Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NORBERT

(getauft am 19.06.2013)

 

Entlang eines ausgeprägten Höhentiefs in ca. 5,5 km Höhe bildete sich im Lee der Alpen ein Hitzetief, welches am 19.06. in der Prognose für den Folgetag auf den Namen NORBERT getauft wurde. Der Einfluss des sich entwickelnden Tiefs machte sich jedoch schon in der Nacht zum nächsten Tag bemerkbar. Am Abend des Tauftages wurde durch leichten Hebungsantrieb über den Alpen eine extrem labil geschichtete Luftmasse über Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Nordöstlich des Ruhrgebietes und über dem Münsterland bildeten sich dadurch erste blitzreiche Gewitter, begleitet mit starken Schauern. Zum Beispiel fielen in Gütersloh innerhalb von nur einer Stunde ca. 33 l/m² Niederschlag. Über Niedersachsen entstanden zum Abend weitere Gewitterzellen, welche sich zu einem sogenannten Mesoskaligen Konvektiven System (MCS) zusammenschlossen. Eine beeindruckende Erscheinung konnte man auch auf den Satellitenbildern beobachten, manche Gewittertürme erreichten eine Höhe über Tropopausenniveau, also 12 km und höher. Das MCS erstreckte sich über einem Gebiet von Oldenburg/Bremen bis Kiel und verlagerte sich langsam Richtung Osten. Gegen 22 Uhr UTC, was 00 Uhr MESZ des nächsten Tages entspricht, erreichte das Ereignis seinen Höhepunkt. Im Laufe von einer halben Stunde wurden über 31.000 Blitze registriert, dies ist äquivalent zu 17 Blitzen pro Sekunde. In dieser Nacht fiel auch weiter ergiebiger Regen, im schleswig-holsteinischen Wittenborn wurden 68 l/m² aufgezeichnet, sonst fiel großräumig zwischen 20 und 40 l/m². Mit einem konstant gebliebenen Druck lag der Kern des Tiefs gegen Mittag nur ca. 200 Kilometer südwestlich von Berlin entfernt. Die Kaltfront des Tiefdruckgebietes erstreckte sich in einem Bogen vom Ruhrgebiet über Nordhessen nach Franken, sowie weiter zum Allgäu und rief erneut Gewitter hervor. Um 12 Uhr UTC meldete Bochum eine einstündige Niederschlagsmenge von 51 l/m². Gleichzeitig registrierte die Wetterstation Nümbrecht auf dem Lindchen in der Nähe von Bonn eine orkanartige Gewitterböe von 58 Knoten. Aufgrund der Kaltfront entstanden große Temperaturkontraste, zur selben Zeit wurden in Kassel noch 30°C verzeichnet, wohingegen ca. 80 Kilometer weiter südwestlich in Berleburg nur noch 17°C gemessen werden konnten. Auch nachmittags ließ die Wetteraktivität des Gewittertiefs NORBERT nicht nach. In Leipzig-Holzhausen fiel innerhalb von einer Stunde 60 l/m² Niederschlag und somit knapp mehr als der mittlere monatliche Niederschlagsbetrag des Monats Juli. In der Nacht verlagerte sich die Kaltfront weiter nach Brandenburg und Berlin. Die Station am Flughafen Schönefeld registrierte Windböen bis 54 Knoten, also erneut Windstärke 10. Im westbrandenburgischen Wusterwitz wurde eine einstündige Regenmenge von 62 l/m² verzeichnet.

Erst zum nächsten Tag, dem 22.06., beruhigte sich die Wetterlage in Deutschland. Unter leichter Verstärkung verlagerte sich der Kern des Bodentiefs NORBERT bis 00 Uhr UTC bis Oslo. Die Okklusion des Tiefs, die sogenannte Verschmelzung der Kalt- und Warmfront, reichte vom Kern bis zum Rigaschen Meerbusen und spaltete sich dort wieder. Die Kaltfront verlief bogenförmig über das Baltikum und Polen bevor sie ca. 200 Kilometer östlich von Warschau endete. Die Warmfront überquerte ebenso bogenförmig Lettland, Weißrussland, sowie den Süden Russlands und endete über dem Norden des Asowschen Meeres. Das Zentrum der Zyklone zog im Tagesverlauf nordwärts über Norwegen und sorgte für ergiebige Niederschläge in den mittleren und nördlichen Teilen des Landes. Einige Stationen in Skandinavien meldeten dabei 12-stündige Niederschlagshöhen von mehr als 10 l/m². Die Station in Lulea an der Nordwestküste des Bottnischen Meerbusens, die an diesem Tag im Bereich der noch gut ausgeprägten Okklusionsfront lag, verzeichnete innerhalb von
6 Stunden sogar ca. 17 l/m². Im Bergland zwischen Oslo und Bergen fielen dagegen meist mehr als 30 l/m². Die höchste 24-stündige Niederschlagsmenge wiesen die Stationen Skabu mit 48 und Venabu mit 50 l/m² auf.

Im Verlauf zog die Zyklone NORBERT weiter nach Norden und lag am 23.06. um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum bereits in der Nähe des Nordkaps. Eine rückläufige Okklusion verlief fast parallel zur Westküste der Skandinavischen Halbinsel. Eine weitere Okklusion zog sich über die Ostsee bis zum Baltikum und spaltete sich östlich von Riga in Kalt- und Warmfront auf. Die Kaltfront verlief nach Südwesten bis zum Adriatischen Meer und die Warmfront erstreckte sich nach Südosten bis zum Asowschen Meer. Im Warmsektor, der zwischen den beiden Fronten liegt, traten auch noch vereinzelte Gewitter auf. Das Zentrum verlagerte sich zügig nach Norden und lag am 24.06. nördlich des 80. Breitengrades und ca. 400 Kilometer nordöstlich von Spitzbergen. Die kurze Kaltfront des Tiefs reichte bogenförmig vom Kern aus bis zum Nordkap und eine Warmfront verlief wenige Hundert Kilometer bis zur Halbinsel Nowaja Semlja. Im Laufe des Tages verlagerte sich das Tiefdruckgebiet noch weiter nordwärts aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte und konnte somit nicht weiter analysiert werden.

 


Geschrieben von Anastasia Karb

Berliner Wetterkarte vom: 21.06.2013

Pate: anonym