Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NORBERT
(getauft am 10.04.2017)

 

Am 10. April wurde ein Tiefdruckgebiet auf der Prognosekarte für den Folgetag auf den Namen NORBERT getauft. Dieser Wirbel bildete sich über Island, angetrieben durch einen Höhentrog, also einem Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht.

Am 11. April um 00 Uhr UTC lag das Tiefdruckgebiet NORBERT wie prognostiziert mit seinem Zentrum, in dem der Kerndruck etwas unter 995 hPa betrug, ungefähr 200 km westlich von Reykjavik. Vom Kern des Tiefs NORBERT ging in südöstliche Richtung eine etwa 500 km lange Okklusionsfront aus. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, die Kalt- und Warmfronteigenschaften aufweist. Bei diesem Prozess holt die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront ein und hebt diese vom Boden ab, wodurch sich eine Okklusion bildet. Der Okklusionspunkt, was dem Punkt entspricht an dem die Warm- und die Kaltfront zusammentreffen, lag auf dem gleichen Breitenkreis wie Helsinki. Dank der in dieses Gebiet herangeführten milderen Meeresluft konnte die Tiefsttemperatur in Reykjavik von noch -4°C vom Vortag auf +4°C ansteigen. Vom Okklusionspunkt aus verlief die Warmfront über den Nordostatlantik bis Nordirland. Die ca. 700 km lange Kaltfront befand sich weiter westlich über dem Nordatlantik.

In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich der Tiefdruckwirbel NORBERT weiter nach Osten. Zum Kern, der nun ungefähr 200 östlich vor Island lag, gehörten eine ca. 500 km lange Okklusionsfront sowie eine Warm- und Kaltfront. Die Warmfront griff schon seit den gestrigen Abendstunden auf die Nordseeregion mit Regenfällen über. Hier wurden bis 06 Uhr UTC, was 08 Uhr MESZ entspricht, Niederschlagshöhen meist zwischen 2 und 8 mm gemessen, mit den höchsten Werten in Nordfriesland. Die ca. 1100 km lange Kaltfront befand sich weiter westlich und beeinflusste das Wetter in Südnorwegen und den nördlichen Gebieten der Britischen Inseln. Dadurch konnte in Oslo Schneeregen bei Temperaturtiefstwerten um 0°C beobachtet werden.

Zum nächsten Tag zog der Wirbel NORBERT mit seinen Ausläufern weiter südostwärts und befand sich am 13. April um 01 Uhr MEZ über Südskandinavien. So bestimmte die zum Kern gehörende etwa 500 km lange ostwärtsverlaufende und bogenförmige Okklusionsfront das Wetter von Färöer, Großbritannien und den südlichen Teilen der skandinavischen Länder. In der labilen Luftschichtung konnten leichte Schneefälle und Regenschauer entstehen. So wurden am 13. April bis 06 Uhr UTC 24-stündige Niederschlagsmengen von 0,5 bzw. 0,4 mm in Oslo und Helsinki gemessen. Die Schichtung ist labil, wenn die Temperaturänderung eines Luftpakets bei Vertikalbewegungen kleiner ist als die seiner Umgebungsluft. Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Schauer- und Gewitterentstehung. Unter dem Höhentief entstand im Gebiet des stärksten Druckabfalls ein zweiter Kern namens NORBERT II, der um 01 MEZ über Estland lag. Die kurze, ca. 150 km lange Okklusionsfront des Tiefs NORBERT II beeinflusste das Wetter in Estland und Lettland. Der Okklusionspunkt befand sich auf dem gleichen Breitenkreis wie Moskau, etwa 150 km nördlich der litauischen Hauptstadt Wilna. Die Warmfront verlief in Richtung Südosten über Weißrussland, während sich die Kaltfront weiter westlich zog und sich über Litauen, Polen und Deutschland bis zu den Britischen Inseln erstreckte. 24-stündig bis 06 Uhr UTC fielen im Norden Deutschlands Niederschlagsmengen zwischen 5 und 10 mm. In Berlin-Dahlem wurden 6,1 mm gemessen. Aufgrund der sich hinter der Kaltfront des Tiefs NORBERT II befindlichen subpolaren Meeresluft konnten in Amsterdam und Warschau 12,4 sowie 11,1°C als Tageshöchstwerte der Temperatur gemessen werden.

Durch die Verstärkung des mit seinem Zentrum über der Biskaya liegenden Hochdruckgebiets PIA schwächte sich der Wirbel NORBERT zum Karfreitag ab und verlagerte sich mit seinen zwei Kernen nach Nordosten. Das Zentrum von Tief NORBERT I befand sich über Südschweden, sodass das Einflussgebiet von Skandinavien über Polen bis zur Westukraine reichte, wo es sich mit dem Frontensystem des Tiefs NORBERT II verband. Im Bereich des Bodentiefs NORBERT I kam es in Südschweden zu Schneefällen, sodass am Morgen in einem Streifen nördlich der Seen Vänern und Vättern bis zur Ostsee eine geschlossene Schneedecke von 3 bis 10 cm lag. Das ausgedehnte Frontensystem des Wirbels NORBERT II, das aus einer ca. 450 km langen Warmfront und einer etwas kürzeren Kaltfront bestand, wirkte sich auf das Wetter in Westrussland und den baltischen Staaten aus. Auf der Vorderseite des Tiefdruckgebiets NORBERT konnten in der wärmeren Luft vereinzelt noch Schauer entstehen, so wurden um 07 Uhr MEZ in Vyshij Volocek östlich von Moskau in 12 Stunden 2 mm beobachtet. Auf der Rückseite des Tiefs NORBERT wurde der Weg für die arktische Kaltluft frei, so lag die Minimumtemperatur am 14. April in Riga und Wilna bei -0,9 bzw. -2,3°C. Maximal wurden lediglich 5,2 und 6,4°C erreicht.

Im weiteren Tagesverlauf verstärkte und verlagerte sich das Tiefdruckgebiet NORBERT weiter nach Nordosten und lag mit seinem nun einzigen Zentrum am 15. April um 01 Uhr MEZ etwa 200 km östlich von Archangelsk. Das Frontensystem verlief vom gleichen Breitenkreis wie Archangelsk über Russland bis zum Schwarzen Meer. Auf der Nordseite der Warmfront des Tiefs NORBERT kam es zu starken Schneefällen in Nordrussland. Dadurch fielen bis 06 Uhr UTC großräumig Schneemengen von 10 bis 25 l/m2 innerhalb von 24 Stunden.

Zum 16.04. zog das Tiefdruckgebiet NORBERT mit seinen Ausläufern weiter nach Nordosten und lag mit seinem Zentrum ca. 200 km nordwestlich der Stadt Perm. Vom Kern ausgehend, in dem der niedrigste Druck mit ungefähr 985 hPa erreicht wurde, verlief eine ca. 300 km lange Okklusionsfront, sowie eine Warm- und Kaltfront. Die Warmfront verlief vom Kern in einem Bogen Richtung Nordosten über Taimy, während sich die Kaltfront weiter südlich verlaufend befand. Dank der herangeführten arktischen Kaltluft gab es in Archangelsk einen Eistag. Ein Tag wird als Eistag bezeichnet, wenn der Höchstwert der Lufttemperatur ganztägig unterhalb des Gefrierpunktes liegt, d.h. es herrscht durchgehend Frost. Die Luft kühlte sich am 16. April in Archangelsk bis -7°C ab und die Höchsttemperatur lag bei -2°C.

Am Ostermontag lag das Tiefdruckgebiet NORBERT mit seinem Zentrum, in dem der Kerndruck etwas unter 985 hPa betrug, über Russland ungefähr 200 km südöstlich der Stadt Vorkuta. Die einzig erkennbare Front war die Okklusionsfront, welche sich nach Osten ausbreitete. Dabei verließ sie und im Laufe des Tages auch die gesamte Zyklone NORBERT den Analysebereich der Berliner Wetterkarte.

 

 

Geschrieben am 11. Juni 2017 von Adrienn Hegedüs

Berliner Wetterkarte: 12.04.2017

Pate: Norbert Wrobel