Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet NURCAN

(getauft am 05.10.2012)

 

Anfang Oktober entwickelte sich über dem Südwesten Englands ein neues Tiefdruckgebiet. Da abzusehen war, dass es das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen sollte, wurde es am 05.10. auf den Namen NURCAN getauft. Das Tief hatte an diesem Tag einen Kerndruck von knapp unter 1005 hPa, wobei sich sein Zentrum über der östlichen Keltischen See befand. Die Warmfront des Tiefs NURCAN reichte vom Zentrum aus geradlinig in Richtung Südosten, über den Ärmelkanal hinweg bis etwa nach Grenoble in Frankreich. Die Kaltfront verlief hingegen vom Zentrum des Tiefs in westlicher Richtung hinaus bis auf den Atlantik, etwa 600 km von der englischen Küste entfernt.

Im Laufe des Tages machte sich der Einfluss der Zyklone NURCAN in Großbritannien bemerkbar. In Ostengland fiel der Luftdruck in drei Stunden um 7,1 hPa und stieg nach Durchzug des Wirbels im selben Zeitraum wieder um 4 hPa. Auch in Deutschland gab es ähnliche Druckänderungen, wie z.B. in Emden mit einem Druckabfall um 6,6 hPa und Itzehoe mit 7,4 hPa. Mit starken Druckänderungen gehen auch hohe Windstärken einher, so erreichte der Wind an der Ostseeküste verbreitet die Stärke 10 bis 11, was schwerem bzw. orkanartigem Sturm entspricht. An der Station Greifswalder Oie wurde zum Beispiel gegen 19 Uhr MEZ ein Spitzenwind von 29 m/s gemessen, was der Windstärke 11 gleichzusetzen ist. In der straffen Westströmung verlagerte sich das Tiefdruckgebiet NURCAN an diesem Tag sehr schnell vorwärts und lag mit dem Kern nun bereits über der Ostseeküste des östlichen Baltikums. Der Wirbel hatte bei einem auf etwa 990 hPa gefallenen Kerndruck begonnen, zu okkludieren. Beim Prozess der Okklusion holt die nachfolgende Kaltfront die voranlaufende Warmfront ein, wodurch sich eine Mischfront herausbildet, die sogenannte Okklusionsfront. Diese verlief vom Zentrum der Zyklone NURCAN in einem nordöstlichen Bogen bis nach Minsk, der weißrussischen Hauptstadt. Am dortigen Okklusionspunkt spaltete sich die Okklusionsfront wieder in Kalt-, und Warmfront auf. Während die Warmfront in einem südwestlichen Bogen bis zu den zentralen Ostkarpaten verlief, führte die Kaltfront vom Okklusionspunkt aus Richtung Westen über die polnische Hauptstadt Warschau bis zu einem Punkt, wenige Kilometer südöstlich von Berlin. Aufgrund des Frontendurchganges kam es auch an diesem Tag wieder zu Regenfällen. In Minsk wurden zwischen 07 Uhr und 19 Uhr 2 l/m² leichter Regen beobachtet, am späten Abend bildete sich infolge des Kaltfrontdurchzuges zusätzlich noch ein Gewitter über der Stadt. Auch im russischen Smolensk gab es einige leichte Regenschauer zwischen  01 Uhr und 19 Uhr, die etwas mehr als 1 l/m² Niederschlag brachten.

Auch bis zum 07.10. hielt die starke westliche Strömung an, wodurch das Tiefdruckgebiet NURCAN weitere 1600 km bis zur russischen Stadt Archangelsk am Weißen Meer geführt wurde. Der Kerndruck lag an diesem Tag unverändert bei etwa 990 hPa. Vom Zentrum des Tiefs aus erstreckte sich dessen Okklusionsfront in einem südöstlichen Bogen, in etwa bis zur russischen Stadt Saratow an der Wolga. Vom dortigen Okklusionspunkt aus verlief eine Warmfront bis zum südlichen Zimljansker Stausee, ca. 200 km südwestlich von Wolgograd. Die Warmfront erstreckte sich dagegen in einem nordwestlichen Bogen etwa 400 km nordwestlich von Wolgograd.

Zum 08.10. hin war der Wirbel NURCAN nochmals gut 700 km weiter in Richtung Südosten gezogen und lag nun ca. 300 km nördlich der russischen Stadt Perm. Sein Kerndruck hatte sich wieder auf knapp unter 1000 hPa stabilisiert, während das Tief an diesem Tag vollständig okkludiert war. Seine Okklusionsfront verlief vom Kern aus 500 km in Richtung Südwesten, ehe sie sich in zwei Teile spaltete. Der eine Teil erstreckte sich in Richtung Norden und schloss an das Tief MARIANNE I an, während der andere Teil der Okklusionsfront in südwestlicher Richtung bis ca. 400 km nordwestlich der Stadt Saratow verlief. Dies war der letzte Tag, an dem das lebhafte, wind- und regenträchtige Tiefdruckgebiet NURCAN auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.


Geschrieben am 24.10.2012 von Gregor Meusel

Berliner Wetterkarte: 05.10.2012

Pate: Nurcan Baba