Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
NINOTSCHKA
(getauft am
05.04.2016)
In der ersten Aprildekade befand sich ein
Tiefdruckgebiet zwischen Neufundland und Grönland. Der Kern wies am 05.04.2016 einen
Luftdruck von unter 965 hPa auf. Ausgehend vom Kern verlief zunächst eine
Okklusionsfront nach Südosten über den Nordatlantik. Dies ist eine Mischform aus
Warm- und Kaltfront, die im Okklusionspunkt durch die Vereinigung beider entsteht,
da die Kaltfront eine höhere Zuggeschwindigkeit aufweist. Vom Okklusionspunkt
erstreckte sch die Kaltfront nach Südwesten in Richtung der Bermudas. Die
Warmfront führte weiter in südöstliche Richtung bis zu den Azoren, wo sie in
die Kaltfront eines Tiefs über Spanien überging. Da dieses Tiefdruckgebiet sich
in der 500-hPa-Höhenströmung, was einer Höhe von rund 5500 m entspricht, weiter
nach Osten verlagern sollte, wurde der Wirbel am 05.04.2016 in der Prognose für
den Folgetag auf den Namen NINOTSCHKA getauft.
Am 06.04.2016 hatte sich die Zyklone
NINOTSCHKA bis 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, auf rund 200 km von Süden an
Islands Küste angenähert. Im Kern wies sie nun einen Druck von etwas unter 990
hPa auf. Das ihr zugehörige Frontensystem erstreckte sich ausgehend vom Kern in
nordwestlicher Richtung bis zu einem weiteren Tief vor Grönland weiterhin in
Form einer Okklusion. Diese Okklusion reichte zudem weiter südostwärts, beschrieb
dabei einen westwärts gerichteten Bogen und führte über die Republik Nordirland
bis zum Okklusionspunkt über der Keltischen See. Von dort spaltete sich eine
kurze Warmfront ab, die bis über die Biskaya reichte und vor der Nordwestküste
Spaniens endete. Des Weiteren ging vom Okklusionspunkt eine Kaltfront aus, deren
Verlauf sich westwärts richtete und mittig über dem Nordatlantik in die
Warmfront eines bei Neufundland legenden Tiefs überging. Im Laufe des Tages
verlagerte sich der Kern des Tiefs NINOTSCHKA entlang der ausgeprägten
Höhenströmung im 500-hPa-Niveau zunächst bis in die Region zwischen dem
schottischen Festland, den Färöerinseln und den Shetlandinseln, ehe sich der
Kern weiter Richtung Nordsee weiterverlagerte. Mit dieser Verlagerung
überquerten auch die Niederschlagsgebiete dem Frontensystem folgend
Großbritannien. Das in England in der Region Cumbria gelegene Keswick meldete
14,0 l/m² innerhalb von 24 Stunden und dabei einen Rückgang der
Tageshöchsttemperatur von 11,0°C auf 7,3°C, was den nun von Norden her
einströmenden maritimen Luftmassen polaren Ursprungs geschuldet war. Am
walisischen Lake Vrynwy wurden 19,8 l/m² ebenfalls im Zeitfenster von 24
Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages registriert. Auch hier sank die
Tageshöchsttemperatur spürbar von 9,1°C am Vortag auf 6,4°C um 18 Uhr UTC. Vom
ebenfalls in Wales gelegenen Capel Curig wurden Niederschläge in Form von Regen
aller drei Niederschlagsintensitäten und Sprühregen gemeldet, die in Summe 22,6
l/m² ergaben. Dies entspricht einer 2,2 cm hohen Wassersäule auf einem
Quadratmeter. Von diesen 22,6 l/m² entfallen 22,0 l/m² auf die letzten 12 Stunden
vor dem 06 Uhr UTC-Termin. Zudem wurden hier auch schwere Sturmböen registriert,
in der Spitze erreichten die Windböen 92,7 km/h. Dies wurde nur auf
Großbritannien begrenzt und nur in Schottland überboten, wo an den Hängen des Cairngorm
die britische Spitzenböe des Tages mit 122,3 km/h gemessen wurde, was der Stärke
12 auf der Beaufortskala und somit Orkanstärke entspricht. Auch bei den
Mittelwinden von bis zu 94,5 km/h, was schwerem Sturm oder Stärke 10 auf der Beaufortskala
entspricht, war die Station am Cairngorm Spitzenreiter von Großbritannien.
Bis zum 07.04.2016 hatte das
Tiefdruckgebiet NINOTSCHKA die östliche Nordsee erreicht. Der Kern befand sich
etwas südlich des Breitengrades von Stockholm knapp 200 km vor der norwegischen
Westküste. Der Kern hatte sich leicht auf etwas unter 995 hPa abgeschwächt. Das
ihm zugehörige Frontensystem bestand hauptsächlich aus einer Höhenokklusion.
Dies bedeutet, dass die Front am Boden keinen Einfluss mehr hatte, sondern nur
noch in einer Höhe von etwa 1500 m. Diese Okklusion erstreckte sich von Westen
zunächst nördlich um den Kern herum und spaltete sich dann südlich des Kernes
auf Höhe des Skagerraks in zwei Fronten auf. Die erste Höhenokklusion verlief
von dort aus über Mittelengland, beschrieb einen nordwärts gerichteten Bogen
über Dublin und Irland und verband das Tief NINOTSCHKA schließlich mit einem
Tiefdruckgebiet bei Island. Die zweite Okklusionsfront führte über Bremen, Köln
und Bordeaux, wo die Front den Charakter einer Bodenkaltfront annahm. Sie verlief
folgend über Nordspanien und schließlich in Richtung Südwesten bis Madeira.
Sich im Tagesverlauf weiter ostwärts verlagernd, der ursprüngliche Kern befand
sich gegen 06 Uhr UTC nordwestlich von Oslo, bildete der Wirbel NINOTSCHKA noch
einen zweiten Kern aus, der sich in der Region befand, wo sich 6 Stunden zuvor der
ursprünglichen Kern analysiert wurde. In Frankreich im Bereich der Kaltfront
wurden bei Socoa Niederschläge in Form anhaltender leichter Regenfälle mit
einer Niederschlagssumme in Höhe von 13,4 l/m² bis 23 Uhr UTC innerhalb von 24
Stunden verzeichnet. Dabei sanken die Tageshöchsttemperaturen von 13,8°C am
Vortag auf 10,3°C. Im dänischen Isenvad wurden in der gleichen Zeitspanne bis
zum 06 Uhr UTC-Termin des Folgetages Niederschläge in Höhe von 28,7 l/m²
gemessen, wobei 27 l/m² davon innerhalb von nur 12 Stunden bis 18 Uhr UTC
gefallen waren. Aufgrund des Mischformcharakters der über Dänemark ziehenden
Okklusion war eine Temperaturänderung hier deutlich schwächer ausgeprägt. Der Temperaturrückgang
veränderte sich nur um 1,2 Grad von 6,5°C auf 5,3°C. Bis 18 Uhr UTC verlagerten
sich die großräumigen Druckgebiete derart, dass es über Dänemark einen
ausgeprägten Anstieg der Windgeschwindigkeiten kam. So meldete Omoe eine mehrfach
aufgetretene Spitzenböe von 76 km/h, die Station von Kagnaes meldete mehrfach
Böen über 74 km/h, was nach der Beaufortskala Windstärke 9 und stürmischem Wind
entspricht. Der Tagesspitzenwert wurde dort sogar mit 79,7 km/h, also
Windstärke, verzeichnet. Im Mittel lagen die Windgeschwindigkeiten mit rund 55
km/h im Bereich des steifen Windes, d.h. der Windstärke 7.
Gleichzeitig setzten aber auch schon
Auflösungsprozesse ein, sodass bereits in den frühen Stunden des 08.04.2016 das
Tiefdruckgebiet NINOTSCHKA nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert
werden konnte.
Geschrieben
am 14.06.2016 von Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 07.04.2016
Pate:
Nina Agopova