Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NORINA

(getauft am 11.07.2010)

 


In der Nacht zum 10.07. tauchte über Neufundland ein neues Tief erstmals auf der Berliner Wetterkarte auf. Zu diesem Zeitpunkt befand es sich am Scheitelpunkt eines in 500 hPa gelegenen lang gezogenen Keils und zog auf der Rückseite eines sich im Osten anschließenden kräftigen Troges über den Nordatlantik. Die Frontalzone war aufgrund der dichten Drängung der Isohypsen von 556 bis 584 gdm und der Isothermen von -16 bis -7°C sehr stark ausgeprägt, wodurch sich die daraus ergebene kräftige Strömung für eine rasche Verlagerung des Tiefs nach Südost bis Ost sorgte.

Am 11.07. wurde dieses Tief auf den Namen NORINA getauft. Ihr Kerndruck von knapp unter 1005 hPa hatte sich seit ihrem ersten Erscheinen nicht verändert, da sich eine weitere Vertiefung trotz der dortigen Bedingungen nicht einstellte. Im Laufe des 12.07. erreichte NORINA die Trogachse, die inzwischen leicht nach Osten gewandert war und sich von den Britischen Inseln bis nach Frankreich erstreckte. Die Menge der Niederschläge war meist abhängig von der Lage zum Tiefzentrum, welches sich über dem Ärmelkanal befand. Während südlich dieses Bereiches häufig zweistellige Niederschlagssummen innerhalb von 24 Stunden registriert wurden, z.B. in Paris mit 24 l/m², nahmen diese entlang der Kaltfront deutlich ab und brachten z.B. in Bordeaux nur noch 0,4 l/m².

In Deutschland erreichte der von Nordosten nach Südwesten diagonal verlaufende  Frontenbereich von NORINA bereits in der Nacht die deutsche Nordseeküste, wo bei kräftigen Schauern und Gewittern 10 bis 38 l/m² (Norderney) fielen. Bis zum Abend kam die sich inzwischen von Norden nach Süden erstreckende Kaltfront von NORINA nur bis zur Mitte des Landes voran. Der Osten wurde so nochmals von Hoch ZADOK mit sehr heißen Tageshöchsttemperaturen bis 38°C beeinflusst, bevor auch dort die Hitze in der Nacht zum 13.07. endete. Aber auch hier war die Niederschlagsverteilung sehr unterschiedlich. Während sich in Sachsen-Anhalt und Thüringen starke Gewitter bildeten und vereinzelt über 50 l/m² brachten (Dederstedt 59 l/m²), nahm die Intensität nach Osten hin deutlich ab und erreichte in Berlin nur noch um 2 l/m². Entlang der Oder blieb es bis auf wenige Tropfen häufig sogar ganz trocken.

Im übrigen Deutschland waren die durch NORINA ausgelösten Gewitter an der Luftmassengrenze zwischen erwärmter subpolarer Meeresluft (mPs) und subtropischer Festlandsluft (cS) dafür umso heftiger. Besonders in Nordwestdeutschland kam es bei Böen der Stärke 9 bis 11 zu erheblichen Unwetterschäden, auch einzelne Tornados könnten sich dort gebildet haben. Auch auf der Insel Helgoland gab es infolge dessen größere Schäden.

NORINA hatte am 13.07. den südöstlichen Bereich des Troges erreicht. Dort drehte die Höhenströmung in Richtung Norden, um dem kräftigen Höhenhoch über Nordwestrussland auszuweichen, dem dann auch das Bodendruckfeld folgte. Mit einem Kerndruck von 1010 hPa erreichte ihr Zentrum den Süden des Skandinavischen Gebirges und vereinigte sich dort mit einem ihr nachfolgenden kleineren Bodentief. Deutschland gelangte dabei noch kurzzeitig in den südlichen Bereich ihrer Kaltfront. Aber auch dort fielen, wie schon über Frankreich am Vortag, nur äußerst geringe Mengen Regen. Erst im Osten Polens bildeten sich neue kräftige Gewitterzellen, die z.B. in Bialystok 63 l/m² brachten. Gleichzeitig entstand durch NORINA über Schweden eine Luftmassengrenze zwischen maritimer Arktikluft (mA) im Westen und kontinentaler Subtropikluft (cS) im Osten. Dort gab es dann auch ein größeres Temperaturgefälle vom östlichen Schweden mit 32°C in Uppsala zum westlichen Schweden mit maximal 20°C. In diesem Grenzbereich  kam es ebenfalls zur Ausbildung kräftiger Gewitter. In Kloten (Mittelschweden) fielen in nur 12 Stunden 35 l/m² Niederschlag.

Am 14.07. erreichte NORINA das Nordkap mit einem weiter sinkenden Kerndruck auf nun etwa 1004 hPa. Ihrer Kaltfront, die diagonal über Finnland verlief, folgte direkt die rücklaufende Okklusionsfront. Zusätzlich angetrieben durch ein kleines Höhentief, konnten über Wilna kräftige und auch lang anhaltende Gewitter ausgelöst werden, die innerhalb von 9 Stunden 58 l/m² brachten. Anschließend meldete die Station im 21-UTC-Synop bei Windstille, sowie einer Temperatur und einem Taupunkt von 20,2°C Nebel, der sich erst 3 Stunden später wieder auflöste.

In 500 hPa bildete sich derweil vom Nordkap bis zur Halbinsel Kola eine leichte Konvergenz aus, die der Beginn eines neuen kräftigen Kurzwellentroges darstellte, welcher 48 Stunden später in seinem Zentrum einen Tiefstwert von 536 gdm und eine Temperatur von etwa -20°C aufwies.

Obwohl sich das Tief wieder auf 990 hPa verstärken konnte, wurde es auf der Bodenwetterkarte vom 16.07. nicht mehr unter dem Namen NORINA weitergeführt. Als kräftiges Tief erschien es noch bis zum 18.07. auf der Berliner Wetterkarte, bevor es diese entlang der Küste der Karasee nach Osten verließ.

 

 


Geschrieben am 28.09.2010 von Matthias Treinzen

Wetterkarte: 12.07.2010

Pate: Norina Bähr