 24-stündig zweistellige Niederschlagssummen gemessen, wie z.B. in Glasgow mit 25 mm, etwas weniger wurde in Edinburgh mit 15 mm registriert. Auch in Norwegen und Schweden, die von mächtigen Wolkenfeldern überdeckt waren, gab es Niederschlagsmengen bis zu 27 mm, wie in Bergen an der norwegischen Küste. In Deutschland fielen im Norden bis 08 Uhr MESZ leichte Niederschläge bis zu 3 mm, wie z.B. auf Norderney oder Sylt. Weite Teile Mitteleuropas lagen an diesem Tag im Warmsektor des Tiefs, in dem von Südwesten großflächig wärmere Luftmassen herangeweht wurden. Dies führte speziell im Süden und Osten Deutschlands zu Temperaturen über 25°C, was einem meteorologischen Sommertag entspricht. Dabei wurde in Südbrandenburg mit 26,5°C die höchste Temperatur registriert.

Im Tagesverlauf überquerte nachfolgend auch die Kaltfront Deutschland. Sie brachte vielerorts aber nur sehr geringe Mengen, vereinzelt nur einige Tropfen. Ausnahme bildeten das Alpenvorland und die Alpen, wo die Front teils für Stauniederschlag bis zu 15 mm sorgte.

Am folgenden Tag, dem 19.04., war das Bodentief NILS fast genau unter einem Höhentief gelegen, was im Allgemeinen für die Überschreitung des Entwicklungshöhepunktes und langsame Abschwächung des Bodentiefs steht. An der Südostseite des Höhentiefkomplexes wurden sehr starke Winde in voller Orkanstärke analysiert, der Jetstream lag genau über Mitteleuropa, der Ostsee und dem Baltikum. Dadurch wurde das Bodentief NILS rasch nach Nordosten verlagert und lag an diesem Tag knapp nördlich des Polarkreises, am Nordende des Bottnischen Meerbusens. Vom Kern mit einem Druck von 979 hPa ausgehend, reichte eine Okklusion nach Süden über Norwegen und Schweden bis Wales. Hinter ihr folgte eine parallel verlaufende Kaltfront. Östlich des Tiefzentrums lag über Finnland noch eine Okklusion, die sich über das finnisch-russischen Grenzgebiet in Warm- und Kaltfront teilte. Die Warmfront reichte vom Okklusionspunkt in südöstlicher Richtung bis nach Moskau und die  Kaltfront verlief nach Süden bis Litauen.

In Mitteleuropa wurde infolge des Kaltfrontdurchgangs die subtropische Warmluft durch erwärmte maritime Polarluft ersetzt, was einen Temperaturrückgang zur Folge hatte. Großflächig fiel die Temperatur um etwa 10 Grad, wodurch in Deutschland maximal noch 17°C gemessen wurden. Bei Dauerregen im Südosten, der teils noch einmal 20 mm Niederschlag brachte, wurden vielerorts auch nur Temperaturen knapp über 10°C registriert.

Am 20.04. setze sich die Abschwächung weiter fort und die Windgeschwindigkeiten wurden deutlich geringer. In Bodennähe hatte sich die Zyklone NILS weiter nordöstlich verlagert, jedoch mit deutlich geringerer Geschwindigkeit als am Vortag. Dabei hatte es sich auf etwa 984 hPa aufgefüllt und befand sich knapp östlich der russischen Halbinsel Kola. Vom Zentrum ausgehend zog sich die Okklusion etwa bis zum Uralgebirge. Die Warmfront behielt ihre südliche Richtung bei und die Kaltfront reichte vom Okklusionspunkt ausgehend südwestlich bis über die nördliche Ukraine, wo sie in die Warmfront von Tief ODO über Norditalien überging. Zu Niederschlag kam es noch in der Nähe des Tiefzentrums in Form von Regen und Schauern, bei Temperaturen von etwas über 0°C.

Zum Folgetag hatte sich der Wirbel NILS in östliche Richtung verlagert und befand sich nun mit seinem Zentrum über der Südküste der Karasee. Vom Kern, der nun einen Luftdruck von 991 hPa besaß, zog sich eine Okklusion in südliche Richtung, bis sie sich nach wenigen Hundert Kilometern am Okklusionspunkt wieder in eine nach Süden verlaufende Warmfront und eine nach Südwesten bis nördlich des Schwarzen Meeres reichende Kaltfront teilte. Nahe dem Zentrum traten weiterhin Niederschläge in Form von Sprühregen, Regen und Schauern auf. Auf der Westseite wurde noch einmal Kaltluft an die Küste der noch kalten Barentssee geführt, sodass es dort in der Nacht auch schneite.

Bis zum 22.04. schwächte sich Zyklone NILS weiter ab und verlagerte sich nach Osten außerhalb des Darstellungsbereiches der Berliner Wetterkarte, weshalb sie nicht weiter analysiert werden konnte.

 


Geschrieben von Dustin Böttcher

Berliner Wetterkarte: 18.04.2013

Pate: Nils Pelster