Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NORKYS

(getauft am 30.01.2016)

 

Am Ende des Monats Januar zog sich in einer Druckfläche von 500 hPa, was ungefähr einer Höhe von 5,5 km entspricht, ein zonal orientiertes Starkwindband von Nordamerika über den Atlantik bis nach Osteuropa, welches durch große Temperaturgegensätze verursacht wurde. Über Grönland betrug die Temperatur dabei im 500-hPa-Druckniveau -48°C, über Neufundland -16°C. Die Windgeschwindigkeit erreichte teilweise über 180 km/h. So konnten sich über dem Atlantik Sturmwirbel bilden, wie auch am 29.01.2016 östlich der nordamerikanischen Küste auf der Breite von Washington. Der Wirbel, in dem noch ein Kerndruck von etwa 1010 hPa herrschte, verlagerte sich bis zum Folgetag Richtung Neufundland und verstärkte sich auf unter 970 hPa. Am 30.01. wurde das Tief schließlich von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen NORKYS getauft. Vom Zentrum des Tiefdruckgebietes NORKYS erstreckte sich eine kurze Okklusionsfront nach Osten. Eine Okklusion entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt. Okklusionsfronten vereinen demnach die Eigenschaften beider Frontensysteme. Die Kaltfront der Zyklone NORKYS verlief weiter nach Südwesten bis über Bermuda, die Warmfront nach Osten über den Nordatlantik, wo diese sich dem Frontensystem des Tiefs MARITA über Skandinavien anschloss.

Mit der über dem Nordatlantik herrschenden starken Frontalzone zog das Tief NORKYS rasch nach Nordosten und lag am Folgetag um 00 Uhr UTC, das heißt 01 Uhr MEZ, bereits nordöstlich von Neufundland. Der Kerndruck betrug unter 980 hPa. Die Okklusion des Tiefs NORKYS erstreckte sich über den Atlantik nach Osten bis zum Okklusionspunkt. Von dort führte die Kaltfront bis zu einer Verwellung in einem Bogen nach Südwesten. Die Warmfront erstreckte sich bogenförmig bis über Zentralfrankreich und ging dort in die Kaltfront der Zyklone MARITA über.

Unter Verstärkung zu einem Orkanwirbel zog das Sturmtief NORKYS weiter nach Nordosten und befand sich am 01.02. über dem Seegebiet zwischen Island und Schottland mit einem tiefen Kerndruck von unter 950 hPa und erreichte somit den Höhepunkt seiner Entwicklung. Die kurze Okklusion des Orkanwirbels NORKYS reichte nach Osten und teilte sich im Okklusionspunkt in Warm- und Kaltfront auf. Die Kaltfront verlief nach Südwesten in einem weiten Bogen quer über den Nordatlantik, die Warmfront bis über die Alpen. Mit der Verlagerung der Zyklone NORKYS nach Nordosten floss nun auch milde Meeresluft subtropischen Ursprungs bis in den Norden Deutschlands. Die Warmfront verlagerte sich im weiteren Verlauf nach Osten über Deutschland, wobei im Warmluftsektor die Temperatur verbreitet bis auf 14°C stieg, wie in Andernach oder Lahr in der südlichen Oberrheinebene und an der Station Schnarrenberg/Stuttgart oder sogar auf 16°C in Garmisch-Partenkirchen. Nachts gingen die Temperaturen in den Niederungen im Westen und Südwesten Deutschlands nicht unter 10°C zurück. Auch in England und Wales sowie im Norden Frankreichs wurden Höchsttemperaturen von 10 bis 15°C gemessen, in Schottland stiegen die Temperaturen auf Werte von bis zu 10°C, in höheren Lagen wurde deutlich niedrigere Höchstwerte verzeichnet und der Wind erreichte Orkanstärke. Aonach Mór registrierte Böen bis zu 176 km/h, Stornoway 130 km/h, in Glasgow wurden Böen bis Stärke 11 auf der Beaufortskala gemessen. Bis zum Abend um 18 Uhr UTC summierten sich die 24-stündigen Niederschlagsmengen auf 38 l/m² in Loch Glascarnoch, 36 l/m² in Tulloch Bridge oder 22 l/m² in Glasgow. In England wurden nur geringe Mengen von bis zu einem halben Liter pro Quadratmeter gemessen.

In der Nacht zum 02.02. überquerte die Kaltfront der Zyklone NORKYS auch den Norden Deutschlands. Dabei bildete die Zyklone einen weiteren Kern aus. Das Tief NORKYS I befand sich dabei nördlich von Schottland mit einem Druck von etwa 970 hPa. Von dort verlief die Okklusion um den ersten Kern und verband diesen mit dem Tief NORKYS II über Skandinavien. Die Okklusion führte weiter bis zum Okklusionspunkt über Litauen. Die Kaltfront des Systems erstreckte sich weiter über den Norden Deutschlands und Cornwall in England bis weit hinaus über den Atlantik. Die Warmfront verlief weiter über Polen bis zum Schwarzen Meer und schloss sich dort dem Frontensystem der Zyklone MARITA an, welche sich nun nördlich von Norwegen und Schweden befand.

Am 02.02. stiegen die Höchsttemperaturen nach Durchzug des Frontensystems des Wirbels NORKYS in England nur noch auf 10 bis 11°C. Die Spitzenböen des Tages erreichten Windstärke 9 bis 10, in Schottland, wo sich der Kern NORKYS I um 00 Uhr UTC befand, wurden Orkanböen gemessen. Die Station Aonach Mór meldete 157 km/h, die 564 m hohe Station Glen Ogle registrierte eine Spitzenböe von 143 km/h, das heißt Windstärke 12. Auch in Skandinavien wurde es im Einflussbereich des Tiefs NORKYS stürmisch. Die Station Lindesnes Leuchtturm im Süden Norwegens meldete Böen bis 112 km/h, Maseskar in Schweden 115 km/h und auf Bornholm sowie in Arhus wurden Böen über 100 km/h registriert. Auch an der norddeutschen Küste konnten an der Station Alte Weser Leuchtturm, auf Rügen und in Kiel Böen bis zu 112 km/h gemessen werden. Auf dem Brocken wurde eine Spitzenböe von 155 km/h verzeichnet. Im norddeutschen Binnenland sowie in Polen erreichte der böige West- bis Südwestwind Stärke 7. 24-stündig bis zum Abendtermin wurden Niederschlagsmengen von 23 l/m² in Lüdenscheid, 37 l/m² auf dem Kahlen Asten sowie 24 l/m² in Braunlage registriert. Ähnliche Niederschlagshöhen wurden aus Belgien gemeldet. Dort fielen 14 l/m² in Spa, 18 l/m² in Charleroi/Gosselies oder 13 l/m² in Schaffen. Nach dem Durchzug der Kaltfront gelangte auf deren Rückseite kältere Meeresluft subpolaren Ursprungs bis zum Alpenraum. Die Temperaturen konnten dabei im nördlichen Deutschland bei auflockernder Bewölkung mittags noch auf Werte zwischen 5 und 7°C steigen. In der Nacht zum 03.02. erreichte die Kaltfront mit ihrem Niederschlagsfeld den Alpenraum, wobei bis zum Frühtermin um 06 Uhr UTC auf dem Feldberg 14 l/m² fielen. In den Niederungen und Tälern fiel dieser als Regen.

Am 03.02. um 00 Uhr UTC befand sich das Tief NORKYS über dem Grenzgebiet zwischen Russland und Finnland mit einem Kerndruck von etwa 975 hPa. Eine Okklusion, welche nur in der Höhe analysierbar war, verband den Kern mit einem Tiefdruckzentrum über Südschweden. Der Kern der Zyklone MARITA verlagerte sich nur geringfügig und blieb quasi stationär über dem Norden von Skandinavien. Vom Zentrum des Tiefdruckgebietes NORKYS verlief eine Höhenokklusion bis über die untere Wolga. Die Warmfront erstreckte sich bis über das Schwarze Meer, die von der Warmfront weiter nach Westen reichende Kaltfront ging südlich von Kiew in die Warmfront einer Verwellung über Polen über. Dabei stiegen die Höchstwerte der Temperatur in Russland auf 3°C in Moskau oder Nikolaevskoe und bis zu 4°C in Belgorod oder Borovichi. Auch nachts blieb es in Moskau bei einem Minimum von 2°C frostfrei. In Lappland lagen die Höchstwerte bei -5°C in Kemi oder Haparanda, sanken aber in der Nacht auf bis zu -24°C, wie in Karesuando.

Bis zum 04.02. verlagerte sich das Tiefdrucksystem MARITA-NORKYS nur leicht weiter nach Nordosten. In beiden Kernen herrschte ein Druck von etwa 985 hPa. Die Okklusion des Tiefs NORKYS verlief in einem Bogen um das Zentrum weiter nach Südwesten über Russland bis nach Weißrussland. In einem Beobachtungszeitraum von 24 Stunden fielen bis 18 Uhr UTC auf der Halbinsel Kola noch Niederschlagsmengen von 5 l/m² in Umba oder Vajda-Guba und an der Station in Kashkarantsy 7 l/m².

Im weiteren Verlauf verlagerten sich die Tiefdruckgebiete MARITA und NORKYS Richtung Ural. Das Tief MARITA löste sich zum 06.02. vollständig auf, während die Zyklone NORKYS am 06.02. das letzte Mal namentlich auf der Berliner Wetterkarte gekennzeichnet wurde, bevor es weiter nach Nordosten zog und den Analysebereich der Wetterkarte verlies.

 


Geschrieben am 26.03.2016 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 01.02.2016

Pate: Norkys Torres Pousada